Nach vier Jahren bestehen für den Präsidenten des sächsischen Verfassungschutzes keine Zweifel mehr. Der AfD Landesverband in Sachsen gilt als rechtsextremistisch, das gab die Behörde am Freitag in Dresden bekannt. Mehrere Jahre lang wurde der AfD-Ableger beobachtet. Aus dem Prüffall wurde ein Verdachtsfall. Es ist das dritte Mal, dass die AfD in einem Bundesland als rechtsextremistisch eingestuft wird.
Nach Sachsen-Anhalt und Thüringen nun also die Schwester in Sachsen. Nur wie kam der Verfassungsschutz zu seiner Einschätzung? Die Gründe im Überblick:
Rechtsextremistische AfD-Führung
"Wir sind nach einem umfangreichen juristischen Prüfprozess zum Ergebnis gekommen, dass der Landesverband Sachsen der AfD als Beobachtungsobjekt einzustufen ist. In den vier Jahren der intensiven Prüfung haben wir eine Vielzahl von Äußerungen und politischen Forderungen, insbesondere hoher Funktionäre und Mandatsträger der Landespartei sowie der Kreisverbände, also von Personen mit einem hohen Repräsentationsgrad, gesammelt. Diese belegen in der Summe unzweifelhaft, dass der hiesige AfD-Landesverband verfassungsfeindliche Ziele verfolgt", resümierte Dirk-Martin Christian, Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz.
"Der Landesverband der AfD mag zwar personell heterogen zusammengesetzt sein, inhaltlich-programmatisch überwiegt jedoch das aus dem früheren 'Flügel' hervorgegangene sogenannte solidarisch-patriotische Lager, dessen geistiger Vater und Anführer der Rechtsextremist Björn Höcke ist und das inzwischen den Charakter des gesamten Landesverbandes prägt und dominiert", betonte der Behördenchef.
Rechtsextremistische Äußerungen führender Funktions- und Mandatsträger würden innerparteilich zur Kenntnis genommen, ohne dass es seitens der Landespartei öffentlich zu einer Distanzierung oder zumindest kritischen Auseinandersetzung käme. Die Partei erscheine nach außen wie ein "monolithischer Block".
Völkisch-nationalistische Positionen
Dem Gutachten des LfV Sachsen zufolge richten sich zahlreiche inhaltliche Positionen des AfD-Landesverbandes gegen die Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. "Die Landespartei verfolgt im Hinblick auf die Zuwanderung eine Politik des sogenannten Ethnopluralismus, einem Markenkern des politischen Rechtsextremismus. Danach würde sich der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ausschließlich nach ethnisch-biologischen beziehungsweise kulturellen Kriterien richten", hieß es. Ein solches Volksverständnis sei jedoch mit dem Grundgesetz unvereinbar.
In der Migrationsdebatte vertrete die Partei typische völkisch-nationalistische Positionen, hieß es weiter. Führende Vertreter der Landespartei würden in diesem Kontext im öffentlichen Diskurs regelmäßig ideologische Kampfbegriffe der rechtsextremistischen Szene wie "Der Große Austausch", "Umvolkung" oder die Forderung nach "Remigration" verwenden: "Auch diese Begriffe verbergen ihren rassistischen Kern und ihre Urheberschaft im Nationalsozialismus."
Die Islam- und Muslimfeindlichkeit des AfD-Landesverbandes drücke sich insbesondere dadurch aus, dass männliche Migranten aus dem arabischen Raum mit einer drastischen, angsteinflößenden Wortwahl pauschal öffentlich diffamiert und diskriminiert werden. "Damit schürt der AfD-Landesverband fortwährend Ängste und Ressentiments gegen Ausländer in der Bevölkerung", ergänzte Christian.

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Schließlich bediene sich der AfD-Landesverband gängiger antisemitischer, zumeist verschwörungsideologischer Positionen, die regelmäßig auch von Rechtsextremisten und Reichsbürgern verwendet werden. "Antisemitismus wird von führenden Vertretern des AfD-Landesverbandes nicht direkt geäußert, sondern durch sogenannte Codes und Chiffren verschlüsselt, zum Beispiel über die 'internationale Finanzelite'."
Herabwürdigung der Demokratie
Ferner belege das Gutachten die während der Zeit der staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen begonnene und unverändert fortdauernde Agitation des AfD-Landesverbandes gegen die politische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, teilte das Landesamt mit. Dabei wurden und werden sowohl die staatlichen Institutionen als auch deren Repräsentanten immer wieder öffentlich diffamiert und verächtlich gemacht. "Es geht dem AfD-Landesverband nicht um eine sachliche Auseinandersetzung mit den politischen Verhältnissen, sondern um die generelle Herabwürdigung unserer Demokratie."