Deutsche Islamistin Andrea B. Mit zwei Kindern und einer Tasche voll Nutella nach Syrien

Sie habe nur helfen wollen, rechtfertigte Andrea B. ihre Syrien-Ausreise mitsamt ihren Kindern. Die Anklage warf ihr hingegen die Vorbereitung einer schweren Gewalttat vor. Nun kam es zum Prozess.

Ende 2013 brach Andrea B. radikal mit ihrem bisherigen Leben. Die junge Mutter meldete ihre ältere Tochter aus der Schule ab. Ihre Wohnung in Immendorf im Allgäu räumte sie leer. Und dann machte sie sich mit den sieben und drei Jahre alten Mädchen auf den Weg nach Syrien ins Bürgerkriegsgebiet. Mit fast nichts dabei - außer einer Tasche voller Nutella-Gläser. Juristisch endete diese dubiose Reise für die 30-Jährige am Mittwoch vor dem Landgericht München I glimpflich - privat muss die Frau neu anfangen.

Andrea B. flog Ende 2013 mit ihren Kindern in die Türkei und wurde von dort von Schleusern nach Syrien gebracht. Dort erwartete sie eine Familie, zu der sie vorher über Facebook Kontakt aufgenommen hatte. Kaum in Syrien angekommen, ließ sie sich zur Zweitfrau eines Kämpfers der Extremisten-Organisation Al-Nusra-Front machen, wie die 2012 vom Katholizismus zum Islam konvertierte B. gestand. Der Vorschlag dazu stammte von dessen ebenfalls aus Deutschland stammender ersten Frau.

"Ich wollte unbedingt helfen"

Die Staatsanwaltschaft warf Andrea B. die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vor. Sie soll bereit gewesen sein, Kämpfer des syrischen Machthabers Baschar al-Assad zu erschießen. Außerdem warf die Anklage ihr die Entziehung Minderjähriger vor, weil die alleinerziehende Mutter dem Vater der Kinder durch die Reise de facto seine Besuchsmöglichkeit genommen hatte.

Drei Jahre Haft sollte B. dafür bekommen. Doch das Gericht folgte nicht der Argumentation der Anklage und ließ den schwer wiegenden Vorwurf der Vorbereitung einer Gewalttat fallen - 18 Monate Haft auf Bewährung wegen der Entziehung der Kinder lautete am Ende das Urteil.

Ihre Reise begründete Andrea B. mit ihrem Entsetzen über die Fernsehbilder von den Aufständen in Ägypten und später dann aus Syrien. Sie habe Filme gesehen, wie auch Kinder getötet wurden. Angesichts solcher Gräueltaten habe sie aus ihrem Glauben heraus nicht mal mehr ohne schlechtes Gewissen essen können. "Ich wollte unbedingt helfen", sagte die mit Kopftuch gekleidete zierliche Frau in ihrem Geständnis.

Dreijährige Tochter posierte mit Kalaschnikow

Doch durfte sie auch ihre Kinder mit hereinziehen? Der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann ließ unmissverständlich erkennen, für wie verwerflich er das Vorgehen der Angeklagten hält. "Wie ich die Fotos gesehen habe, da war der Hals so dick", sagte der Richter etwa mit der entsprechenden Geste. Die Fotos, um die es dabei geht, zeigten die Töchter beim Spielen mit Waffen. Auf einem Bild fotografierte die Mutter ihre dreijährige Tochter, wie sie mit der Kalaschnikow posierte.

B. versuchte in ihrem Geständnis sogar, das Gericht über den Umgang mit den Waffen zu belügen. Sie behauptete, die Kinder hätten die Waffen nie in die Hand bekommen, was die Fotos widerlegten. Auch beteuerte sie, sie habe niemanden töten wollen. Allerdings zitierte das Gericht eine WhatsApp-Nachricht, laut der sie sinngemäß geschrieben habe, "wenn die Ungläubigen kommen, schieße ich ihnen mit der Kalaschnikow den Kopf weg".

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Töchter seit Mai nicht mehr gesehen

Dass dies nicht zu einer Verurteilung führte, liegt daran, dass B. all ihre Drohungen für den Fall einer Selbstverteidigung aussprach - und nicht für einen geplanten Mord. Außerdem, so befand das Gericht, hätte selbst im Fall eines tödlichen Schusses auf einen Assad-Soldaten noch keine Staatsgefährdung vorgelegen.

B. durfte das Gericht unmittelbar nach dem Urteil als freie Frau verlassen. Doch ob sie ihre Töchter bald wieder sehen darf, ist fraglich: Nach ihrer Festnahme im Mai hat sie sie nicht mehr gesehen, das Sorgerecht wurde ihr mittlerweile entzogen. Ob sie die Mädchen nun zumindest besuchen kann, muss das Familiengericht entscheiden.

AFP
mod/Ralf Isermann/AFP