Anders als die CDU will Arbeitsminister Franz Müntefering die Kinder von arbeitslosen Eltern nicht für deren Unterhalt in die Pflicht nehmen. Für den Minister sei der Vorstoß von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla derzeit "kein Diskussionspunkt", sagte ein Ministeriumssprecher. Die Koalition habe erst im Frühjahr die Unterhaltspflicht der Eltern für junge Arbeitslose unter 25 Jahren ausgeweitet. "Damit ist für uns im Moment an diesem Punkt der Handlungsbedarf erfüllt", sagte der Sprecher. Er verwies auf Aussagen des Arbeits-Staatssekretärs Gerd Andres (SPD), eine Ausweitung der Unterhaltspflicht auf die Kinder sei "völlig undenkbar".
Pofalla bekräftigt Forderungen
Pofalla bekräftigte, dass er zur Regelung der alten Sozialhilfe zurückkehren wolle, wonach erwachsene Kinder finanziell für ihre arbeitslosen Eltern einstehen mussten. Im Herbst müssen in den Beratungen über Korrekturen an der Hartz-IV-Arbeitsmarktreform darüber gesprochen werden. "Ich glaube, dass wir zu den alten sozialhilferechtlichen Regelungen zurückkommen müssen", sagte er im Deutschlandfunk. Dort habe es "altersmäßig unbegrenzte Einstandspflichten von Familienmitgliedern untereinander" gegeben.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband zog in Zweifel, dass es sinnvoll sei, "Millionen Kinder von Hartz-IV-Beziehern wegen meist kleinerer Beträge zu aufwändigen Unterhaltsprüfungen heranzuziehen". Es sei finanzpolitisch kontraproduktiv, "einmal mehr mit Kanonen auf Spatzen zu schießen", der Vorschlag eine "undurchdachte Luftnummer". Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau, warf Pofalla einen "Rückfall in die Sippenhaft" vor. Auch der Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation Jusos, Björn Böhning, wandte sich gegen eine "sozialstaatliche Sippenhaft".
Die Kommunen haben die Forderung von Pofalla unterstützt. "Das ist ein richtiger Ansatz. Wir müssen davon weg, dass der Staat für alles verantwortlich ist", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, den "Ruhr Nachrichten" in Dortmund. Eigenvorsorge müsse Vorrang vor staatlichen Leistungen haben. Die Inanspruchnahme von Sozialleistungen dürfe lediglich das letzte Glied in der Kette sein. "Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein 30-jähriger Gutverdiener seine arbeitslosen Eltern nicht unterstützen sollte", betonte Landsberg. Über Einkommensgrenzen für die Unterhaltspflicht gegenüber arbeitslosen Eltern könne man reden: "Aber dass grenzenlos auf Solidarität verzichtet wird, halte ich für falsch."
Arbeitsagentur will Sanktionen verhängen
Unterdessen will die Bundesagentur für Arbeit härtere Sanktionen gegen Arbeitslose verhängen, die sich weigern, einen Job als Erntehelfer anzunehmen. "Wer von vornherein die Erntearbeit ablehnt, obwohl er jung und gesund ist, sollte sofort zum Ein-Euro-Job einbestellt werden", sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise der Zeitung "Die Welt". "Das ist nur fair gegenüber den Arbeitslosen, die sich bemühen und auf dem Feld arbeiten." Der Sprecher des Arbeitsministeriums erklärte allerdings: "Grundsätzlich gilt der Vorrang der Freiwilligkeit."
Bisher hatte die BA immer erklärt, sie habe ausreichend Freiwillige gefunden, um sie den Bauern als Saisonarbeiter anzubieten. Dennoch ist bislang die Vorgabe der Bundesregierung nicht erreicht, mindestens zehn Prozent der im Vorjahr beschäftigten 325.000 ausländischen Saisonkräfte durch Arbeitslose zu ersetzen. Nach Darstellung des Bauernverbandes finden sich aber keine geeigneten Arbeitskräfte. Weise sagte, es habe auch Fälle gegeben, in denen Helfer den Bauern geschadet hätten. "Gegen Arbeitslose, die mutwillig die Ernte zerstören, müssen harte Sanktionen verhängt werden", forderte Weise.