Arbeitslosengeld Längeres ALG I verzögert sich

Ursprünglich wollte der Bundestag den längeren Bezug des Arbeitslosengeldes I für Ältere noch im Dezember beschließen. Doch daraus wird erst einmal nichts: Auf Druck der Union wurde der Beschluss auf 2008 verschoben. Die SPD ist erbost.

Der Bundestag wird die geplante Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für Ältere auf Druck der Union nicht mehr vor Jahresende beschließen. Seine Fraktion wolle ein ordentliches Verfahren im Parlament, das auch die Möglichkeit einer Anhörung von Sachverständigen im Januar umfasse, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Norbert Röttgen, in Berlin. Die Regelung kann damit nicht pünktlich zum 1. Januar in Kraft treten, sondern allenfalls rückwirkend. In der Koalition sorgte der Zeitplan für heftigen Streit.

Ramsauer: "1. Januar war nie verabredet"

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer widersprach Äußerungen aus der SPD, ein pünktlicher Start der neuen Regelung zum 1. Januar sei im Koalitionsausschuss Mitte November verabredet gewesen. Das Bundesarbeitsministerium pochte hingegen darauf, dass es eine solche Festlegung gegeben habe. Ungeachtet der Auseinandersetzung gab das Kabinett grünes Licht für die Vorlage von Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD), wodurch Ältere künftig bis zu 24 Monate lang Arbeitslosengeld erhalten sollen. Das Vorhaben kann damit in den Bundestag eingebracht werden.

Röttgen betonte, das Vorhaben müsse im Parlament sorgfältig beraten werden. Er lehnte damit das Ansinnen der SPD ab, das Gesetz im Eilverfahren noch vor Weihnachten von Bundestag und Bundesrat beschließen zu lassen. "In drei Tagen haben wir noch keine Gesetzesberatung gemacht, ich bin auch strikt dagegen, dass wir es machen." Ramsauer betonte, es müsse darauf geachtet werden, "wie viel man dem Verdauungsapparat Fraktion zumuten" könne. Die Fraktion sei "keine politische Gänsestopfleber".

Die SPD-Fraktion zeigte sich über das Vorgehen des Koalitionspartners verärgert: "Man kann nicht immer nur den Mund spitzen und dann nicht pfeifen", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Rainer Wend, stern.de. "Es gibt eine Entscheidung des Koalitionsausschusses, wozu braucht man dann noch Sachverständige?" Für Wend handelt es sich lediglich im Zeitverzögerung. "In der Union herrscht offenbar eine Unzufriedenheit über das, was die Spitzenleute sagen und beschließen." Jetzt gebe es aber kein Zurück mehr.

Streit über den Zeitplan

Ramsauer beharrte darauf, im Koalitionsausschuss am 12. November sei nicht vereinbart worden, wann die längere Bezugsdauer umgesetzt werden solle. Vielmehr sei verabredet worden, mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu sprechen, wie schnell sie die Neuregelungen machen könne. Auch Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, seinen Informationen zufolge habe es im Koalitionsausschuss über den Zeitpunkt des Inkrafttretens keine Festlegung gegeben. Der Sprecher des Bundesarbeitsministeriums, Stefan Giffeler, sprach dagegen von einer Vereinbarung der Koalitionsspitzen, dies zum 1. Januar zu machen. Die Bundesregierung habe entsprechend agiert und ihre Hausaufgaben gemacht. Ramsauer reagierte barsch: "Ich lasse mich von solchen Sozi-Freunden, die beim Koalitionsausschuss nicht mit am Tisch sitzen, nur begrenzt belügen und fehlinterpretieren."

Laut Ramsauer ist aber jetzt vereinbart worden, dass die Verlängerung des Arbeitslosengeldes rückwirkend zum 1. Januar in Kraft treten soll. Giffeler betonte, eine rückwirkende Regelung sei kein von der Bundesregierung favorisiertes Modell. Er verwies auf rund 30.000 bis 40.000 Fälle, die zunächst aus dem Arbeitslosengeldbezug herausfallen und später wieder aufgenommen werden müssten. Dies sei mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden. Auch die BA hatte wegen des zu erwartenden Aufwandes Bedenken erkennen lassen. Regierungssprecher Wilhelm sagte, Kanzlerin Angela Merkel habe hierzu keine Vorgaben und Wünsche an das Parlament. Eine Rückwirkung sei verfassungsrechtlich zulässig.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Künftig soll ALG I 15 statt 12 Monate gezahlt werden

Mit der geplanten Neuregelung erhalten Arbeitslose ab 50 Jahren künftig 15 statt bisher zwölf Monate lang das aus der Arbeitslosenversicherung bezahlte Arbeitslosengeld I, bevor sie in das aus Steuern finanzierte Arbeitslosengeld II abrutschen. Über 55-Jährige bekommen bis zu 18 Monate und über 58-Jährige bis zu 24 Monate die Stütze. Mit derselben Vorlage beschloss das Kabinett auch einen begrenzten Schutz für ältere Hartz-IV-Empfänger vor der Zwangsverrentung. Sie sollen nicht vor dem Alter von 63 Jahren gezwungen werden können, in eine mit Abschlägen versehene Rente zu gehen.

Reuters
msg/Reuters