Aschermittwoch Schlagabtausch beim politischen Aschermittwoch

Kräftige Politkost zum Auftakt der Fastenzeit hat in Bayern Tradition. In diesem Jahr stehen die Reden ganz im Zeichen von Irak-Konflikt und Wirtschaftskrise.

Die bayerische FDP in Passau hat am Mittwochvormittag bundesweit den Startschuss zum diesjährigen politischen Aschermittwoch gegeben. Die Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte in der Eröffnungsrede, ein Krieg gegen den Irak sei vermeidbar. Abrüstung müsse mit friedlichen Mitteln durchgesetzt werden, dies könne allerdings nur mit einer überzeugenden Drohkulisse gelingen. Als Hauptredner der Veranstaltung wurde der Bundesvorsitzende Guido Westerwelle erwartet.

In der Passauer Nibelungenhalle traf am Vormittag zur traditionellen Kundgebung der CSU ihr Parteichef und Hauptredner Edmund Stoiber ein. Rund 6000 Parteianhänger bereiteten dem bayerischen Ministerpräsidenten einen jubelnden Empfang. Sie erwarteten eine Generalabrechnung Stoibers mit der Politik von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD).

Themen: Irak-Konflikt und Wirtschaftskrise

Der traditionelle Schlagabtausch beim politischen Aschermittwoch steht ganz im Zeichen des Irak-Konfliktes und der Wirtschaftskrise. Die meisten Parteiversammlungen finden in Bayern statt, wo das Landtagswahljahr eingeläutet wird. Eine der Hauptveranstaltungen ist diesmal aber im westfälischen Schwerte. Dort tritt SPD-Chef Schröder zum zweiten Mal seit Beginn seiner Kanzlerschaft als Aschermittwochsredner auf.

Die bayerische SPD kommt in Vilshofen zusammen. Gast aus Berlin ist Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement. Die CDU erwartet in Demmin in Vorpommern ihre Vorsitzende Angela Merkel. Außenminister Joschka Fischer hat zwei geplante Auftritte in Landshut und im württembergischen Biberach an der Riß kurzfristig abgesagt. Er wollte am Mittwochmittag in Paris mit seinen Kollegen aus Frankreich und Russland, Dominique de Villepin und Igor Iwanow zusammentreffen.

Stichwort: Politischer Aschermittwoch

Kräftige Politkost zum Auftakt der Fastenzeit hat in Bayern Tradition. Schon Anfang des vorigen Jahrhunderts trafen sich im niederbayerischen Vilshofen die Bauern zum Hornvieh- und Rossmarkt. Dabei feilschten sie nicht nur um die besten Tierpreise, sondern nahmen auch die königlich-bayerische Politik ins Visier. 1919 rief der Bayerische Bauernbund aus diesem Anlass erstmals zu einer Kundgebung auf - der Politische Aschermittwoch war geboren.

Nach einer Pause während der Nazi-Zeit erinnerte sich die Bayernpartei 1948 wieder an den alten Brauch. Als fünf Jahre später die CSU mit ihrem späteren Parteichef Franz Josef Strauß dazustieß, entwickelten sich jene legendären Redeschlachten, die den Ruf des Politspektakels begründeten: Jede Partei postierte im Saal des Gegners "Spione", um dessen Attacken möglichst schnell parieren zu können.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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1975 räumte die CSU den viel zu eng gewordenen "Wolferstetter Keller" in Vilshofen und zog in die Passauer Nibelungenhalle um - die SPD konnte die geschichtsträchtige Hochburg der "Schwarzen" in Vilshofen übernehmen. Inzwischen hat sich die niederbayerische Aschermittwochs-Tradition auf ganz Bayern ausgedehnt. Landauf landab gibt es unzählige große und kleine Kundgebungen. Überall werden Bier und Fischsemmeln serviert - und vor allem deftige Sprüche.