Gut einen Monat vor der Landtagswahl laufen sich die Parteien beim traditionellen politischen Schlagabtausch auf dem Gillamoos-Jahrmarkt in Niederbayern für den Endspurt warm. Die Flugblatt-Affäre um Freie-Wähler-Chef Aiwanger dürfte eines der bestimmenden Themen sein. Der Frühschoppen beim Gillamoos-Volksfest ist nach dem politischen Aschermittwoch die zweite große politische Veranstaltung im Jahr in Bayern, bei der Politiker verschiedener Parteien am selben Tag für ihre Politik werben. Aber woher stammt diese Tradition?
Seinen Ursprung hat Gillamoos in einer Wallfahrt mit Markt und Messe. Anlässlich des Kirchweihtags von "St. Gilgen in dem Moos" – einer 1313 erstmals erwähnten Kapelle – pilgerten Menschen zu Ehren des Heiligen Ägidius nach Abensberg in Bayern. Ägidius wurde im siebten Jahrhundert als Sohn einer reichen Familie in Athen geboren und lebte als Einsiedler in einer Höhle bei Nîmes in Frankreich. Um 680 gründete er in der Camargue ein Kloster namens St. Gilles. Seit dem 9. Jahrhundert wird Ägidius – oder auf Französisch St. Gille – als Heiliger verehrt. Aus seinem französischen Namen stammt wohl das "Gilgen", der Name der Abensberger Kapelle "St. Gilgen am Moos" verschliff über die Jahrhunderte zur Bezeichnung Gillamoos. Mindestens seit 1491 findet der Jahrmarkt hier statt. Erst nach dem Ersten Weltkrieg (1914 bis 1918) etablierten sich die großen Festzelte.
Gillamoos immer dicht am Wahltermin
Der 1. September ist der Gedenktag des Heiligen Ägidius, weswegen Gillamoos traditionell rund um das erste September-Wochenende stattfindet. Weil zeitnah auch oft Bundes- und Landtagswahlen stattfinden, hat sich der politische Frühschoppen am Montag als wichtiger Wahlkampf-Termin in Bayern etabliert: In fünf großen Jahrmarkt-Zelten sowie in Gaststätten von Arnsberg sprechen parallel Spitzenvertreterinnen und -vertreter der Parteien.
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Dieses Jahr sind die Hauptredner in den Festzelten Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit Unterstützung von Friedrich Merz (CDU), Söders baden-württembergischer Amtskollege Winfried Kretschmann (Grüne), Söders Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil sowie der FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki. AfD und Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) haben ihre Veranstaltungen außerhalb der Festwiese.
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Ähnlich wie beim politischen Aschermittwoch geht es den Politikerinnen und Politikern wohl vor allem darum, die Stimmung "beim Volk" zu bestimmten politischen Themen abzuschätzen und für die eigene Partei zu werben. Und da bieten Jahrmärkte und Volksfeste eben einen anderen Rahmen und ein anderes Publikum als bei Parteitagen in Veranstaltungshallen.

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Quellen: "Abensberg.de", "Heiligenlexikon.de", Programm politischer Frühschoppen 2023, "Augsburger Allgemeine" zum politischen Aschermittwoch, DPA.