An einer Weihnachtsvideobotschaft des Bautzener Landrats Udo Witschas entzündet sich Kritik. In dem rund zweieinhalbminütigen Video, das am Dienstagabend bei Facebook hochgeladen wurde, nimmt der CDU-Politiker zur Unterbringung von geflüchteten Menschen in seinem Landkreis und insbesondere in der Stadt Hoyerswerda Stellung.
Weihnachtsbotschaft des Bautzener Landrats sorgt für Kritik
Witschas verspricht den Bürgerinnen und Bürgern, die Geflüchteten weder in Turnhallen noch in Mehrfamilienhäusern unterzubringen: "Es ist nicht unsere Absicht den Sport, ob nun den Schul- oder Freizeitsport, jetzt für diese Asylpolitik bluten zu lassen. Das wollen wir mit allen Möglichkeiten vermeiden", erklärt der Landrat. "Es ist auch nicht unsere Absicht, Menschen, die zu uns kommen, die unsere Kultur nicht kennen, die unsere Regularien nicht kennen, jetzt hier in Mehrfamilienhäusern und frei stehenden Wohnungen unterzubringen und dafür die Gefährdung des sozialen Friedens in Kauf zu nehmen."
Er habe selbst "noch keine Lösung im Detail" für dieses "Problem" gefunden, so Witschas weiter. Aber: "Die Menschen in Mehrfamilienhäusern sollen sich auch nicht Gedanken machen, dass Menschen, die erst lernen müssen, mit unserem Leben, mit unserer Gesellschaft klarzukommen, jetzt in unsere Wohnungen integriert werden und damit der soziale Frieden gefährdet wird." Er wünsche "an dieser Stelle frohe und gesegnete Weihnachten", beendet der CDU-Mann sein Statement.
Laute Kritik an der Botschaft von Witschas kommt unter anderem von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke): Ein CDU-Mitglied erkläre den Bürgern, warum schutzsuchende Menschen, in keine leerstehende Wohnung rein dürfen und wünsche dann "gesegnete Weihnachten". "Die Weihnachtsgeschichte hat er nicht verstanden! Wirklich nicht!", twittert Ramelow.
Linken-Politikerin Caren Lay bezeichnet es als unglaublich, wie der Landrat die Angst vor Asylbewerberinnen und Asylbewerbern schüre, anstatt sich dem Rechtsruck offensiv entgegen zu stellen.
Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) spricht Mittwoch von einem "ungeheuren Vorgang". CDU-Chef Friedrich Merz habe gesagt, dass er sich von allen rechtsextremen Aktivitäten abgrenze. "Ich erwarte das auch hier in Sachsen", betont der SPD-Politiker. Er verweist zudem darauf, dass die Landesregierung an einem Maßnahmenpaket arbeite, um Sachsen attraktiv für Zuwanderung zu machen. "Eine als Weihnachtsansprache getarnte Hassrede ist das Gegenteil von dem, was wir benötigen."
Das lange Schweigen der Bundes-CDU
Von der Bundes-CDU gab es lange keine Reaktion auf Witschas' umstrittene Weihnachtsbotschaft. Erst am späten Abend äußerte sich Generalsekretär Mario Czaja. "Wir distanzieren uns mit Nachdruck von der Wortwahl des Bautzener Landrates", sagte Czaja der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Er äußerte sich ausdrücklich im Namen von Parteichef Friedrich Merz, des gesamten Vorstandes der Bundespartei "und der Christdemokratinnen und Christdemokraten in Deutschland".
Czaja betonte nach den Äußerungen des Bautzener Landrats: "Wir als Union haben eine ganz klare, eindeutige und zutiefst humane Haltung, die getragen ist von der Würde eines jeden Menschen, die auch in der Sprache unantastbar sein muss." Er ergänzte: "Menschen, die in unserem Land Schutz suchen, verdienen unsere Hilfe, unsere Fürsorge und werden mit Respekt und Anstand behandelt. Wir sind Demokraten und Christen und stehen zu unserer Verantwortung."
213 Tote seit 1990 – die blutige Spur des rechten Terrors in Deutschland

Die Toten sind: Bahide Arslan (41), Ayşe Yılmaz (14) und Yeliz Arslan (10).
Sachsens CDU-Landeschef und Ministerpräsident Michael Kretschmer sprach hingegen von einer verkürzten Darstellung. Die Äußerungen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. So sei ein falscher Kontext entstanden. "Die Menschen, die jetzt zu uns kommen, werden anständig untergebracht und auch nach besten Standards hier betreut. Das ist ja überhaupt keine Frage."
Kretschmer gehört als stellvertretender CDU-Vorsitzender dem Bundesvorstand an. Ob er sich den später verbreiteten Äußerungen Czajas anschloss, blieb am Abend zunächst unklar
Der kritisierte CDU-Politiker wehrt sich gegen die Vorwürfe: "Das Landratsamt weist darauf hin, dass dabei eine stark reduzierte Fassung des Videos verwendet wird, die den eigentlich thematischen Kontext absichtlich ausspart", teilt die Kreisverwaltung am Mittwoch mit. In dem Video gehe es lediglich um konkrete Fragen der Unterbringung in Hoyerswerda – "nicht allgemein auf die Unterbringung von Asylsuchenden". Der Landkreis werde "seiner humanitären und gesetzlichen Aufgabe der Unterbringung natürlich nachkommen und Menschen aufnehmen, die berechtigt Schutz suchen". Tatsächlich wird in den sozialen Netzwerken vorwiegend eine um die Hälfte der Zeit verkürzte Fassung des Videos verbreitet. Allerdings: Das von Witschas transportierte und kritisierte Menschenbild ist auch ohne den konkreten Bezug zur Situation in Hoyerswerda eindeutig. Hierzu nimmt der Landkreis keine Stellung.
Udo Witschas ist "alter Bekannter"
Der CDU-Politiker steht nicht zum ersten Mal in der Kritik: So hatte er während der Coronavirus-Pandemie angekündigt, die einrichtungsbezogene Impfpflicht im Landkreis Bautzen nicht durchsetzen zu wollen. Zuletzt hatte die CUD-Fraktion im Bautzener Kreistag gemeinsam mit der AfD für ein Zusammenstreichen von Integrationsleistungen für bestimmte Zuwanderer gestimmt. Zudem war vor fünf Jahren bekannt geworden, dass Witschas Kontakte mit hochrangigen NPD-Mitgliedern im Kreis unterhalten hatte.
Die jüngste Ausländer- und Unterbringungsstatistik der Landkreises Bautzen zeigt, dass zum Stichtag 31. Oktober rund 1500 geflüchtete Menschen öffentlich untergebracht sind. Bei rund 295.000 Einwohnerinnen und Einwohnern entspricht dies einer Quote von etwa 0,5 Prozent.
Die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner im Landkreis Bautzen sinkt seit Jahren – die Region ist daher auf Zuwanderung angewiesen.
Quellen: Landrat Udo Woitschas, Bodo Ramelow, Caren Lay, Stellungnahme Landkreis Bautzen, Ausländer- und Unterbringungsstatistik Landkreis Bautzen, Statista