In seinen zehn Jahren als FDP-Chef hat Guido Westerwelle den Satz "Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt's einen, der die Sache regelt" gerne benutzt. Trotzdem hat er seine Kollegen im FDP-Präsidium darum gebeten, ihm als Abschiedgeschenk bloß keine Schiffsreise zu schenken. Warum bloß? Vielleicht deshalb, weil er als FDP-Kapitän das liberale Schiff in den Umfragen an der Fünf-Prozent-Klippe versenkt hat.
Die Parteifreunde jedenfalls respektierten die Bitte und beschenkten Westerwelle mit einem Exemplar der Bronze-Skulptur "Europa und Stier", bei der eine zierliche Frau, Europa symbolisierend, auf einem kantigen Stier sitzt. 1500 Euro teuer und sehr passend zu der Tatsache, dass Westerwelle als Außenminister politisch weitermachen darf.
Ein größeres, massives Exemplar dieser Bronzeskulptur, bei der ein angedeutetes Rad den Stier in ein Vehikel verwandelt, schmückt auch die Präsidialebene des Bundestags. Sie ist 70 Zentimeter hoch und 67 Zentimeter breit und damit wesentlich größer als das Westerwelle geschenkte Modell. Sie soll später ihren ständigen Standort im Verbindungsbüro des Bundestags in Brüssel finden.
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Michael Jastram ist der 1952 in Berlin geborene Sohn des bekannten, aber bereits verstorbenen Rostocker DDR-Bildhauers Jo Jastram, der in vielen ostdeutschen Städten seine künstlerischen Spuren hinterlassen hat. Sein bekanntestes Werk ist "Der Brunnen der Lebensfreude" auf dem Rostocker Universitätsplatz. Sein bekanntester Satz war: "Ich habe in und mit der DDR gelebt." Aber vom SED-System habe er sich nie vereinnahmen lassen. Michael Jastram auch nicht. Seine Ausbürgerung von Berlin-Ost nach Berlin-West wurde ein Jahr vor der Wiedervereinigung genehmigt.
Michael Jastram will seinen Europa-Stier als bildhafte Mahnung vor Unbeweglichkeit und falscher Selbstgewissheit verstanden wissen. So gesehen ein überaus passendes Geschenk an Westerwelle. Er sollte es auch als Fingerzeig seiner Partei für die eigene politische Zukunft verstehen.
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Entzücken löste im Rahmen der personellen Neuaufstellung der FDP eine Mitteilung des neuen FDP-Fraktionschefs Rainer Brüderle aus, als er Journalisten mitteilte, dass Olaf Bentlage weiterhin Sprecher der FDP-Fraktion bleibt wird. Als die Journalisten ihm zu dieser Entscheidung gratulierten, staunte Brüderle und sagte mit Blick auf Bentlage: "Das ist ja eine Bürgerbewegung für sie!". Und setzte hinzu: "Es geht jetzt aufwärts mit der FDP!"

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Bentlage, der schon zu Walter Dörings Zeiten für die baden-württembergische Landes-FDP gesprochen hatte, strahlte. Und weil ihn der Jubel für seinen Sprecher so erfreute, setzte Brüderle gleich ein dickes Kompliment für dessen Ex-Chefin Birgit Homburger hinzu: "Sie hat bewiesen, dass sie großes politisches Format hat."
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Einen fulminanten Abschied aus dem Amt des baden-württembergischen Landesministers für Bundes-, Europa- und internationale Angelegenheiten legte Professor Wolfgang Reinhart vergangene Woche in Berlin hin. Seinem Amtsnachfolger, dem SPD-Mann Peter Friedrich, verriet Reinhart auf einem Fest der baden-württembergischen Landesvertretung in Berlin das Geheimnis seines Erfolgs während der vergangenen sieben Jahre: "Es kommt auf die Kunst an", so der bewährte Strippenzieher des Ländles, "einen Kuchen so zu zerlegen, dass jeder glaubt, er habe das größte Stück bekommen."
Auch Kanzleramtsminister Roland Pofalla schwärmte über Reinhart. Der habe im Gerangel zwischen Bund und Ländern in den vergangenen Jahren so wunderbare Kompromisse ausgehandelt, "dass nicht alle Beteiligten die Konsequenzen überschauten". Kanzlerin Merkel danke ihm dafür von ganzem Herzen und habe aus diesem Grunde jetzt zum Abschied auch Duzi mit Reinhart gemacht. Und noch ein zweites Geheimnis von Reinhardts Erfolg wurde gelüftet: Er warauch einmal baden-württembergischer Meister im 3000-Meter-Hindernislauf. Sicher die denkbar beste Qualifikation für den Vermittlungsausschuss.
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Unsere Bundeskanzlerin, weltweit politisch geschätzt und vielfach geehrt, wird auf ihrer bevorstehenden Asienreise mit einer besonders ehrenvollen Auszeichnung bedacht: Sie wird bei einem Besuch in Singapur Namenspatin einer derzeit noch namenlosen Orchidee. Die Blume darf sie sich in Singapur als Regierungsgast aus einem Dutzend namenloser Prachtblumen aussuchen und ihr einen Namen ihrer Wahl verleihen. Wie die Orchidee heißen wird, ist noch geheim. Mal sehen, ob die Kanzlerin die Taufe zu einer politischen Botschaft macht.