Berlin vertraulich! Wer schenkt Kurt Beck eine Uhr?

  • von Hans Peter Schütz
Kurt Beck in Not: Seine Umfragewerte sind unterirdisch. Doch wer füttert die Medien mit Material gegen den SPD-Chef? Im Verdacht stehen die Müntefering-Vertrauten Machnig und Wasserhövel. Die Frage ist: Wird Beck bald eine Uhr geschenkt?

Eine Seefahrt, die ist lustig? Von wegen, wie SPD-Chef Kurt Beck auf der traditionellen "Spargelfahrt" über den Wannsee mit den SPD-Rechten in der Bundestagsfraktion erfahren musste. Denn er wurde dabei rhetorisch von Vizekanzler Franz Müntefering regelrecht düpiert. Kaum Beifall für Beck, brausender Applaus für "Münte". Dass Becks SPD am Wochenende erneut Stimmenverluste in Bremen zur Kenntnis nehmen musste, dürfte seine persönliche Krise nach nur einem Jahr Amtszeit verschärfen. Rekordergebnis für Grün, die Linke fett drin. Machtperspektive Null dürften ihm die internen Kritiker jetzt erst Recht bescheinigen.

Becks Versuch, sich führungsstärker zu präsentieren, indem er die Zahl seiner Stellvertreter von fünf auf drei reduzieren will, dürfte ihm kaum aus der Bredouille helfen. Peer Steinbrück, Frank-Walter Steinmeier und Andrea Nahles sollen ab Herbst die Stellvertreter heißen. Doch über Steinbrück nörgeln die Genossen, "der hat ja schon Nordrhein-Westfalen völlig vergeigt." Über Steinmeier, der 2009 in Brandenburg für den Bundestag kandidieren will, mosern sie, "der wird ja der SPD überhaupt nicht zugerechnet." Und Nahles ist bei Müntefering unten durch, seit sie dem die Wahl seines Vertrauten Kajo Wasserhövel zum SPD-Generalsekretär vermasselt und ihn dadurch zum Rücktritt als SPD-Chef genötigt hat.

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Hans Peter Schütz

Worüber redet das politische Berlin, wenn die Kameras ausgeschaltet sind? stern-Autor Hans Peter Schütz hört hin und notiert wöchentlich den neuesten Tratsch aus der Hauptstadt - exklusiv auf stern.de lesen Sie seine Kolumne "Berlin vertraulich!"

Wasserhövel, jetzt Staatssekretär bei Arbeitsminister Müntefering wird verdächtigt, systematisch hinter den Kulissen bei den Medien gegen Beck zu stänkern. Unterstützt werde er dabei von Matthias Machnig, Staatssekretär von Umweltminister Sigmar Gabriel, der sich insgeheim für die Zeit nach der Bundestagswahl 2009 schon als neuer SPD-Fraktionschef sieht und Beck allenfalls für einen Übergangsvorsitzenden hält. Machnig wie Wasserhövel sind ausgebuffte Strippenzieher. Gute Kenner der SPD fühlen sich inzwischen "an eine Vor-Mannheim-Stimmung" erinnert. Das ist fatal für Beck: Auf dem Mannheimer Parteitag 1995 wurde der damalige SPD-Chef Rudolf Scharping von Oskar Lafontaine weggeputscht. Das wird Beck auf dem nächsten Bundesparteitag im Herbst in Hamburg zwar nicht passieren. Aber wohl nur deshalb, weil es in der SPD keine Lafontaines mehr gibt. "Es gibt leider, leider keine Alternative zu ihm," sagt ein Parteigänger Münteferings.

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Bekanntlich ist Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) auf seiner jüngsten Asien-Reise ein arger diplomatischer Lapsus unterlaufen. Er überreichte einem Armeegeneral als Gastgeschenk eine Uhr - in China ein Zeichen dafür, dass die Zeit des Beschenkten abgelaufen sei. Der reagierte zwar cool und fragte lächelnd: "Made in China?" Aber in Berlin vergeht seither kaum ein Tag ohne neue Uhren-Spekulationen und der Frage: Wer hat für wen eine Uhr im Angebot? So gab sich der SPD-Landesgruppenchef Florian Pronold jetzt sehr besorgt beim Blick auf Michel Glos: "Er sollte aufpassen, dass ihm keiner eine Uhr schenkt. Schließlich ist er als Wirtschaftsminister ein Totalausfall, was er erst jüngst wieder mit seinen Vorschlägen zur Erbschaftssteuer bewiesen hat." SPD-Mann Pronold bewegt sich mit seinem Spott auf glattem politischen Parkett: In der SPD finden sich reichlich Genossen, die liebend gerne auch ihrem Vorsitzenden Kurt Beck eine Uhr überreichen würden.

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Nichts bringt Peter Ramsauer, Chef der bayerischen CSU-Bundestagsabgeordneten, mehr in Verlegenheit als Fragen nach dem Stand der kleinkriegerischen Auseinandersetzungen in der CSU über die Nachfolge von Edmund Stoiber. Neuerdings rettet er sich mit einem Total-Dementi vor Fragen, deren Beantwortung immer einen der Beteiligten - Horst Seehofer oder Erwin Huber - vergrätzen würden. Ramsauer: "Die Diskussion ob Erwin Huber oder Horst Seehofer wird in der Partei nicht geführt." Aha. Das kennt man aus der Kleinkind-Pädagogik. Da sagen Mütter zu ihren Kindern, die sich nächstens vor Gespenstern fürchten: "Mach die Augen zu, dann sieht das Gespenst dich nicht."

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Keine Gelegenheit lässt Berlins Regierender Bürgermeister aus, sich an der Seite des wahren Berliner Lieblings - Eisbär Knut - beim Hauptstadt-Publikum einzuschmeicheln. Fragt "Wowi" seine Parteifreunde Hubertus Heil und Sigmar Gabriel: "Was habe ich mit Knut gemeinsam und was unterscheidet mich von ihm?" Achselzucken. Wowereit: "Der Bär und ich werden täglich älter. Nur werde ich im Alter immer kuscheliger." Nützt Wowereit nur nichts. Denn in der jüngsten Forsa-Umfrage liegt die Berliner SPD nur noch bei 25 Prozent, Wowereits Sympathiewert sank von 1,6 im vergangenen Herbst auf jetzt 1,0. Trotz Knut.