Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei Dietmar Bartsch will Vorsitzender seiner Partei werden. Die Linkspartei habe im Superwahljahr 2011 ihre Ziele nicht erreicht und müsse besser geführt werden, sagte Bartsch am Mittwoch in Berlin vor Journalisten. Damit steht die Linkspartei vor einem Machtkampf. Der zu den Reformern zählende Bartsch wird vom fundamentalistischen Flügel abgelehnt. Erste Stellungnahmen führender Parteimitgliedern fielen betont reserviert aus.
Bartsch verband die Ankündigung seiner Kandidatur mit massiver Kritik am Zustand der Partei. Ausgerechnet während der Finanzmarktkrise finde die Linke wenig Gehör und Zustimmung. Die Mitgliederzahl schrumpfe. Antikapitalismus-Kritik alleine oder das Ziel, eine "bessere SPD" erzwingen zu wollen, reiche nicht, um Wahlkämpfe zu gewinnen. Stattdessen müsse die Linkspartei einen eigenständigen Kurs fahren und sich bündnisfähig zeigen.
Regulär müsste die Doppelspitze beim Parteitag im kommenden Juni neu gewählt werden. Die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch hat bereits erklärt, wieder zu kandidieren. Der Co-Vorsitzende Klaus Ernst hat eine Kandidatur bislang offengelassen. Beide sind in der Partei umstritten und werden mit verantwortlich für das schlechte Abschneiden in Wahlen und Umfragen gemacht.
Riss zwischen Ost und West
Fraktionschef Gregor Gysi sagte der Potsdamer "Märkischen Allgemeinen", er habe die Kandidatur zur Kenntnis genommen. "Mal sehen, wie es weiter geht." Der ehemalige Parteivorsitzende Oskar Lafontaine sagte der "Sächsischen Zeitung": "Bei uns hat jeder das Recht zu kandidieren." Lafontaine gehörte zu den entschiedensten Gegner von Bartsch. Er hatte als Parteichef seinem damaligen Bundesgeschäftsführer Bartsch Illoyalität vorgeworfen. Bartsch war deswegen auch von Gysi massiv öffentlich angegriffen worden und verzichtete 2010 darauf, sich nochmal für das Amt zu bewerben.Offenen Zuspruch bekam Bartsch in den Landesverbänden von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Die Landeschefs Steffen Bockhahn und Matthias Höhn sagten der "Mitteldeutschen Zeitung", sie stünden hinter der Kandidatur. In einigen westdeutschen Landesverbänden gibt es aber Widerstände gegen Reformer.
Damit zeigt sich wieder der Riss entlang den Ursprungsparteien PDS und WASG. Die ostdeutschen Verbände entsprangen mehrheitlich der PDS und verfolgen eine pragmatische Politik, die im fundamentalistischen Flügel auf Kritik stieß. In Westdeutschland dominieren Mitglieder der SPD-Abspaltung WASG. Hier sind die Ressentiments gegen Sozialdemokraten wesentlich ausgeprägter als bei den Genossen in Ostdeutland." Die Partei muss in der Lage sein, anderen die Hand zu reichen", sagte Bartsch. Veränderungen werde die Linkspartei alleine nicht durchsetzen können. Um die Erneuerung der Parteispitze zu beschleunigen, schlug Bartsch einen Mitgliederentscheid vor, der bis Ostern abgeschlossen sein sollte. Auch wenn es keinen Mitgliederentscheid gebe, wolle er sich um den Parteivorsitz bewerben. Bartsch rechnet fest mit weiteren Kandidaten.
Wagenknecht könnte kandidieren
Eine davon könnte Sahra Wagenknecht sein, die einen strikt antikapitalistischen Kurs verficht und zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden im Bundestag aufgerückt ist. Die ehemalige Sprecherin der Kommunistischen Plattform hat eine Kandidatur nicht ausgeschlossen. Unklar ist auch die Rolle von Lafontaine, der eine Rückkehr in die Bundespolitik offengelassen hat. Viele sehen in ihm den besten Spitzenkandidaten, den die Linkspartei bei der Bundestagswahl 2013 aufzuweisen hätte.
Bei SPD und Grünen dürfte die Entwicklung in der Linkspartei aufmerksam verfolgt werden, da beide Parteien in jüngsten Umfragen zusammen keine Regierungsmehrheit zusammenbekommen. Unter der jetzigen personellen Konstellation gilt die Linkspartei bei ihnen aber als nicht bündnisfähig. Bartsch jedoch wird zumindest von Spitzen-Grünen die Fähigkeit zur Zusammenarbeit attestiert.