EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise Steinmeier droht mit Überstimmung

Notfalls auch mit einer Mehrheitsentscheidung der größeren EU-Staaten will Frank-Walter Steinmeier die Flüchtlingsfrage auf EU-Ebene klären. Es gehe nicht "ohne europäische Solidarität".

Vor dem EU-Sondergipfel zur Flüchtlingskrise am kommenden Mittwoch macht die Bundesregierung Druck auf jene Mitgliedstaaten, die sich einer festen Quote zur Verteilung der Schutzsuchenden verweigern. "Jetzt wird es darauf ankommen, diejenigen Länder, die sich noch sperren, davon zu überzeugen, dass es auch in diesem Punkt nicht ohne europäische Solidarität geht", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) der "Passauer Neuen Presse". "Und wenn es nicht anders geht, sollten wir ernsthaft erwägen, auch das Instrument der Mehrheitsentscheidung anzuwenden."

Nach Steinmeiers Darstellung haben Flüchtlinge oft unrealistische Vorstellungen von Deutschland. Es seien "viele falsche Informationen" über die Möglichkeiten im Umlauf, hier Asyl zu erhalten. "Dazu gehören zum Beispiel der Irrglaube, dass für jeden Kosovaren in Deutschland ein Arbeitsplatz reserviert ist, oder Gerüchte im Nahen Osten, dass Deutschland alle Flüchtlinge zu sich holen will, um einen angeblichen Arbeitskräftemangel auszugleichen."

Dies könne man nicht so stehen lassen. Deshalb habe das Auswärtige Amt schon im August eine Informationsoffensive über klassische und soziale Medien gestartet. Damit stelle man den Gerüchten die tatsächliche Lage gegenüber. "Unser Ziel ist es zu verhindern, dass sich Menschen, die sich ohnehin in einer schwierigen Lage befinden, auch noch mit falschen Vorstellungen und Erwartungen auf eine gefährliche Flucht Richtung Deutschland begeben", sagte Steinmeier der Zeitung.

Flüchtlingskrise gemeinsam mit der Türkei angehen

Die Türkei habe in den vergangenen Jahren mit der Aufnahme von zwei Millionen Flüchtlingen allein aus Syrien eine großartige Leistung vollbracht, sagte Steinmeier beim Besuch eines Registrierungszentrums für Flüchtlinge in Ankara am Freitag. "Es zeigt in einer Zeit, in der wir in Europa heftig über Migrationsbewegungen, über Flüchtlingsbewegungen sprechen, dass wir Kooperation mit der Türkei dringender denn je brauchen." Die Türkei hat mehr Flüchtlinge aus Syrien als jeder andere Staat aufgenommen. Viele von ihnen wollen nach Westeuropa weiterreisen.

DPA · Reuters
jho