Griechenland-Hilfe "Nicht mehr als eine Beruhigungspille"

Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßt das geplante freiwillige Milliarden-Hilfspaket aus der deutschen Privatwirtschaft. SPD-Chef Sigmar Gabriel hingegen sieht in der Spende einen unangemessenen Besänftigungsversuch.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für einen Beitrag deutscher Konzerne zur Griechenland-Hilfe ausgesprochen. "Eine freiwillige Beteiligung der Banken würde ich sehr begrüßen", sagte Merkel der "Bild am Sonntag" laut Vorabmeldung. Die Kanzlerin fügte hinzu, sie könne "das Unverständnis über Spekulationen auf den Märkten und vieles mehr sehr gut nachvollziehen".

Kritik kam dagegen von SPD-Chef Sigmar Gabriel. "Was da jetzt von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und der schwarz-gelben Bundesregierung an freiwilligen Leistungen der Banken angedacht wird, ist nicht mehr als eine Beruhigungspille", sagte Gabriel der "Neuen Westfälischen". Der öffentliche Zorn darüber, dass die Steuerzahler zum zweiten Mal für das Zocken von Banken und Spekulanten bezahlen müssten, solle besänftigt werden. "Wir brauchen keine einmalige Spende mit ein paar Milliarden, sondern eine dauerhafte Beteiligung des Finanzmarktes an den katastrophal hohen Schulden, die diese Banken und Spekulanten verursacht haben", erklärte Gabriel.

Westerwelle fordert mehr Eingriffsmöglichkeiten für die EU

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FPD) will unterdessen umfangreiche Änderungen am Regelwerk der Europäischen Währungsunion durchsetzen. Wie die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf ein Strategiepapier des Auswärtigen Amts berichtete, geht es Westerwelle um massive Eingriffsmöglichkeiten der EU auf nationale Hoheitsrechte der Mitgliedstaaten in der Haushalts- und Wirtschaftspolitik. So solle die deutsche Schuldenbremse auf den gesamten Euro-Raum ausgeweitet werden. Unter dem Titel "Dem Stabilitätspakt Zähne geben" wird dem Bericht zufolge ausgeführt, dass die bisherige Drei-Prozent-Defizitgrenze der EU zu kurz greife.

Sanktionen sollen laut dem Strategiepapier zudem künftig immer schon dann aktiviert werden, "wenn übermäßige Schuldenstände nicht planmäßig zurückgeführt werden". Bei Verstößen sollten den Sündern EU-Mittel aus den Struktur- und Kohäsionsfonds gesperrt werden. Außerdem sollten Defizitstaaten gezwungen werden, "vor der Verabschiedung ihrer Haushalte durch nationale Parlamente in der Euro-Gruppe Rechenschaft abzulegen".

Langfristige Bewältigung der Krise

Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet derweil damit, dass die Bewältigung der Griechenland-Krise bis zu zehn Jahre in Anspruch nehmen wird. Der IWF wolle in Griechenland tätig sein, bis die wirtschaftlichen Reformen Früchte trügen, berichtete der "Spiegel". Die Organisation wolle für das erste, auf drei Jahre angelegte Hilfsprogramm 27 Milliarden Euro bereitstellen, hieß es weiter. Davon sollten im ersten Jahr bis zu 15 Milliarden Euro ausgezahlt werden.

Die Zustimmung Deutschlands zu dem Rettungspaket ist dem "Spiegel" zufolge erst nach erheblichem Druck der US-Regierung zustande gekommen. Die Deutschen müssten ihren Widerstand schleunigst aufgeben, habe US-Finanzminister Timothy Geithner vergangenes Wochenende beim Treffen der G-7-Finanzminister in Washington von Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen verlangt. Das Problem Griechenland gehöre umgehend vom Tisch bevor die Krise auf andere Staaten überspringe, habe er gefordert. Das sei vor allem die Aufgabe Deutschlands als führende Wirtschaftsmacht Europas.

Die Euro-Zone schnürt derzeit gemeinsam mit dem IWF ein milliardenschweres Kreditpaket, um der von der Zahlungsunfähigkeit bedrohten Regierung in Athen unter die Arme zu greifen. Deutschland würde sich daran in diesem Jahr nach bisherigen Angaben mit mindestens 8,4 Milliarden Euro beteiligen. Mit einem Ergebnis der Verhandlungen wird noch am Wochenende gerechnet.

Bankrott lässt sich vermeiden

Athen ist indes um positive Signale bemüht. Die geplanten Sparmaßnahmen reichen nach Einschätzung der Regierung aus, um eine Staatspleite Griechenlands zu verhindern. "Die Einschnitte werden wirksam genug sein, um einen Bankrott zu vermeiden", sagte der stellvertretende Ministerpräsident Theodoros Pangalos am Rande der Expo im chinesischen Shanghai. Den Bürgern allerdings ist die Notwendigkeit des Sparprogramms nur schwer zu vermitteln, auch am Samstag versammelten sich mehrere tausend Griechen in Athen zu Demonstrationen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Einzelheiten des Pakets werden in den kommenden Tagen erwartet. Die Finanzminister der Euro-Zone werden vermutlich am Sonntag bekanntgeben, wie viel Notfallkredite das hochverschuldete Partner-Land bis 2012 braucht.

DPA · Reuters
DPA/AFP/Reuters/APN