Schlag 12 - der Mittagskommentar aus Berlin Varoufakis läuft gegen die Wand

Bei ihrer Tournee durch Europa stößt die griechische Regierung auf Widerstand. Die Europäische Zentralbank drosselt sogar die Geldzufuhr. Höchste Zeit aufzuwachen, Herr Varoufakis!

Alles wollen sie anders machen. Die Sparpolitik beenden, die Korruption bekämpfen, ihrem Land den Stolz zurückgeben. Von Athen soll ein neuer Wind durch Europa wehen und den Staub der Vergangenheit wegblasen. Die neue Regierung von Alexis Tsipras hat sich viel vorgenommen. Doch auf ihrer Werbetournee durch Europa spüren er und sein Finanzminister Yanis Varoufakis: Sie hören nette Worte, aber sie bekommen keine Unterstützung. Aufbruch? Veränderung? Iwo. Brüssel, Rom, Paris, Frankfurt und Berlin senden eine Botschaft: Ihr könnt nicht machen, was ihr wollt. Haltet euch an die Regeln.

Vor allem der neue Finanzminister Yanis Varoufakis spürt Widerstand. Da will der ehemalige Ökonomieprofessor, der in USA und Australien lehrte, in Frankfurt dem Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, zeigen, wie er mit originellen Ideen die Not seines Landes lösen will. Und was macht Draghi? Er hört zu und drosselt tagsdrauf die Geldzufuhr für Griechenlands Banken. Zwar bleiben die Notfallkredite weiter gesichert, aber Extrawürste gibt es nicht mehr.

Bislang konnten Athens Kreditinstitute bestimmte Anleihen als Sicherheiten bei der EZB einreichen, um sich Geld zu besorgen. Diese Sonderregelung endet nun nächste Woche, und das ist eine schlechte Nachricht. Griechenlands klamme Geldhäuser werden noch klammer, weil sie sich kaum Geld besorgen können. Dabei brauchen sie Geld, viel Geld. Seit Dezember sind Milliarden von den Banken abgeflossen, die Griechen räumen ihre Konten, weil sie Angst vor der Zukunft haben. Varoufakis ist das Schlimmste passiert, was einem Finanzminister passieren kann. Er will die Lage beruhigen und erreicht genau das Gegenteil.

Nicht viel besser erging es ihm bei seinem Besuch beim deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble. Auch dort hörte Varoufakis nette Worte, aber Schäuble stellte auch klar, dass man sich unangenehmen Wahrheiten stellen müsse und Verträge einzuhalten sind. Die Griechen müssten ihre Probleme schon im eigenen Land lösen. "We agree to disagree", sagte Schäuble - wir sind uns einig, das wir uneins sind.

Zwei Welten

Es kommt ganz anders, als viele nach der Wahl in Athen dachten. Sie glaubten: Jetzt wird sich in Europa etwas ändern, jetzt brechen die Verhältnisse auf, jetzt wird die Sparpolitik made by Berlin enden, und Angela Merkel wird isoliert sein. Das Gegenteil tritt ein. Angela Merkel ist nicht isoliert, ihre Kollegen in Rom und Paris rücken an ihre Seite, wollen von den Griechen brauchbare Ideen statt wolkiger Worte.

Es sind zwei Welten, die aufeinander prallen. Die Welt der Träume und die Welt der Realpolitik. Diese Welten reden in unterschiedlichen Sprachen. Die Griechen wollen den Euro-Rettungskurs grundsätzlich ändern, der Rest von Europa aber will wissen, wie es nach dem 28. Februar weiter geht, wenn den Griechen droht das Geld auszugehen. Wann diese beiden Welten ernsthaft miteinander reden, ist unklar. Vermutlich auf dem EU-Gipfel nächste Woche in Brüssel. Bis dann sind Alexis Tsipras und seine Mannen hoffentlich in der politischen Realität angekommen. Ansonsten muss man sich um Europa sorgen. Die Eurokrise schien überwunden zu sein. Jetzt kehrt sie mit Macht zurück.