Grüne Spitzen Trittin, Künast und die fünf Fragezeichen

Von Markus Baluska
Bütikofer geht, Künast und Trittin kommen: Sie sollen die Grünen in den Bundestagswahlkampf 2009 führen - unterstützt von einem fünfköpfigen Spitzenteam, das vermutlich mit den Zukurzgekommenen besetzt wird. Diese Personalentscheidung löst bei den Grünen nicht nur Freude aus.

Aus fünf mach zwei, der Machtkampf bei den Grünen um die Spitzenkandidatur ist entschieden: Renate Künast und Jürgen Trittin sollen die Ökopartei in den Bundestagswahlkampf 2009 führen. Der ewig grübelnde und grummelnde Parteichef Reinhard Bütikofer kündigte seinen Rückzug aus der Bundespolitik an und will ins Europaparlament. Wenn der Parteitag im November dem Vorstand folgt, werden Künast und Trittin außerdem von einem fünfköpfigen Spitzenteam unterstützt, dem wohl auch Claudia Roth und Fritz Kuhn angehören dürften. Diese Entscheidung löst aber bei den Grünen nicht nur helle Freude aus.

Kein "One-Guido-Show"

Die derzeitigen Parteivorsitzenden Claudia Roth und Reinhard Bütikofer sehen in dem einstimmig gefassten Vorstandsbeschluss ein "Zeichen, wie vielfältig und kompetent die Grünen" seien. Im Gegensatz zu den anderen Parteien begnügten sich die Grünen nicht mit einem Spitzenkandidaten. "Wir haben uns an das Institut der Doppelspitze so gewöhnt, dass wir davon nicht mehr lassen wollen", erklärte Bütikofer in Berlin. Wohin das führe, wenn man sich auf eine Person beschränke, zeige die "One-Guido-Show-FDP" meinte Claudia Roth.

Neben Künast und Trittin wären auch Roth und Bütikofer sowie Fraktionschef Fritz Kuhn gerne Fähnleinführer der Grünen geworden. Nun sollen sie mit einem Plätzchen im Spitzenteam abgefunden werden. "Wir werden die Qual der Wahl haben, weil es viele gibt, die aber nicht alle in so ein Team gepackt werden können", prognostiziert Bütikofer. Die ultimative Entscheidung fällt ein Parteitag im November in Erfurt. Bütikofer hofft auf Zustimmung, nachdem er in der Vergangenheit gelegentlich die Erfahrung machen musste, dass die Parteibasis einen eigenen Kopf hat.

"Jede Sortierung ist gut"

Einige Grünen freuen sich, dass das unproduktive Gerangel um die Spitze damit eine Ende haben könnte. Der Europa-Abgeordnete Cem Özdemir sagte im Gespräch mit stern.de: "Jede Sortierung ist gut, weil sie Klarheit schafft. Die Situation, wie wir sie jetzt hatten mit einer Doppelspitze an der Fraktion und einer Doppelspitze an der Partei und einem in Reserve ist ungut, weil jeder aufpasst, dass kein anderer zu weit vorgeht." Dass es in seiner Partei so viele Leute gibt, die sich zutrauen, erfolgreich zu führen, sieht der Realpolitiker grundsätzlich nicht als Nachteil. "Bei den Grünen ist das ein Luxusproblem. Wir haben nicht wie die FDP nur einen, sondern mehrere, die es können." Jetzt wisse beim grünen Führungspersonal jeder, was er zu tun habe und wo er seine Stärken einbringen könne.

An Trittin führt kein Weg vorbei

Andere haben Bauchschmerzen mit der Vorstandsentscheidung. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzenden Christine Scheel hätte lieber nur Renate Künast an der Spitze gesehen: " Es wäre gut, wenn wir uns auf eine Person konzentrierten, die eine hohe Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung hat und die alle wichtigen Themen wie Verbraucherpolitik, Umweltschutz, Kinderarmut vertritt und verkörpert." Und das sei Renate Künast. Es dürfe jetzt nicht darum gehen, die Linken und die Reformer innerhalb der Partei nach vorne zu bringen, sondern die Partei insgesamt zum Erfolg zu bringen. Offen anfechten will Scheel die Doppelspitze jedoch nicht. "Ich will da jetzt keinen Unfrieden reinbringen", sagte Scheel zu stern.de. Sie werde auch das Duo Künast-Trittin im Wahlkampf unterstützen, wenn der Parteitag das so beschließe.

Anders als Scheel glauben viele Grüne, dass an Trittin kein Weg vorbeiführt - weil er der Einzige ist, der den linken Flügel der Partei integrieren kann. "Wenn einer alleine als Spitzenkandidat eine Chance hat, dann ist das Trittin", analysiert ein ehemaliges grünes Regierungsmitglied. "Wer Künast an der Spitze haben will, braucht das Tandem." Auf mögliche Koalitionen nach der Bundestagwahl dürfte die jüngste Personalentscheidung kaum Einfluss haben. Sowohl Künast als auch Trittin wären für eine schwarz-grüne Zusammenarbeit offen, wenn es das Ergebnis der Bundestagswahl zulässt.

lk