Hartz IV Einigung bei Arbeitslosengeld

Der Weg für die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe am 1. Januar 2005 ist frei, Regierung und Opposition haben sich nach monatelangem Streit im Vermittlungsausschuss geeinigt.

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat verständigte sich am Mittwochabend auf einen Kompromiss, der für das Arbeitslosengeld II eine weitere Aufstockung der Finanzhilfen für die Kommunen von 2,5 auf 3,2 Milliarden Euro vorsieht. 69 Landkreise dürfen die so genannte Experimentierklausel nutzen und damit die Betreuung von Langzeitarbeitslosen ganz in die eigene Hand nehmen.

"Neuer Abschnitt der Arbeitsmarktpolitik"

"Wir sind jetzt an einem neuen Abschnitt der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland", sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) nach der fünfstündigen Sitzung des Vermittlungsausschusses in Berlin. Er gehe davon aus, dass die Arbeitslosigkeit mit der Reform "deutlich" gesenkt werden könne. Die Arbeitsvermittlung in Deutschland werde "eine neue Qualität" bekommen. Clement hatte zuvor seine politische Zukunft mit einer Einigung auf die Arbeitsmarktreform verknüpft.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch sprach von einem "tragbaren Kompromiss". "Dieses Gesetz ist eine Chance und diese Chance muss genutzt werden", sagte der CDU-Politiker. Koch stellte allerdings weiterhin die pünktliche Umsetzung der kompletten Reform in Frage. "Es bestehen massive Gefährdungen, dass das am 1. Januar klappt." Allerdings werde auch die Union alles dafür tun, damit es vernünftig funktioniere. "Denn es geht am Ende darum, dass Menschen, die lange Zeit arbeitslos sind, möglichst bald wieder einen Arbeitsplatz bekommen."

Heftiges Ringen um Budget für Kommunen

Der Betrag, den die Kommunen zum Ausgleich für die durch die Reform entstehenden neuen Aufgaben erhalten sollen, war bis zuletzt umstritten. Die Regierung hatte 2,56 Milliarden Euro eingeplant, die Union aber 3,5 Milliarden gefordert. Die Bundesregierung will die zusätzlichen Mittel über eine so genannte globale Minderausgabe im Haushalt aufbringen, von der alle Ressorts betroffen sind.

Bei der Zahl der Landkreise, die die Experimentierklausel nutzen dürfen, trafen sich Regierung und Opposition mit 69 etwa in der Mitte. Rot-Grün war ursprünglich für 29, die Union für 96.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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FDP gegen Kompromiss

Durch die Einigung im Vermittlungsausschusses kann die Reform noch am Freitag nächster Woche unmittelbar vor der Sommerpause von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Clement sagte, er gehe von einer breiten Mehrheit aus. Nur die FDP stimmte im Vermittlungsausschuss gegen den Kompromiss.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte den Kompromiss. "Damit ist der Weg frei für das größte Reformprojekt in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in Deutschland", erklärte der Präsident des Bundes, Gerd Landsberg. Nun müsse möglichst schnell eine bessere Betreuung und Beratung der Arbeitslosen aus einer Hand sichergestellt werden. Die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe könne aber erst der Beginn des Reformprozesses sein, denn insbesondere in Ostdeutschland gebe es vor allem ein Arbeitsplatzproblem, erklärte Landsberg.

Neben der Arbeitsmarktreform bestätigte der Vermittlungsausschuss erwartungsgemäß den Kompromiss zum Zuwanderungsgesetz. Dies teilte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) am Mittwochabend in Berlin mit. Schily sagte: "Ich bin sehr froh. Jetzt ist der Weg frei für die Beschlüsse von Bundestag und Bundesrat." Um das Gesetz war vier Jahre lang erbittert zwischen der rot- grünen Regierungskoalition und der Union gestritten worden. Eine Einigung erzielte der Vermittlungsausschuss auch über die Umsetzung der EU-Agrarreform. Erneut gescheitert ist dagegen eine Verständigung über den Zuteilungsplan für den Emissionshandel.

DPA