Jugendkriminalität Seehofer bremst Scharfmacher

Innerhalb der Union regt sich Widerstand gegen die parteiinterne Forderung, straffällige EU-Bürger schneller als bislang abzuschieben. CSU-Vize Horst Seehofer übt Kritik an der eigenen Partei und fordert, bestehende Rechtsmittel besser zu nutzen.

CSU-Vize Horst Seehofer hat sich zurückhaltend zur Forderung seiner Partei nach der schnelleren Abschiebung straffälliger EU-Bürger geäußert. "Das ist nicht das Mittel erster Wahl", sagte Seehofer im ARD-"Morgenmagazin". Rechtlich sei eine solche Abschiebung aber möglich, wenn es sich um sogenannte Intensiv-Straftäter handele. Die CSU-Landesgruppe hatte am Montagabend bei ihrer Klausur im oberbayerischen Wildbad Kreuth ein Positionspapier zur schnelleren Abschiebung ausländischer Straftäter verabschiedet. Das soll auch für EU-Bürger gelten.

"Aufenthaltsrechtliche Sanktionen müssen stärker genutzt werden", heißt es in dem CSU-Beschluss. Auch ein EU-Bürger solle ausgewiesen werden können, wenn eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr von ihm ausgehe. "Sogar für minderjährige EU-Bürger besteht die Möglichkeit der Ausweisung." Der Schutz vor Ausweisung solle wie bei Heranwachsenden auch für jugendliche Intensivtäter abgeschafft werden.

Gerade bei besonders uneinsichtigen Straftätern solle das geltende Strafrecht "sehr schnell, hart" angewandt werden, sagte Seehofer. Mittel erster Wahl müsse es sein, die Ursachen der Straftaten zu beseitigen. Dazu könne eine andere Bildungspolitik, mehr Betreuung, eine bessere Integration und eine Einbeziehung der betroffenen Jugendlichen in den Erwerbsprozess beitragen.

Schröder greift ein

Der Streit zwischen Union und SPD über eine Verschärfung des Jugendstrafrechts hat unterdessen an Schärfe zugenommen: Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) griff in der Debatte sowohl Hessens Ministerpräsident Roland Koch und Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) scharf an. "Offenkundig sind beide auf dem rechten Auge blind. Hier wird mit Einseitigkeiten Wahlkampf betrieben. Das ist eine Wahlkampf-Hetze, für die Herr Koch bekannt ist", sagte er der "Bild".

Nicht neues Recht, sondern die "zügige und konsequente Anwendung des bestehenden Rechts" sei nötig, sagte Schröder. Das Gesetz gelte für alle Täter. Gewalt sei auch ein Problem deutscher Jugendlicher. "Junge deutsche Rechtsradikale verüben im Schnitt jeden Tag drei Gewalttaten - meist gegenüber Menschen mit anderer Hautfarbe. Dazu ist von Herrn Koch und Frau Merkel nichts zu hören."

Koch forderte derweil SPD-Chef Kurt Beck zum gemeinsamen Handeln gegen Jugendgewalt auf. Es sei wichtig, dass die Aufmerksamkeit der Gesellschaft mit jedem Einzelfall größer werde, sagte der CDU-Politiker in einem Interview der "Mitteldeutschen Zeitung". "Ich fordere SPD-Chef Kurt Beck dazu auf, dass wir das gemeinsam als einen Ansporn für die Politik sehen, rasch Konsequenzen zu ziehen." Koch sagte, ihm sei klar, dass die von der Union angestrebten Gesetzesverschärfungen nur ein Teil der Lösung seien. "Ich behaupte nicht, dass dann alles erledigt ist", sagte der Ministerpräsident. Notwendig sei, dass die Gesellschaft entschlossen aufbegehre.

Der Überfall in der Münchner U-Bahn habe ein Stück Normalität sichtbar gemacht. "Und manche in der SPD, die geglaubt haben, die Diskussion gehe schnell vorbei, unterschätzen, dass dies für viele Menschen, die in Ballungszentren öffentliche Verkehrsmittel benutzen, zum Bild der Wirklichkeit gehört."

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