Landtagswahl CDU-Doppeltriumph in Niedersachsen und Hessen

Doppeltriumph für die CDU in Hessen und Niedersachsen, Desaster für die SPD von Bundeskanzler Gerhard Schröder. FDP und Grüne gewannen dazu.

Gut vier Monate nach der Bundestagswahl haben die Wähler den politischen Spielraum der rot-grünen Regierung weiter eingeengt. Nach dem SPD-Absturz bei den Landtagswahlen am Sonntag wollen Union und FDP Korrekturen an den rot-grünen Reformvorhaben erzwingen. Die SPD zeigte sich gesprächsbereit.

In Schröders Stammland

Niedersachsen muss die SPD nach 13 Jahren die Macht abgeben. CDU-Spitzenkandidat Christian Wulff kann zusammen mit der FDP die Regierung übernehmen. In Hessen kann CDU- Ministerpräsident Roland Koch mit einer knappen absoluten Mehrheit allein regieren. Grüne und FDP verbesserten sich in beiden Ländern. Die FDP kehrt nach neun Jahren in den Landtag in Hannover zurück.

Wirtschaftsminister

Wolfgang Clement (SPD) räumte ein, die Niederlagen seiner Partei seien auch eine Reaktion auf Fehler der Bundesregierung. Er sprach von einer «Katastrophe» und sagte: «Damit fertig zu werden, ist nicht ganz leicht.» Der Einbruch zwinge zu mehr Kooperation mit der Union im Bundesrat.

SPD-Generalsekretär Olaf Scholz sah die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung gewahrt: «Die Regierung Schröder/Fischer wird ihre Arbeit fortsetzen.» Allerdings werde Rot-Grün nun die Zusammenarbeit mit der Union suchen, wo sie notwendig sei. Dazu gehöre der Bundesrat. Eine Reaktion von Schröder gab es zunächst nicht. Die Grünen-Vorsitzende Angelika Beer sagte, die Regierung werde ihren Reformkurs fortsetzen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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CDU-Chefin Angela

Merkel kündigte an, die Union werde auf Korrekturen an der Regierungspolitik achten: «Wir werden mit dem Vertrauensvotum sehr sorgsam umgehen und überhaupt nicht blockieren.» Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber sagte: «Ich glaube, dass wir jetzt einen Politikwechsel erzwingen werden.» FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt verlangte eine Regierungserklärung Schröders und eine Generaldebatte über eine Kurskorrektur im Bundestag.

Die SPD bekam

nach einer Analyse der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen eine Quittung für die Politik der Bundesregierung. Aber auch die Landespolitik spielte eine Rolle. In Hessen konnte sich die CDU auf ihre als gut bewertete Regierungsarbeit stützen. In Niedersachsen profitierte sie von der Unzufriedenheit mit der SPD-Landesregierung. Nach der Analyse zog das Thema Irak nicht, auf das die SPD in beiden Ländern gesetzt hatte.

NIEDERSACHSEN

Der CDU mit Christian Wulff fehlte ein Sitz zur absoluten Mehrheit - er kann mit der FDP gemeinsam regieren. Die CDU liegt 14,9 Punkte vor der SPD des bisherigen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel. Die SPD stürzte auf ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte des Landes ab. Gabriel ließ seine politische Zukunft zunächst offen. Wulff versprach: «Wir werden zeigen, dass wir aus diesem Land mehr machen können.» Die FDP, die drittstärkste Kraft wurde, erhob Anspruch auf zwei Ministerposten.

In Niedersachsen

erstarkte die CDU auf 48,3 Prozent (1998: 35,9 Prozent). Die SPD stürzte auf 33,4 Prozent (1998: 47,9). Die Grünen verbesserten sich auf 7,6 Prozent (1998: 7,0). Die FDP sprang mit 8,1 Prozent (1998: 4,86) klar über die 5-Prozent-Hürde. Die CDU hat im neuen Landtag 91 der insgesamt 183 Sitze. Die SPD sackte auf 63 ab, die Grünen haben nun 14 Mandate, die FDP 15.

HESSEN

In der früheren SPD-Hochburg erzielte die CDU ihr bestes Ergebnis in der Nachkriegszeit bei Landtags- und Bundestagswahlen. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis hat die CDU genau die für die absolute Mehrheit notwendige Zahl der Sitze im Landtag. Die SPD stürzte auf ein historisches Tief. SPD-Spitzenkandidat Gerhard Bökel zog die Konsequenzen und gab den Partei- und Fraktionsvorsitz ab.

Koch wandte sich

gegen eine Personaldebatte in der Union: «Ich will Ministerpräsident in Hessen sein», sagte er zur Frage einer Kanzlerkandidatur 2006. FDP-Landeschefin Ruth Wagner lehnte eine Regierungsbeteiligung ab, falls die CDU die absolute Mehrheit hat.

In Hessen kletterte die CDU auf 48,8 Prozent (1999: 43,4 Prozent). Die SPD verlor 10,3 Punkte und kam nur noch auf 29,1 Prozent (1999: 39,4). Die Grünen erhielten 10,1 Prozent (1999: 7,2). Für die FDP stimmten 7,9 Prozent (1999: 5,1). Die Mandatsverteilung sah wie folgt aus: CDU 56 von 110 Sitzen, SPD 33, Grüne 12 und FDP 9.

Es gab in beiden

Ländern eine niedrigere Wahlbeteiligung als bei den vorangegangenen Landtagswahlen. In Hessen betrug sie 64,6 Prozent (1999: 66,4), in Niedersachsen 67 Prozent (1998: 73,8).

Für die Grünen

bedeuten die Ergebnisse eine Bestätigung des Resultats der Bundestagswahl (8,6 Prozent). Bei allen Landtagswahlen seit 1998 hatten sie Verluste verbucht - dieser Abwärtstrend wurde jetzt gestoppt. Die FDP ist nach ihrem Erfolg wieder in 9 der 16 Länderparlamente vertreten.

Im Bundesrat gewinnt

der von der Union dominierte Länderblock durch den Regierungswechsel in Niedersachsen sechs Stimmen hinzu. Eine Zweidrittelmehrheit, mit der sie praktisch alle rot-grünen Gesetze blockieren könnte, erreicht sie nicht. Auch in der Bundesversammlung, die im Mai 2004 einen neuen Bundespräsidenten wählt, kann die Union nach ihren Erfolgen gemeinsam mit der FDP auf eine Mehrheit hoffen. CDU/CSU wollen Bundespräsident Johannes Rau nach seiner ersten Amtszeit ablösen.