Spannender können es Armin Laschet und Markus Söder kaum machen. Sowohl der in Umfragen weit zurückliegende CDU-Chef als auch der beim Umfragevolk beliebte CSU-Vorsitzende haben nun ihre Bereitschaft zur Kanzlerkandidatur erklärt. Nach wochenlangem Zögern und Bremsen drücken beide jetzt aufs Tempo: Zeitnah soll nun die K-Frage entschieden werden, da sind sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und sein bayerischer Kollege nach der Klausur der Spitze der Unionsfraktion am Sonntag einig. Die Frage ist nur: Wie? Und vor allem: Wer wird es am Ende? Laschet oder Söder? Startet nachher womöglich eine gespaltene Union in den Bundestagswahlkampf?
In der Union steht die Entscheidung in einer Machtfrage an, die nicht nur für die Bundestagswahl große Folgen haben wird. Während der Sieger für CDU und CSU als Kanzlerkandidat um das Erbe von Angela Merkel ins Rennen zieht, steht der Verlierer vor einer schwierigen politische Zukunft.
So kommentiert die Presse das Duell zwischen Laschet und Söder
"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Wer schlechte Umfragewerte hat, kann nichts richtig machen. Da ergeht es Laschet nicht anders als Annegret Kramp-Karrenbauer. Laschet aber hat Stehvermögen. Insofern deutet die Nicht-Entscheidung vom Sonntag an: Die Würfel sind gefallen. Laschet bekam den Zuspruch von Angela Merkel, und von seinen Stellvertretern dürfte niemand die Umfragen über den Willen des Parteivorsitzenden stellen. Am Dienstag könnte die Frage dann schon abschließend in der Fraktion geklärt werden. Die Abgeordneten werden sich vom Gedanken leiten lassen, dass es in einem Punkt egal ist, ob Laschet oder Söder sie in die Wahlschlacht führt: Im Herbst hagelt es Direktmandate."
"Süddeutsche Zeitung": "Wenn Söder tatsächlich Kanzlerkandidat werden sollte, würde das die Tektonik der CDU gefährden. Der frischgewählte Parteichef wäre wenige Wochen nach seiner Wahl schon wieder desavouiert, weil er sich nicht gegen Söder hat durchsetzen können. Auch Laschets Renommee als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen wäre gefährdet – die CDU liefe Gefahr, das Land bei der nächsten Wahl zu verlieren. Und wie soll – gesetzt den Fall, Söder würde Kanzler – eine Bundesregierung funktionieren, in der der Chef der kleinsten Koalitionspartei die Regierung anführt? Dafür bräuchte es mehr diplomatisches Geschick als es die Kanzlerin nach 16 Jahren im Amt hat."
"Münchner Merkur": "Es sieht so aus, als ginge Söder mit seiner Ankündigung groß ins Risiko. Doch für ihn ist das gut kalkulierbar. Er wird jetzt kämpfen um die Kandidatur, er wird Klassenunterschiede zu Laschet aufzeigen. Entweder genügt das – oder er bringt sich damit zumindest in die Lage, sich einen Verzicht auf eine eigene Kandidatur teuer abkaufen zu lassen – Posten, Zusagen, Loyalitäten. Laschet ist es, der um seine politische Existenz fürchten muss: Verliert er im Herbst die Wahl gegen die Grünen, ist er erledigt, in Berlin wie daheim in NRW. Dann wird Söder genüsslich verbreiten, dass man mit zweitbesten Bewerbern eben nur zweitklassige Ergebnisse holt. Für 2025, spätestens, würden die Karten dann ganz neu gemischt."
"Neue Osnabrücker Zeitung": "Söder und Laschet können beide Kanzler. Wer ein großes Bundesland führt wie die beiden, der kommt auch im Kanzleramt zurecht. Es geht allerdings bei der K-Frage nicht ums Können, sondern um die besten Erfolgsaussichten. Und da kann es eigentlich keinen Zweifel geben, mit wem die Union die meisten Stimmen holen und sich als klare Nummer eins vor den Grünen halten könnte: Markus Söder. In der Unionsfraktion bangen viele Abgeordnete um ihre Wiederwahl, sollte Laschet dennoch antreten wollen und das erwartet schlechte Ergebnis holen. Deshalb werden Fraktion und Parteivorstand versuchen, einen Weg zu finden, wie er mit möglichst wenig Gesichtsverlust die Rolle rückwärts schafft. Ansonsten könnten die Schwarzen bei der Wahl ihr grünes Wunder erleben und mit Laschet nur den Vizekanzler stellen."
"Augsburger Allgemeine": "Auch wenn seine Umfragewerte glänzend sein mögen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Union am Ende hinter seinen Herausforderer Armin Laschet stellt, geradezu gigantisch. Dass die CDU ihrem eigenen Vorsitzenden eine öffentliche Niederlage zufügt, ist nicht zu erwarten. Die Regel lautet: Wenn Laschet will, dann wird er auch Kanzlerkandidat – ganz egal, was die kleine Schwester CSU sagt. Würde die gebrochen, kann die Partei gleich wieder mit der Suche nach einem neuen Chef beginnen und die gerade erst verheilten Wunden würden schmerzhafter denn je aufreißen."
"Leipziger Volkszeitung": "Von Freundlichkeit und dem Bemühen um Gemeinsamkeit ist im Wettkampf zwischen Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder wenig zu spüren. Nun haben beide ihre Kandidatur auch offiziell erklärt. Söder hat sein monatelanges Kokettieren aufgegeben. Damit wird aus dem Wettkampf hinter den Kulissen nun endgültig ein Duell auf offener Bühne. Aber: Wenn es Laschet gelingt, die CDU-Landesverbände hinter sich zu sammeln, obwohl seine Umfragewerte gegen ihn sprechen, kann Söder sich auf den Kopf stellen – er wird nicht weiterkommen."

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
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"Stuttgarter Nachrichten": "Nun ist die Katze aus dem Sack: Nach Monaten voller Andeutungen und Symbolbildern hat CSU-Chef Markus Söder nun auch ganz offiziell erklärt, Kanzlerkandidat der Union und damit auch der Bundeskanzler nach Angela Merkel werden zu wollen. Doch noch immer ist unklar, wie das nun offiziell bestätigte Duell zwischen ihm und CDU-Chef Armin Laschet entschieden werden soll. Die Union weiß, dass sie Tempo machen muss: Einerseits gilt es, dem eigenen Abwärtstrend zumindest mit der Klärung der offenen Führungsfrage entgegenzuwirken. Anderseits braucht es die politische Kraft zurzeit eigentlich für etwas ganz Anderes, nämlich den Kampf gegen das sich rasant ausbreitende Coronavirus. Der unionsinterne Machtkampf hat schon zu viel Energie verschlungen. Das Duell braucht schnell einen Sieger."
"Hannoversche Allgemeine Zeitung": "Was für ein Debakel: Der Union ist mal wieder eine Personalfrage entglitten, eine sehr zentrale sogar. Sie stolpert in die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur, weil die Protagonisten offenkundig unfähig sind zur Einigung, weil getrennt taktiert wird und nicht zusammen nachgedacht. Seit Monaten belauern sich die möglichen Kandidaten. Von Freundlichkeit und dem Bemühen um Gemeinsamkeit ist im Wettkampf zwischen Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder wenig zu spüren."
"Reutlinger General-Anzeiger": "Die beiden Schwesterparteien haben nun die Qual der Wahl zwischen dem jovialen Armin Laschet, der die CDU in Nordrhein-Westfalen geeint und an die Macht geführt hat, und dem markig auftretenden Markus Söder, der derzeit in Umfragen besonders glänzt. Es ist aber kaum vorstellbar, dass die CDU ihrem neuen Bundesvorsitzenden die Kandidatur zugunsten des CSU-Vorsitzenden verwehrt."
"Weser-Kurier": "Die Umstände mögen gegen Armin Laschet sprechen. Doch er hat schon oft seine Kämpferqualitäten bewiesen. Der Aachener verdrängte die populäre SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft aus dem Amt, im zähen Ringen um den CDU-Vorsitz setzte er sich gegen Friedrich Merz durch. Markus Söder pokert heftig – er sollte sich aber nicht zu sicher fühlen."
"Rheinpfalz": "Es ist kein gutes Zeichen, dass es Armin Laschet und Markus Söder nicht gelungen ist, selbst für eine Lösung zu sorgen. Der ehrgeizige Söder – dessen Bekenntnis, sein Platz sei in Bayern, schon immer unglaubwürdig erschien – hat dabei die schlechteren Karten, trotz der besseren Umfragewerte. Dass er seinen Hut in den Ring geworfen hat, zwingt die CDU geradezu, im Gegenzug ein Bekenntnis für ihren Vorsitzenden Laschet abzulegen – vermutlich mit der Faust in der Tasche. Denn in der CDU-Fraktion gibt es viele, die gerne Söder auf den Wahlplakaten sehen würden. Käme es aber so, dass die CDU-Parteigranden kein Votum für Laschet abgäben, könnte der Nordrhein-Westfale sein gerade erworbenes Vorsitzendenamt wegen akuten Vertrauensverlustes an den Nagel hängen."
"Ludwigsburger Kreiszeitung": "Taktisch ist es klug gewesen von Söder, die Entscheidung in die Hand der CDU zu legen. Das spiegelt nicht nur die Machtbalance zwischen den Schwesterparteien wider. Sollte das Votum für Laschet ausfallen und es mit ihm dann bei der Bundestagswahl im September schiefgehen, wäre Söder fein raus. Zudem hat er jetzt allen bewiesen, dass er doch kein Zauderer ist, sondern springt, wenn es erforderlich ist. Seine Stellung in Bayern, vor allem aber die der CSU in Berlin hat er damit noch einmal gefestigt. Beide wollen – und Markus Söder hat den Anspruch für die Union klar formuliert: 'Nummer eins in Deutschland' müssen CDU und CSU bleiben. Bei Söder kann man sich vorstellen, wie er das erreichen will, durch mehr Polarisierung, durch klarere Kante. Bei Laschet ist das freilich noch ein Rätsel."
"Heilbronner Stimme": "Die besseren Karten hat zweifellos Söder. Der machtbewusste Taktiker, der sich in der Krise als zupackender Macher präsentiert, hätte seinen Hut kaum in den Ring geworfen, wüsste er nicht um zahlreiche Unterstützer aus der Schwesterpartei. Laschet hingegen hat durch seine zahlreichen Wendungen in der Pandemie viel Vertrauen verspielt. Doch als Vorsitzender der größeren Unionspartei will er Söder nicht kampflos das Feld überlassen. Dabei ist es eigentlich ganz einfach. Wenn beide tatsächlich übereinstimmen, dass der aussichtsreichere Kandidat ins Rennen gehen soll, kann der Kanzlerkandidat der Union nur Markus Söder heißen."
"Neue Presse": "Der Franke pokert hart – und Laschet hält mit dem Mut des Desperados dagegen. Dabei hatte der bayerische Ministerpräsident in der Vergangenheit gebetsmühlenhaft beteuert, sein Platz sei in Bayern. 'Was stört mich mein dummes Geschwätz von gestern', soll Konrad Adenauer einmal gesagt haben. Mitten in der dritten Welle der Corona-Pandemie leistet sich die Union ein unsägliches politisches Theater. Viele Bürgerinnen und Bürger aber haben echte Existenzangst. Die Union soll sich voll auf die Lösung der schlimmsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg konzentrieren – und keine Macho-Spiele zulassen."
"Wiesbadener Kurier": "Söder führt deutlich nach Umfragen, seine Partei steht geschlossen hinter ihm, Sympathisanten sitzen im Osten und im Südwesten. Armin Laschet sieht sich als Integrator, weiß seine Unterstützer nördlich des Weißwurst-Äquators und westlich der Elbe. Angela Merkel hat sich über ihre Sympathien nicht öffentlich geäußert. Von Söder wurde sie mit einer Kutsche durch Bayern chauffiert, Laschet kommt ihr inhaltlich näher. Als Ministerpräsidenten haben beide bewiesen, dass sie mit Partnern regieren können."