Die Grünen plädieren für einen Systemwechsel im Gesundheitswesen. Der Parteirat beschloss in Berlin einen Diskussionsvorschlag für den Umbau der Krankenkassen zu einer Bürgerversicherung. Die Grünen-Spitze machte noch keine konkrete Vorgabe für den Arbeitgeberanteil am Krankenkassenbeitrag. Sie stellte aber zur Diskussion, den Arbeitgeberanteil bei höchstens 6,5 Prozent zu deckeln. Eine endgültige Festlegung soll nach dem einstimmigen Beschluss des Parteirates erst bei einem Parteitag im Jahr 2004 getroffen werden. Eine Klärung mit der SPD erhofft Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sich kurz vor der Bundestagswahl 2006.
Ausdehnung der Versicherungspflicht auf alle Bürger
In ihrem Sechs-Punkte-Papier schlägt die Grünen-Spitze die Ausdehnung der Versicherungspflicht auf alle Bürger, insbesondere auch Beamte, Freiberufler, Selbstständige und Politiker, vor (Bürgerversicherung). Die Versicherungspflichtgrenze von derzeit 3825 Euro monatlich soll fallen. Neben Arbeitseinkommen sollen auch Miet-, Zins- und Kapitaleinkünfte bis zur Bemessungsgrenze von derzeit 3450 Euro monatlich beitragspflichtig sein.
Mehr Wettbewerb
Die zusätzlichen Einnahmen sollen zur Senkung der Beitragssätze verwendet werden. Es gehe nicht darum, mehr Geld in das System zu bringen, heißt es in dem Beschluss. Die Bürgerversicherung solle kein Ersatz für mehr Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern und zwischen den Krankenkassen sein. In der Bürgerversicherung sollen sich gesetzliche und private Krankenkassen direkte Konkurrenz machen dürfen. Privatkassen wären allerdings verpflichtet, jeden aufzunehmen, würden dafür aber auch in den Risikostrukturausgleich einbezogen.
Bedenken gegen Einfrieren des Arbeitgeberanteils
Der Vorschlag von Außenminister Joschka Fischer (Grüne), den Arbeitgeberanteil zur Krankenkasse mit den Löhnen und Gehältern auszuzahlen, ist im Diskussionsvorschlag des Parteirates nicht enthalten. Statt des "Einfrierens" des Arbeitgeberanteils stellte das Gremium mit Fischers Zustimmung die Festschreibung eines Höchst-Prozentsatzes zur Diskussion. Der Außenminister hatte schon vor der Sitzung eingeräumt, dass das Einfrieren des Arbeitgeberanteils "ein sensibler Teil" sei. Dagegen waren auch innerhalb der Parteispitze Bedenken laut geworden.
"Wachsender Zug zur Bürgerversicherung"
Der Diskussionsvorschlag soll nach den Worten Bütikofers Auftakt für eine breite Debatte in der Partei und der Öffentlichkeit sein. Vor Gesprächen mit der SPD wolle man zunächst deren eigene Vorschläge abwarten. "Ich bin nach den Erfahrungen der letzten Wochen optimistisch, dass es einen wachsenden Zug zur Bürgerversicherung gibt." Bütikofer sprach sich dafür aus, Verbündete auch in der Union zu suchen. Gesetzliche Schritte seien erst nach der Bundestagswahl 2006 nötig. Fischer hatte die frühe Diskussion so begründet: "Ab 2007 müssen wir uns der Frage stellen, ob wir einen Systemwechsel wollen."