Eine Woche vor den geplanten Gesprächen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) mit der Unionsspitze ist die Debatte über weitere Reformen voll entbrannt. In der Bundesregierung rückten klassische Infrastrukturvorhaben bei Verkehr und Bau sowie ein Programm mit zinsgünstigen Darlehen der bundeseigenen KfW- Bankengruppe in den Vordergrund der Planungen, berichtete die "Berliner Zeitung" unter Berufung auf Regierungskreise. Der Kanzler habe die Minister am Mittwoch im Kabinett zu eigenen Vorschlägen aufgefordert.
Bei der Eröffnung der Computermesse CeBit in Hannover gestern Abend, hat der Kanzler allerdings eine Passage in seinem Redemanuskript ausgelassen, in der "zusätzliche Maßnahmen" zur Stärkung der Wachstumsdynamik angekündigt waren.
Warum Schröder die Passagen zu Konjunktur und Arbeitslosigkeit strich, bleibt Spekulation. Wie Regierungssprecher Béla Anda der ARD mitteilte, stehe hinter Schröders Abweichen vom Redemanuskript keine Strategie. Vielmehr habe sich der Kanzler spontan dazu entschieden. Er werde die Ankündigung nachholen - und zwar in seiner Regierungserklärung am Donnerstag kommender Woche im Bundestag, so Anda.
Laut Manuskript wollte Schröder sagen: "Der Wachstumspfad, auf dem sich unser Land befindet, ist robust. Aber wir können und wir müssen besser werden." Und: "Die konkreten Vorschläge hierzu werde ich nächste Woche dem Deutschen Bundestag vorlegen."
Job-Gipfel mit Union
Beim Job -Gipfel mit der Union in der nächsten Woche will Schröder nach Informationen der "Stuttgarter Zeitung" den Vorsitzenden von CDU und CSU, Angela Merkel und Edmund Stoiber, eine weit reichende Zusammenarbeit in der Steuer-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik anbieten. Der Kanzler sei zu sofortigen steurlichen Entlastungen des Mittelstands bereit, wenn gleichzeitig die Gegenfinanzierung vereinbart werde. Die Regierung wolle die Opposition auch zu einer grundsätzlichen Reform der Pflegeversicherung ins Boot holen.
An diesem Donnerstag stellt die Union bereits im Bundestag ihre Reformvorschläge zur Diskussion, die unter anderem eine Lockerung des Kündigungsschutzes und Änderungen bei der Tarifautonomie vorsehen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) bekräftigte in der "Mitteldeutschen Zeitung" die Unionsforderung nach einer Unternehmenssteuerreform. Gleichzeitig sagte er: "Aber die Gleichung mehr Arbeitsplätze durch niedrigere Steuern scheint nicht aufzugehen."
Die Grünen-Abgeordnete Kerstin Andreae forderte in der "Berliner Zeitung" ein neues Investitionsprogramm für Städte und Gemeinden. Der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) schlug in der "Süddeutschen Zeitung" vor, Steuervergünstigungen in großem Stil zu streichen und dafür Unternehmen stark zu entlasen.

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Die FDP, die an dem geplanten Reformgipfel nicht teilnimmt, zweifelt an dessen Erfolg. "Am Schluss kommt da nur ein kleines Mäusschen raus", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Rainer Brüderle.