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Sachsen-Anhalt Haseloff will keine "Wackelpartie" – welche Möglichkeiten er jetzt hat

Paul Ziemiak, Annalena Baerbock
Sehen Sie im Video: Das sagen Spitzenpolitiker zum CDU-Wahlsieg in Sachsen-Anhalt.




Die CDU geht aus der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt als klarer Gewinner hervor. Stand Sonntagabend konnte die Partei von Ministerpräsident Reiner Haseloff 36,6 Prozent für sich verbuchen. Ein Ergebnis, bei dem ihm, wie Haseloff am Abend vor Parteifreunden sagte, ein Glücksbringer half, der ihm an einer Corona-Teststelle zugesteckt worden war. "Diesen Engel tragen Sie am Sonntag bitte immer in Ihrer Jackentasche. Und dann wird es ein Wunder geben, und dieses Wunder ist eingetreten." Zu möglichen Koalitions-Konstellationen wollte sich Haseloff am Abend noch nicht äußern, eine Zusammenarbeit mit der AfD schloss er jedoch weiterhin aus. Ein Fortbestand der sogenannten Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grüne könnte weitergeführt werden, wenngleich die SPD über zwei Prozentpunkte einbüßen musste. Als letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl im Herbst wird das Ergebnis in dem ostdeutschen Bundesland als Stimmungstest gewertet. So sagte etwa CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am Sonntag in Berlin, das Ergebnis sei Rückenwind für den Bundestagswahlkampf. Das vergleichsweise niedrige Wahlergebnis für die Grünen wollte Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock jedoch nicht als Signal für den September deuten. "Klar, wir haben uns mehr erhofft bei dieser Landtagswahl. Wir haben erlebt, was wir auch schon bei den letzten ostdeutschen Landtagswahlen erlebt haben, dass viele Menschen im Land verhindern wollen, dass Rechtsextreme eine Regierung mitbestimmen und haben deswegen die Partei des Ministerpräsidenten bei dieser Landtagswahl unterstützt." Trotz aktuell guten Umfragewerten konnten die Grünen in Sachsen-Anhalt nur 0,8 Prozentpunkte zulegen und landeten mit lediglich 6 Prozent noch hinter den Linken und der FDP. Wahlberechtigt waren rund 1,9 Millionen Menschen. Das vorläufig amtliche Endergebnis wird in der Nacht von Sonntag auf Montag erwartet.

Nach der Überraschung und der Freude über den so deutlichen Wahlsieg kommt auf die CDU von Reiner Haseloff die Suche nach Bündnispartnern zu. Es gibt mehrere Optionen. Der Wahlsieger macht klar, was ihm am wichtigsten ist.

Nach dem überraschend hohen Sieg der CDU bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt setzt Ministerpräsident Reiner Haseloff betont auf Stabilität. Es gehe ihm vor allem um eine stabile Koalition, es dürfe keine "Wackelpartie" geben, sagte der Wahlgewinner vom Sonntagabend am Montag im ARD-"Morgenmagazin". "Die Menschen haben eben auch aus Lagern auf uns zukommend und uns ankreuzend entsprechend die Erwartung damit verbunden, dass es wirklich Stabilität gibt. Eine starke, in der Mitte verankerte Regierung."

Man werde Angebote "in alle Richtungen machen, die sich für uns demokratisch anbieten". Dann werde die CDU in Sachsen-Anhalt eigenverantwortlich entscheiden, mit welcher Partei es die größte Schnittmenge gebe, sagte Haseloff.

Vor einer weißen Wand mit schwarzem "Landtag von Sachsen-Anhalt" steht ein grauhaariger Mann in blauem Anzug und spricht

Kenia, Deutschland, Jamaika: Haseloffs Optionen

Haseloff hat mehrere Regierungsoptionen: Er könnte erneut eine schwarz-rot-grüne Kenia-Koalition bilden, aber auch eine sogenannte Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP oder ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP. Ganz knapp möglich wäre auch ein schwarz-rotes Zweierbündnis.

Die CDU hatte bei der Wahl 37,1 Prozent der Stimmen erlangt (2016: 29,8). Die AfD blieb mit 20,8 Prozent unter ihrem alten Ergebnis (24,3). Die im Osten generell eher schwachen Grünen verbesserten sich nur wenig, sie kamen auf 5,9 Prozent (2016: 5,2). Die SPD verzeichnete mit 8,4 Prozent ihr bisher schlechtestes Ergebnis in Sachsen-Anhalt (2016: 10,6 Prozent). Die Linke rutschte auf 11,0 Prozent ab, ihr schlechtestes Ergebnis in dem Bundesland seit der deutschen Einheit (2016: 16,3). Die FDP verzeichnete 6,4 Prozent (2016: 4,9 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag bei 60,3 Prozent (2016: 61,1).

Mit dem weiteren Vorgehen befassen sich am Montag die Gremien der Parteien. Zunächst tagen die Spitzen der Parteien in Berlin beziehungsweise die CSU in München. Am späten Nachmittag beraten dann die Landesvorstände in Sachsen-Anhalt. Haseloff machte am Montag erneut deutlich, dass die Entscheidungen im Land gefällt würden.

"Der Matchwinner war Reiner Haseloff"

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hofft auf eine Blaupause für die Bundestagswahl im September. Der Kurs von Ministerpräsident Haseloff - "nicht aufgeregt, ruhig und klar im Kurs, aber auch eine klare Abgrenzung zu den Radikalen von rechts" sei am Ende erfolgreich gewesen, sagte Spahn in Berlin vor Beratungen der CDU-Spitze, die teils in Präsenz und teils wegen der Corona-Pandemie online organisiert worden waren. Was "auf den ersten Blick vielleicht nicht immer gleich sexy erscheint", sei für die meisten Bürgerinnen und Bürger nach genauem Hinschauen "dann aber doch sehr, sehr attraktiv". Das gebe auch Rückenwind für den Bund.

CSU-Chef Markus Söder sagte in München: "Der Matchwinner war Reiner Haseloff." Er sei ein sehr, sehr engagierter Ministerpräsident. Er habe eine sehr klare Linie in der Abgrenzung zur AfD gefahren, die vom Wähler honoriert worden sei.

Der AfD-Co-Vorsitzende Jörg Meuthen sagte im Deutschlandfunk, die AfD sei unter ihren Möglichkeiten geblieben. "Meine Meinung ist tatsächlich die - das wird sie von mir nicht überraschen - dass ein stärkeres In-die-Mitte-rücken, ein weniger krasser Protestkurs erfolgversprechender gewesen wäre." Der Parteivorsitzende Tino Chrupalla hatte am Sonntagabend bei "Anne Will" hingegen von einem "sensationellen Ergebnis" gesprochen.

Die Grünen müssen aus Sicht von Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt als Lehre aus dem schlechten Ergebnis stärker Wähler in Städten und ländlichen Räumen ansprechen. "Wir müssen da wirklich weiter dran arbeiten, deutlich zu machen: Wir sind eine Partei, die in Stadt und Land zuhause ist", sagte Göring-Eckardt im rbb-Inforadio. "Wenn wir ein gutes Bundestagswahlergebnis haben wollen, dann ist es die Aufgabe, auch in Ostdeutschland was dazu beizutragen", betonte die Fraktionschefin.

tim DPA

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