Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht stuft die von Kremlchef Wladimir Putin angekündigte Aussetzung des letzten großen Atom-Abrüstungsvertrages als angsteinflößend und gefährlich ein – hält aber dennoch Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten über ein Ende des Ukraine-Krieges für realistisch. "Wir gehen in eine Welt, wo immer mehr hochgerüstet wird", sagte sie am Dienstag in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" mit Blick auf Putins Rede zur Lage der Nation. Darin hatte er die befristete Abkehr vom "New-Start"-Abrüstungsvertrag mit den USA verkündet.
Sahra Wagenknecht fordert diplomatische Initiative der USA
Putin habe eine "Kriegsrede" gehalten, sagte Wagenknecht. Doch seien die jüngsten Signale des US-Präsidenten Joe Biden "genauso gefährlich". "Er geht nach wie vor nur den militärischen Weg." Es gebe keine diplomatische Initiative der USA und kein Angebot. "Damit schaukelt sich das beidseitig immer mehr hoch." Das könne sich aber diese Welt, die voller Atomwaffen sei, nicht leisten.
Wagenknecht sagte, man könne für Verhandlungen plädieren, ohne den russischen Angriffskrieg gutzuheißen. Es gebe eine Verantwortung des Westens, darauf zu drängen, dass es Gespräche gibt.
Putin hatte allerdings in seiner Rede kurz vor dem ersten Jahrestag des von ihm angeordneten Einmarschs in die Ukraine keine Bereitschaft zu Verhandlungen erkennen lassen. Vielmehr sagte er einmal mehr, in der Ukraine sei ein "Neonazi-Regime" an der Macht, das abgelöst werden müsse. Die "militärische Spezialoperation", wie Moskau den Krieg bezeichnet, werde fortgesetzt. Dem Westen gab er überdies die Schuld an dem Krieg und warf ihm vor, er wolle Russland "ein für alle Mal erledigen".
Wie sich die Fronten in der Ukraine seit Beginn des Krieges verschoben haben

Die Regierung in Kiew wiederum hat Gespräche mit Putin bereits im September per Dekret ausgeschlossen – eine Reaktion darauf, dass Moskau zuvor die nur zum Teil von russischen Truppen kontrollierten ukrainischen Gebiete Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk formell annektiert hatte. Mit der bereits 2014 annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim steht knapp ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebietes unter russischer Kontrolle.
Wagenknecht hat Mitte Februar zusammen mit der Feministin Alice Schwarzer ein "Manifest für Frieden" veröffentlicht, das auf viel Kritik stieß. Der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hatte die beiden daraufhin "Handlangerinnen Putins" genannt.