Die Vorschläge zu einer Amnestie für Steuerhinterzieher zu Gunsten der Förderung des Arbeitsmarkts sind bei Finanz- und Rechtsexperten auf heftige Kritik gestoßen.
»Ohrfeige für den Steuerzahler«
Der Präsident des Deutschen Anwaltsvereins, der Steuer-Fachanwalt Michel Streck, sagte dem »Handelsblatt«, eine Amnestie sei »eine Ohrfeige für den ehrlichen Steuerzahler und eine zynische Geste zu Gunsten der Steuerunehrlichen«. Der frühere Wirtschaftsweise Rolf Peffekoven bezeichnete den Vorschlag in einem Gastbeitrag für die »Financial Times Deutschland« als »außerordentlich bedenklich«. »Hätte man... eine moderate Besteuerung der Kapitalerträge... eingeführt, wäre es wohl gar nicht zur Kapitalflucht im jetzigen Umfang gekommen«, schrieb der Mainzer Finanzprofessor.
»Keine Änderung der Steuermoral«
Anwaltspräsident Streck erklärte weiter: »Alle Finanzuntersuchungen besagen: Amnestien beeinflussen die Steuermoral nicht, solange sich nicht die Besteuerung insgesamt so ändert, dass es sich nicht mehr lohnt, Steuern zu hinterziehen.«
Europäische Lösung
Nach zunächst widersprüchlichen Aussagen wurde am Montag deutlich, dass die Bundesregierung im Ausland geparktes Schwarzgeld zwar nach Deutschland zurückholen, dabei aber eine Aufweichung des geltenden Strafrechts für Steuerflüchtlinge möglichst vermeiden wolle. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) strebt dazu im Oktober eine europäische Lösung an. Auch gehen Regierungskreise davon aus, dass die von der Hartz-Kommission vorgeschlagene Milliarden-Anleihe zur Finanzierung eines Job-Förderprogramms Ost am Ende auf solches Schwarzgeld verzichten kann.
Hartz ohne Amnestie
Nach Angaben des Kommissionsmitglieds Jobst Fiedler von der Unternehmensberatung Roland Berger ist die Amnestie-Idee in den Hartz-Vorschlägen gar nicht mehr enthalten. »Eine Steuer-Amnestie ist in dem Hartz-Konzept nicht vorgeschlagen«, sagte er der »Neuen Ruhr/Rhein Zeitung«. Das Hartz-Papier soll an diesem Freitag endgültig veröffentlicht werden.
Umbau dauert länger
Der Personalratsvorsitzende der Bundesanstalt für Arbeit (BA), Eberhard Einsiedler, erklärte unterdessen in der »Financial Times Deutschland«, dass der Umbau der Behörde länger dauern werde als vom Vorsitzenden der gleichnamigen Kommission, Peter Hartz, geplant. Prozesse dieser Art seien nicht - wie von Hartz vorgesehen - innerhalb von drei Jahren zu machen. Seiner Auffassung nach wird der Umbau vier bis fünf Jahre dauern. »Das halte ich für realistisch«, sagte auch die stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Ursula Engelen-Kefer.
Vorschläge zügig umsetzen
»Die Dauer des Umbaus ist nicht unbeträchtlich von der Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter abhängig«, meinte der Arbeitgebervertreter im Verwaltungsrat der BA, Christoph Kannengießer von der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände. Eine Prognose über die Dauer der Neuorganisation wollte er nicht abgeben. »Das ist nicht zuletzt davon abhängig, inwieweit die Empfehlungen übernommen werden und wie der Gesetzgeber die Vorschläge umsetzt«, sagte er.