Hintergrund für den neuen Zwist ist die Forderung von FDP-Chef Philipp Rösler nach Änderungen an dem Vorhaben. Der Wirtschaftsminister hatte am Wochenende kritisiert, dass der Gesetzentwurf den Parallelbezug von Betreuungs- und Elterngeld im 13. und 14. Lebensmonat des Kindes zulässt. Dies müsse verhindert werden. Das CDU-geführte Familienressort bekräftigte dagegen, das von FDP-Vize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger geleitete Justizressort habe ausdrücklich auf dem Nebeneinander bestanden.
Das Justizministerium widersprach dem bei einer Regierungs-Pressekonferenz jedoch entschieden. "Das ist falsch. Das Justizministerium hat zu keinem Zeitpunkt gefordert, dass Elterngeld und Betreuungsgeld parallel laufen", sagte Sprecher Anders Mertzlufft. Offenbar handele es sich um ein Missverständnis. Seinem Sprecherkollegen Christoph Steegmans vom Familienressort riet er, lieber noch mal zu dem Sachverhalt nachzufragen. "Wenn man als Mittelstürmer oder Innenverteidiger spielt, verliert man vielleicht den Überblick."
Alleinerziehende werden benachteiligt
Steegmans hielt entgegen, die Darstellung seines Hauses sei "absolut korrekt". So habe ein hoher Beamter des Justizministeriums am 30. Mai in einer Runde ungefragt den Parallelbezug aus verfassungsrechtlichen Gründen als unverzichtbar bezeichnet. Im Anschluss an ein Treffen der Staatssekretäre am 4. Juni habe das Justizministerium diese Haltung bekräftigt, fügte der Sprecher von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) hinzu. Nach Angaben des Ressorts wurde aufgrund der Einwände die Passage im Entwurf zu diesem Sachverhalt sogar umformuliert.
Begründung für den möglichen Parallelbezug ist, dass Paare das Elterngeld innerhalb von zwölf Monaten ausschöpfen können, wenn Vater und Mutter die Leistung zwei Monate parallel beziehen. Danach können sie nahtlos Betreuungsgeld beanspruchen. Alleinerziehende hingegen müssten zwei Monate lang auf eine der beiden Leistungen verzichten, vorzugsweise auf das höhere Elterngeld.
Massive Bedenken in der CDU und FDP
Wie in der CDU gibt es auch bei der FDP massive Bedenken gegen das von der CSU geforderte Betreuungsgeld. Die Liberalen wollen sich aber vertragstreu verhalten. Allerdings wollen sie jeden Eindruck verhindern, sie hätten dem Betreuungsgeld in irgendeiner Weise das Wort geredet.
In diesen Zusammenhang fallen Röslers Änderungswünsche, zu denen auch die Auszahlung in Form von Gutscheinen gehört. Nach dem Scheitern der ersten Lesung am Freitag im Bundestag solle die Zeit genutzt werden, "um in Ruhe darüber zu sprechen, welche Veränderungen noch notwendig sind", hatte der FDP-Chef gesagt. Von der FDP stammt auch der Vorschlag, den Regionen die Wahl zu lassen, ob und in welcher Höhe sie das Betreuungsgeld auszahlen oder ob sie es in den Kita-Ausbau stecken wollen.
CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich bei dem Kernprojekt seiner Partei jedoch nicht kompromissbereit und drohte gar mit Koalitionsbruch. "Die CSU würde ein Scheitern des Betreuungsgeldes nicht hinnehmen. Und die Stimmen der CSU sind in dieser Koalition notwendig", warnte er am Wochenende.
Der bayerische FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter sagte Reuters, wenn im Koalitionsvertrag auf Wunsch der CSU allgemein ein Betreuungsgeld vereinbart worden sei, könne das nicht bedeuten, dass die FDP "politisch Halbgares" beschließen müsse, das den Steuerzahler zudem Unsummen koste. Ein souveräner Parteichef müsse diesen Diskussionsbedarf aufnehmen.