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Umweltbelastungen Von Dieselbann und Fahrverboten

München hat an diesem Wochenende die EU-Richtlinie für Feinstaub verletzt. Daraufhin ist ein Streit entbrannt zwischen Bund und Ländern. Was kann man tun? Wer hat Schuld?

Die hohe Luftverschmutzung mit dem Krebs erregenden Feinstaub hat am Osterwochenende den Streit über die Verantwortung und Gegenmaßnahmen wie Fahrverbote angeheizt.

Als erste deutsche Stadt verletzte München am Sonntag die seit Januar geltende EU-Obergrenze, der zufolge der Grenzwert für den vor allem durch ungefilterte Dieselfahrzeuge verursachten Feinstaub nur an 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. Bundesumweltminister Jürgen Trittin warf den Ländern und Gemeinden Untätigkeit bei der Umsetzung der Richtlinie vor. Kritik an den Ländern kam auch vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DSGB) und der Deutschen Umwelthilfe, die nun auch in München Fahrverbote per einstweiliger Verfügung gerichtlich durchsetzen will. Der bayrische Umweltminister Werner Schnappauf sagte Reuters, die Kommunen allein könnten das Problem nicht lösen. Saubere Lkw könnten bei der Straßennutzung bevorzugt werden. Der Gelsenkirchener Professor für Automobilwirtschaft, Gerd Dudenhöffer, forderte ein schnelles Ende der Debatte über Verbote, da sonst der deutschen Autoindustrie Einbußen drohten.

Die seit Januar geltende EU-Feinstaubrichtlinie sieht vor, dass in einer Kommune der Grenzwert von 50 Mikrogramm je Kubikmeter Luft nur an 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. In München wurde der Grenzwert am Sonntag nach Angaben des Landesumweltamtes mit 58 Mikrogramm zum 36. Mal überschritten.

Umweltverbände sehen in Fahrverboten für Dieselfahrzeuge ohne Partikelfilter die einzig wirksame Sofortmaßnahme gegen den Feinstaub, der in Deutschland für jährlich 65.000 Todesfälle verantwortlich gemacht wird. Die Deutsche Umwelthilfe, die Anfang voriger Woche in Berlin Klagen auf Fahrverbote eingereicht hatte, kündigte dies nun auch für München an.

Trittin fordert Entscheidung über Rußfilter

Bundesumweltminister Trittin warf Ländern und Gemeinden Untätigkeit gegen den Feinstaub vor. "Jeder wusste, was da auf ihn zukommt. Ich glaube, es gibt eine bestimmte Neigung bei Ländern und Gemeinden, die Umsetzung von EU-Recht nach hinten zu schieben", sagte der Grünen-Politiker der Tageszeitung "Die Welt". Bei einer Verletzung der Richtlinie drohten Verfahren aus Brüssel. Deshalb sei es dringend notwendig, "dass die Länder ihre zögerliche Haltung bei der beschleunigten Einführung von Dieselrußfiltern und bei der Nachrüstung von Altfahrzeugen aufgeben". Der Städte- und Gemeindebund kritisierte ebenfalls, die Umsetzung der EU-Richtlinie komme nicht voran, was vor allem an den Ländern liege. Verkehrsminister Manfred Stolpe lehnte eine City-Maut zur Eindämmung des Verkehrs ab. Auch Trittin äußerte sich dazu skeptisch.

Länder weisen Vorwurf zurück

Bayerns Umweltminister Schnappauf wies den Vorwurf der Untätigkeit im Gespräch mit Reuters zurück. Fahrverbote wollte der CSU-Politiker nicht ausschließen, sagte aber: "Wir prüfen Benutzervorteile für saubere Lkw in der Stadt." Auch sollten bei der Lkw-Maut saubere Fahrzeug stärker entlastet und Laster ohne Filter stärker belastet werden. Noch wirksamer sei aber ein schneller Einbau von Filtern in Diesel-Fahrzeuge. Der Bund will dies zwar steuerlich fördern, die Länder wollen wegen der Einbußen bei der Kfz-Steuer aber eine Kompensation. "Der Bund hat hier kein Konzept", kritisierte Schnappauf.

Die Umweltministerin von Nordrhein-Westfalen, Bärbel Höhn, warf ihrerseits den Städten vor, die Gefahr zu lange ignoriert zu haben. Fahrverbote in bestimmten Regionen seien nun unumgänglich.

Der Autoexperte Dudenhöffer warnte in der "Welt am Sonntag", der Kauf von bis zu 30.000 Dieselfahrzeugen könne wegen des Streits über Steuererleichterungen in den nächsten Monaten verschoben werden. Damit entstünde der deutschen Autobranche erheblicher Schaden durch ihre Strategie, Rußfilter nur als Sonderausstattung und auch nicht für alle Modelle anzubieten. "Die Feinstaubdebatte könnte den nächsten Autofrühling, auf den wir seit Jahren warten, weiter verzögern", sagte Dudenhöffer.

Reuters Reuters

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