CSU-Chef Edmund Stoiber hat eine Entschuldigung für seine Aussagen zum Wahlverhalten in Ostdeutschland trotz der anhaltenden Unruhe auch in der Union abgelehnt. Ein Sprecher Stoibers sagte, der von der "Passauer Neuen Presse" und dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zitierte Kälber-Spruch sei kein Angriff auf Wähler gewesen. Stoiber hatte bei Auftritten in Jena und Eisenach gefragt: "Ihr habt hier Plakate mit Lafontaine. Und der Mann, der im Grunde genommen gegen die Wiedervereinigung war, den feiert Ihr jetzt als Helden? Ja, seid Ihr denn verrückt geworden? Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber."
"Aussagen nicht missverständlich"
Im ZDF lehnte Stoiber eine Entschuldigung mit der Begründung ab, seine Aussagen seien aus seiner Sicht nicht missverständlich gewesen. "Alle meine Auseinandersetzungen beginnen mit der Auseinandersetzung Gysi und Lafontaine und wenn das weggelassen wird, dann kann das missverstanden werden", sagte Stoiber. "Aber das darf nicht weggelassen werden." Er habe ein "Aufrütteln" vor den Gefahren der Linkspartei beabsichtigt.
Aussagen von Stoiber bei Wahlkundgebungen hatten bereits in den letzten Tagen für Empörung gesorgt. In Baden-Württemberg und Bayern hatte er gesagt, er könne nicht akzeptieren, "dass letzten Endes erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird". Es dürfe "nicht sein, dass letztlich die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands bestimmen".
Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel distanzierte sich erneut von der Kritik am Wahlverhalten der Ostdeutschen. Die CDU-Vorsitzende beklagte sich laut "Bild"-Zeitung in einem Telefonat auch bei Stoiber persönlich, dessen Äußerungen über die Wähler im Osten seien "nicht hilfreich" gewesen. Der "Welt am Sonntag" sagte sie: "Wir müssen 15 Jahre nach der Wiedervereinigung noch bestehende Gegensätze hinter uns lassen." Sie fügte hinzu: "Ich habe deutlich gemacht, dass Ost und West nur gemeinsam nach vorn kommen können. Alles, was falsche Gegensätze zulässt, ob gewollt oder ungewollt, ist kontraproduktiv."
Auch Wulff rückt ab
Nach Merkel rückte auch der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) von Stoibers Aussagen ab. "Ich freue mich jeden Tag über die deutsche Einheit", sagte er der "Bild am Sonntag". Auf Auslandsreisen treffe er viele junge Ostdeutsche. "Sie sind nicht frustriert, sondern flexibel, motiviert und erfolgreich." CDU- Generalsekretär Volker Kauder nannte Stoibers Äußerungen in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" ebenfalls "nicht hilfreich".
Rückendeckung bekam Stoiber vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU). Den "Badischen Neuesten Nachrichten" sagte er: "Wir schelten auf niemand, der sich gegen uns entscheidet. Aber wir kritisieren, das ist der Kern einer Demokratie, unsere politischen Gegner, wenn sie auf dem falschen Kurs sind." Nach der Kritik an Stoiber war auch Oettinger wegen einer ähnlichen Aussage zitiert worden.