"heute wichtig" Causa Lambrecht: Wenn eine Verteidigungsministerin am ersten Tag des Kriegs sich die Nägel machen lässt

Christine Lambrecht hat vor allem "Instinktlosigkeit" gezeigt, meint der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke
Christine Lambrecht hat vor allem "Instinktlosigkeit" gezeigt, meint der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke
© Ján Krošlák / DPA
Im Regierungshelikopter fast nach Sylt – und das in Kriegszeiten. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht leistet sich in letzter Zeit gleich mehrere Fauxpas. Bei "heute wichtig" zweifelt der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke deshalb nicht nur an ihrer Eignung.

Mit dem Familien-Helikopter nach Sylt? Was klingen könnte wie ein kleiner Ausflug der "reichen Oberschicht", fällt gerade der Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht auf die Füße. Insbesondere vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen kritisiert der Politikexperte Albrecht von Lucke in der 273. Folge von "heute wichtig" an der SPD-Ministerin Lambrecht: "Diese Instinktlosigkeit spricht für ein fehlendes politisches Fingerspitzengefühl und damit eigentlich gegen die Fähigkeit, mit einem solchen Amt, in einer solchen Zeit, umzugehen." 

Der Vorfall: Christine Lambrecht hat an Ostern ihren 21-jährigen Sohn mit dem Regierungshubschrauber mitgenommen, von Berlin nach Norddeutschland zum Truppenbesuch – anschließend ging es weiter mit dem Auto nach Sylt. Und herausgekommen ist das Ganze, man mag es kaum glauben, weil ihr Sohn Schnappschüsse davon auf Instagram gepostet hat.  

Politikexperte über Lambrecht: "Die Nähe zur Materie war von Anfang an nicht gegeben"  

Gegen die Richtlinien soll die Ministerin damit nicht verstoßen haben, so ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums. Denn Minister:innen dürfen Familienangehörige in Regierungsmaschinen mitnehmen, wenn sie Teilkosten dafür übernehmen. Das soll Frau Lambrecht auch getan haben, sagte der Sprecher. Dafür wird Christine Lambrecht wohl nicht zurücktreten müssen, so der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke. Doch das Grundproblem sei ein anderes: "Diese Instinktlosigkeit – nicht deutlich zu machen, dass der Ernstfall eingezogen hat – die wird dann ein Politikum, weil sie auf die gesamte Koalition ausstrahlt." Dabei sei Lambrecht nicht die erste Verteidigungsministerin, die nicht besonders vertraut mit der Bundeswehr sei. Mit dem Unterschied: "Die Vorgänger hatten das große Glück, dass es nicht zum Ernstfall kam."

Michel Abdollahi
© TVNOW / Andreas Friese

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"Zwei Quotenfrauen sind mittlerweile gescheitert" 

Nun führt Christine Lambrecht ein Bundesverteidigungsministerium und ist damit Oberbefehlshaberin einer Bundeswehr, die eigentlich den oft genannten großen Wurf nötig hätte. Von Lucke macht deutlich: "Das Kardinalproblem der Politik besteht darin, dass sie in den letzten zwei Dekaden die Verteidigungspolitik sträflich vernachlässigt hat." Das ist nicht nur das Versagen von Christine Lambrecht. Doch agiert sie in dieser Krisensituation mindestens instinktlos. Von Lucke schreibt auch für die Monatszeitschrift "Blätter für deutsche und internationale Politik". Sein Fazit im Morgen-Podcast "heute wichtig" – der Rücktritt der ehemaligen Bundesfamilienministerin Anne Spiegel und nun die Fehler von Christine Lambrecht, würden auch Bundeskanzler Olaf Scholz schaden: "Es lässt die Frage aufkommen: Wo steht die SPD-Riege eigentlich in der Situation eines Ernstfalls? Was ist dieser Verteidigungsministerin zuzutrauen? Und das strahlt leider auf die gesamte Partei aus."

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tis / Etienne Cebulla