Sonntagabend
Die thüringische CDU holt das schlechteste Wahlergebnis seit der Wende. Doch offene Kritik an Ministerpräsident Dieter Althaus gibt es jetzt noch nicht. Nur im kleinen Kreis wird der Landesvorsitzende für die Schlappe mitverantwortlich gemacht. Im Konrad-Adenauer-Haus rechnet man noch damit, dass es weiterhin drei schwarz geführte Regierungen geben wird.
Dabei haben es Kritiker diesmal sehr leicht: Der gesamte Wahlkampf war auf Althaus zugeschnitten. Nun kann er besonders leicht für die hohen Verluste verantwortlich gemacht werden. Eine mögliche Argumentationsgrundlage liefert die Forschungsgruppe Wahlen. Die Meinungsforscher sagen, dass die Imagewerte von Althaus regelrecht "eingebrochen" seien. Das sei ein Hauptgrund für die Niederlage gewesen. Die meisten Beobachter erklären sich Althaus' Sympathieverlust mit seinem Verhalten nach dem schweren Skiunfall im Januar. Im Wahlkampf hatte er unter anderem der "Bild am Sonntag" ein Interview zu diesem Thema gegeben, obwohl er alle anderen Parteien gebeten hatte, seinen Unfall aus der Auseinandersetzung heraus zu halten.
Montag
Auf einer CDU-Pressekonferenz sagt Angela Merkel, der Rücktritt von Althaus sei "eine Frage, die jetzt nicht zur Debatte steht". Althaus steht daneben, seine Stimme klingt, als ob sie vom Tonband käme.
In einer gemeinsamen Sitzung der Kreisvorsitzenden und des Landesvorstands bekommt Althaus am Montag Zuspruch. Es gibt keine persönliche Kritik. Althaus bekommt vom CDU-Vorstand das Mandat für Sondierungsgespräche mit der SPD. Via Rundfunk meldet sich jedoch Landtagspräsidentin Dagmar Schipanski (CDU) zu Wort, die von ihrer Partei auf einen aussichtslosen Listenplatz abgeschoben worden war: "Dieter Althaus muss sehen, dass er in einem Team arbeitet." Eine Anspielung auf seinen Führungsstil.
Dienstag
Christine Lieberknecht stärkt ihrem Landesverbandsvorsitzenden den Rücken: "Ich halte gar nichts von Personaldiskussionen." Doch gerade sie wird zu diesem Zeitpunkt schon von der SPD als mögliche Nachfolgerin ins Spiel gebracht. Vera Lengsfeld fordert Althaus in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" auf, mit seinem Rücktritt den Weg für eine Große Koalition frei zu machen. Auch aus der SPD mehren sich die kritischen Stimmen. Später sagt Lengsfeld, dass ihre Äußerung auf Einschätzungen beruhe, die sie von den beiden Volksparteien aus Thüringen erhalten habe.
Mittwoch
Auch der Präsident des Gemeinde- und Städtebundes in Thüringen und Bürgermeister von Waltershausen, Michael Brychcy, fordert nun Althaus' Rücktritt. "Wenn man den Neuanfang will, dann geht es nicht anders", sagt er der "Thüringischen Allgemeinen".
CDU-Fraktionschef Mike Mohring nimmt Althaus in Schutz. Er sagt der "Welt": "Alle, die öffentlich etwas gesagt haben, konnten sich im Vorstand und in der Fraktion melden. Da gab es keine Forderung nach einem Rücktritt. Einige Parteifreunde haben sich missverstanden gefühlt. Althaus ist ohne jeden Widerspruch damit beauftragt worden, die Sondierungsgespräche mit der SPD zu führen."
Es gibt an diesem Tag eine Sitzung der Landtagsfraktion. Die Abgeordneten diskutieren offen über die Wahlschlappe, doch nichts deutet auf einen Rücktritt von Althaus hin. Einige CDU-Mandatsträger mahnen jedoch einen integrativeren Führungsstil an. War diese Kritik der letzte Anstoß für Althaus? Die offizielle Beschlusslinie lautet dennoch: Erst werden Sondierungsgespräche geführt, dann mit den möglichen Koalitionspartnern die inhaltlichen Fragen geklärt. Erst zum Ende soll über das Personal entschieden werden.
Donnerstag
Der engste Führungskreis um Althaus ist nicht informiert, als der Ministerpräsident seinen Rücktritt verkündet. Der Landesvorstand der CDU Thüringen ist überrascht von dieser Entscheidung. Man geht davon aus, dass es sich um eine persönliche Entscheidung von Althaus gehandelt habe. Eine, die sich über längere Zeit aufgebaut habe. Als Nachfolger sind nun Christine Lieberknecht und Birgit Diezel im Gespräch - wobei letztere schlechte Chancen eingeräumt werden, weil sie das Direktmandat in ihrem Wahlkreis Gera I verpasst hat.