WM 2010 - Deutschland - Serbien Wut und Enttäuschung in der Kabine

Einer der Knackpunkte im Spiel gegen Serbien war Kloses Platzverweis. Die Kartenflut stößt allen Beteiligten übel auf: "Das hat nichts mit Fußball zu tun", so die einhellige Meinung.

Den Zauber verloren, das Spiel verloren, Miroslav Klose verloren: Die deutsche Nationalmannschaft muss bei der Fußball-WM in Südafrika um den Einzug ins Achtelfinale zittern. Nach einer Gelb-Roten Karte für Klose (37.) unterlag die Auswahl des DFB in ihrem zweiten Gruppenspiel Serbien 0:1 (0:1) - zu allem Überfluss verschoss Lukas Podolski in Unterzahl noch einen Handelfmeter (60.). Deutschland steht nun vor einem Vorrunden-Endspiel gegen Ghana in Johannesburg. Die Black Stars spielen zunächst noch am Samstag gegen Australien.

Drei Mannschaften mit je drei Punkten

Milan Jovanovic erzielte eine Minute nach dem Platzverweis für Klose den Siegtreffer (38.) für die Serben, die nun wie Ghana und Deutschland drei Punkte auf dem Konto haben. Erleichtert wurde das Gegentor durch die mangelhafte Abstimmung in der deutschen Mannschaft, die aber nicht nur in der Defensive Defizite aufwies.

Erst in Unterzahl wurde die DFB-Auswahl immerhin offensiv kurzzeitig besser: Sami Khedira traf mit einem 12-Meter-Schuss die Querlatte (45.+1). Podolski aber vergab schließlich die Chance auf den Ausgleich. Vor dem zweiten Vorrundenspiel hatte sich Bundestrainer Joachim Löw noch in ein paar Andeutungen ergangen, doch dann liefen im Nelson-Mandela-Bay-Stadion zunächst jene Spieler auf, die bereits beim überzeugenden Auftritt gegen Australien (4:0) in der Anfangsformation gestanden hatten. Löw vertraute also erneut auf Klose sowie die Grünschnäbel Thomas Müller und Holger Badstuber. Darüber hinaus hatte Bastian Schweinsteiger seine Erkältung, die ihn unter der Woche zur einer Trainingspause gezwungen hatte, noch rechtzeitig auskuriert.

Serbien ein härterer Brocken als Australien

Von Beginn an zeichnete sich ab, dass die Serben ein härterer Brocken sein würden als Australien. Löw hatte seine Mannschaft im Vorfeld auch eindringlich vor den Serben gewarnt, nachdem diese ihren WM-Auftakt gegen Ghana (0:1) verpatzt hatten. Serbien sei ein "angeschlagener Boxer", hatte der Bundestrainer gesagt und daher einen "Kampf auf Biegen und Brechen" prophezeit. In der Tat waren Branislav Ivanovic und Aleksandar Kolarov für üble Fouls von hinten bereits frühzeitig mit Gelben Karten belastet.

Auch Klose und Khedira wurden allerdings früh verwarnt - beide für taktische Fouls. Ein Indiz dafür, dass die Deutschen mit ihrem Gegner einige Probleme hatten. Für Klose rächte sich dies in der 37. Minute, als er Dejan Stankovic von der Seite erwischte und vom autoritären, allerdings konsequenten Schiedsrichter Alberto Undiano (Spanien) sofort mit Gelb-Rot vom Platz geschickt wurde. Kurz zuvor hatte auch Philipp Lahm schon die Gelbe Karte gesehen - für ein Foul am serbischen Flügelflitzer Milos Krasic.

Bastian Schweinsteiger war angesichts der Kartenflut sauer: "Wenn man die ganzen Gelben Karten hier sieht, dann ist es ein Witz. Wenn es in jedem Spiel eine Rote Karte gibt, wie es hier der Fall ist, dann kann etwas nicht stimmen. Das ist nicht gut für den Fußball. In der Kabine herrscht Wut und Enttäuschung." Wie etwa bei Lukas Podolski, der auf mehr Fingerspitzengefühl des Schiedsrichters gehofft hatte: "Die gelb-rote Karte war sehr bitter für uns, weil sie nicht berechtigt war. Miro hat zwei Fouls gemacht und zweimal zückt er gelb", sagte der glücklose Stürmer. Auch ZDF-Experte Oliver Kahn übte harsche Kritik an den Schiedsrichter-Entscheidungen: "Man muss sich vor Augen halten, dass Fußball ein Kampfspiel ist. Das ist mir zuviel von Seiten der Schiedsrichter. Das hatte teilweise nichts mit Fußball zu tun."

Badstuber hatte Mühe mit Krasic

Besagter Krasic war der große Störfaktor in der deutschen Hintermannschaft, Linksverteidiger Badstuber hatte zunächst seine liebe Müh' und Not mit dem Profi von ZSKA Moskau. In der 38. Minute hatte der Aufsteiger vom FC Bayern München dann sogar entscheidend das Nachsehen: Krasic tanzte Badstuber aus, flankte in die Mitte auf den 202 Zentimeter langen Nikola Zigic, der erstaunlicherweise vom 32 Zentimeter kleineren Lahm bewacht wurde, Zigic köpfte zur Mitte, der ungedeckte Jovanovic staubte zur Führung ab. "Das ist ein blödes Gegentor. Wir geraten eine Minute vorher in Unterzahl. Dann wird es schwer, dann kommen Flanken", so Lahm.

Beiden Mannschaften, vor allem aber der DFB-Auswahl fehlte in der ersten Halbzeit der Esprit. Das Spiel plätscherte vor sich hin, vom hochgelobten deutschen Spielwitz gegen Australien war gegen die dicht gestaffelten Serben nichts zu sehen. Der Spielaufbau war eher behäbig, Kombinationen blieben im Ansatz stecken, Flanken flogen ins Nirgendwo. Die beste Gelegenheit entsprang bezeichnenderweise einer verunglückten Kopfballabwehr von Nemanja Vidic, Podolski aber zielte bei seinem Volleyschuss knapp neben das Tor (7.).

Viele Chancen, keine Tore

Nach der Pause zogen sich die Serben früh weit zurück, überließen den Deutschen das Mittelfeld und konzentrierten sich auf Konter. "In der ersten Halbzeit waren wir sehr gut. In der zweiten Halbzeit haben wir das Ergebnis verwaltet", sagte Serben-Trainer Radomir Antic. Bundestrainer Löw peitschte seine Mannschaft nach vorne. Nur mit der Chancenverwertung haperte es. Schweinsteiger war nach einem klugen Pass von Lahm zu langsam gegen Vidic (54.), viel zu zaghaft bei einer Schusschance aus 16 Metern (55.), Podolski verzog freistehend (57.), schoss ans Außennetz (59.) und scheiterte dann kläglich beim Elfmeter, den Vidic mit einem recht kuriosen Handspiel verschuldet hatte: Der Kölner, wie Klose einer der Torschützen gegen Australien, schoss den Ball so schwach, dass Vladimir Stojakovic mühelos abwehren konnte.

Der Elan der deutschen Mannschaft ließ aber nach einer Stunde nach, nun waren wieder die Serben am Drücker und hatten noch mehrere Großchancen. Deutschland dagegen brachte offensiv so gut wie nichts mehr zustande. Nach dem Spiel sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger: "Ich beurteile keine Schiedsrichterleistungen. Aber in der Kabine habe ich gesagt, wir können fünf Minuten traurig sein, aber das Turnier ist noch nicht beendet. Es geht jetzt erst richtig los, und ich denke, das schaffen wir." Ähnlich Jogi Löw: "Ich denke, wir dürfen jetzt nicht den Kopf hängen lassen. Wir haben eine gute Chance, das Achtelfinale zu erreichen und das werden wir auch schaffen."

P.S.: Sind Sie enttäuscht vom Auftritt der DFB-Elf? Diskutieren Sie das Thema auf Fankurve 2010 der Facebook-Fußballfanseite von stern.de.

SID
SID/nik

PRODUKTE & TIPPS