Reportage Warten auf den Stromschlag

Le Mans 2022
Le Mans 2022
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Die 90. Auflage des 24-Stunden-Rennens von Le Mans war einmal mehr echte Schau. Doch gerade in der Topliga der Hypercars sieht es nach dem Ausstieg der meisten Autohersteller seit Jahren schwierig aus. Toyota kämpft mehr unter sich als gegen die Konkurrenz. Doch wie geht es in den kommenden Jahren weiter?

Le Mans ist das bekannteste Autorennen des Jahres. Diesmal fuhr Toyota der dünnen Konkurrenz von Glickenhaus (Privatteam) und Alpine (Renault) wieder einmal um die Ohren und für den prächtigen Sport in den GT-Ligen interessiert sich die Öffentlichkeit ebenso allenfalls am Rande wie für die LMP2-Renner. Was nichts daran ändert, dass das in Köln beheimatete Toyota-Team von Gazoo Racing einen grandiosen Job machte und sich in diesem Jahr die Startnummer 8 mit den Fahrern Sébastien Buemi, Ryo Hirakawa und Brendon Hartley im teaminternen Wettkampf gegen den Vorjahressieger mit der Nummer sieben mit Mike Conway, Kamui Kobayashi und José María López durchsetzte.

Spannender war es in den GT-Klassen, wo der führende Porsche 911 RSR mit der Startnummer 92 mit einem Reifenschaden auf Platz vier zurückfiel. Hier holte sich letztlich Porsche mit seiner Nummer 91 den Sieg in der GTE Pro Klasse im 911 RSR – den 109. Klassensieg in Le Mans. Ein einsamer Rekord. „Das Porsche GT Team hat unsere großartige Tradition bei den 24 Stunden von Le Mans am heutigen Tage fortgeschrieben. Dieser Erfolg macht mich sehr stolz“, so Michael Steiner, Entwicklungsvorstand bei Porsche. In der GTE Am Klasse siegte der Aston Martin Vantage mit Ben Keating, Marco Sørensen und Henrique Chaves.

So blass das Rennen in der Topklasse in diesem Jahr war, so spannend könnte es in den kommenden Jahren werden, denn mehrere Tophersteller wollen ab 2023 / 2024 wieder in die WEC-/ Le-Mans-Serie einsteigen. Insbesondere die Hyperklasse und die neue LMDh-Liga wecken Hoffnungen bei Publikum, Sponsoren und Herstellern. Doch wer kommt denn nun in den nächsten Jahren? Auch bei der 90. Auflage der 24 Stunden von Le Mans ging es abseits vom wenig spektakulären Renngeschehen oftmals mehr um den Ausblick auf die nächsten Veranstaltungen, denn um das Rennen selbst. Alle hoffen darauf, dass der heiße Wettbewerb in der Hyperklasse – ehemals LMP1 – zurückkehrt und sich die heißen Kämpfe nicht nur in den GT-Klassen zwischen Porsche, Aston Martin, Ferrari und Corvette abspielen. Denn in der Hyperklasse kämpfte das Glickenhaus-Privatteam mit stumpfen Waffen und auch Renault hatte mit seinem Alpine nie eine Chance gegen die professionellen Japaner von Toyota, die seit 2018 ihren fünften Sieg in Folge feierten. Für die nächsten beiden Jahre haben sich mit Porsche, Ferrari, Aston Martin, Cadillac und Honda / Acura Hersteller angekündigt, die das Ganze wieder zu einem echten Höhepunkt werden lassen sollen. Es scheint gut möglich, dass auch BMW mit seinem neuen LMDh-Boliden nicht nur in der amerikanischen IMSA-Serie, sondern leicht modifiziert ab 2024 auch in Le Mans antritt. Hier hatten die Bayern zuletzt 1999 gewonnen. Seither gab es zahllose Siege von Audi, ein hybrides Dreierpack von Porsche mit seinem 919 und seit 2018 kommt an Toyota keiner mehr vorbei – auch weil die starke Konkurrenz fehlt.

Nahezu alle sportlich positionierten Autohersteller suchen nach einer Plattform, um sich trotz des großen Umschwungs zur Elektromobilität auf einer internationalen Rennsportbühne zu präsentieren, um Image und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die Top-WEC-Klassen werden dabei zunehmend elektrifiziert, was dem ein oder anderen Hersteller bei den anhaltenden Elektrifizierungsstrategien den Einstieg erleichtert. Ein anhaltendes Problem bleiben die Kosten, denn ein mehrjähriges WEC- Engagement mit realen Titelchancen und insbesondere einem imageträchtigen Le-Mans-Sieg kostet viele hundert Millionen Euro – Geld das viele Marken nicht ausgeben können oder wollen. Das erhöhte Maß der Elektrifizierung macht das Ganze dabei nicht einfacher. Daher bemühen sich alle Marken bereits im Vorfeld, die Kosten in Grenzen zu halten, indem man zum Beispiel auf Einheitschassis und etablierte Motorentechnik setzt. BMW hat dem bekannten Vierliter-V8 mit einem Doppelturbolader Flügel verliehen, um ihn in den LMDh-Boliden zu verpflanzen. Auch Marken wie Seriensieger Toyota oder die lange Jahre in den GT- Klassen mit der Corvette erfolgreichen Teams von General Motors versuchen, Hightech mit Kostenreduktionen unter einen Hut zu bringen.

Cadillac wird wieder auf der Weltbühne des Rennsports antreten, und wir sind alle begeistert, nach 20 Jahren nach Le Mans zurückzukehren", sagt Cadillac-Chef Rory Harvey, „indem wir 2023 sowohl in der IMSA- als auch in der WEC-Meisterschaft antreten, hat Cadillac Racing die Möglichkeit, sein Können, seine Handwerkskunst und seine Technologie unter Beweis zu stellen.“ Bleibt für die Marken die Frage, ob man in die kostengünstige LMDh-Klasse geht oder gleich in die Hyperliga, die mehr technische Freiheiten bietet; die Kosten jedoch noch weiter in die Höhe treibt. Peugeot, 2012 überraschend ausgestiegen, will mit seinem 9X8 in deren Hyperklasse LMh antreten und hier an die Erfolge von 908 und 905 anknüpfen. Der neu entwickelte Renner wird von einem 500 kW starken V6-Turbobenziner an der Hinterachse angetrieben, der beim Boosten an der Vorderachse weitere 200 kW / 272 PS bereitstellt und so zum Allradler wird. Unklar ist, wie es mit Aston Martin weitergeht. An sich sollte der Valkyrie in der Hyperklasse antreten, doch das Projekt wurde 2020 wegen technischer wie finanzieller Probleme gestoppt. Der Aston Martin AMR Pro scheint noch nicht ganz gestorben zu sein. Hoffentlich wird es kein Flop wie der Nissan-Auftritt 2015. Nach dem schwachen Abschneiden des Nissan GT-R LM Nismo in Le Mans wurde das Hybridprojekt wieder eingestellt, noch bevor es so recht begonnen hatte.

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