Die Flüchtlingskrise hält das Land weiter in Atem. Die Kanzlerin bleibt bei ihrem "Wir schaffen das!" Politische Freunde und Gegner kritisieren ihren Kurs. Und die Situation ist angespannt. Bayern will ein Flüchtlingsstopp an der deutschen Grenze, die Lehrer-Gewerkschaft fordert 38.000 zusätzliche Pädagogen. Ein Wirtschaftsexperte sieht in der Flüchtlingskrise allerdings auch ein "kleines Konjunkturprogramm".
+++ 23.58 Uhr: Gute Nacht! +++
Liebe Leserinnen und Leser,
das war es für heute. Morgen halten wir sie wieder zu allen Entwicklungen in der Flüchtlingskrise auf dem Laufenden.
Ihre stern-Redaktion
+++ 22.49 Uhr: Merkel lehnt Seehofers Vorschlag ab +++
Nach der Ankündigung bayerischer "Notwehr-Maßnahmen" in der Flüchtlingskrise spricht sich Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen die pauschale Zurückweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze aus. Auf einer CDU-Veranstaltung in Wuppertal sagt sie mit Hinweis auf einen Asylbewerber aus einem sicheren Herkunftsstaat: "Ich kann ihm nicht gleich an der Grenze sagen 'Du musst zurück' oder 'Du kommst hier nicht rein'." Erst müsse man sich jeden Fall anschauen.
+++ 21.33 Uhr: EU verstärkt Zusammenarbeit mit Balkanstaaten +++
Die EU geht gemeinsam mit den Staaten des westlichen Balkans und der Türkei die Bewältigung der Flüchtlingskrise an. Die Außen- und Innenminister der EU trafen in Luxemburg erstmals mit ihren Kollegen aus den Ländern entlang der Westbalkanroute zusammen, die zuletzt zum Hauptfluchtkorridor nach Europa geworden ist. Sie vereinbaren eine enge Zusammenarbeit, die EU sagte auch mehr finanzielle Unterstützung zu.
"Wir stehen alle derselben Herausforderung gegenüber", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. "Als Partner müssen wir gemeinsam darauf mit Solidarität antworten." An dem Treffen nahmen zudem Jordanien und der Libanon teil, die als Nachbarstaaten Millionen Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufgenommen haben.
+++ 21.00 Uhr: Österreich wehrt sich gegen Seehofer-Vorstoß +++
Österreich will auf mögliche "Notmaßnahmen" Bayerns in der Flüchtlingskrise reagieren. "Wenn Bayern beginnt, hier die Flüchtlingsströme zu verlangsamen, hier mehr zu kontrollieren, dann wird auch Österreich dazu übergehen müssen, hier den Flüchtlingsstrom zu verlangsamen und hier auch intensiver und umfassender zu
kontrollieren", sagt die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner bei einem Treffen in Luxemburg.
+++ 19.52 Uhr: Seehofer will Flüchtlinge zurückschicken +++
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will Flüchtlinge notfalls nach Österreich zurückschicken. Das kündigt Seehofer mit Blick auf die Sitzung des Landeskabinetts in der "Bild"-Zeitung an. In der Freitagsausgabe des Blattes spricht Seehofer von "Maßnahmen der Notwehr zur Begrenzung der Zuwanderung". Die österreichische Regierung warnte generell vor "Einzelmaßnahmen" in der Flüchtlingskrise, sah aber noch keinen Konflikt mit dem Freistaat.
Zu dem Maßnahmenpaket gehörten "Zurückweisungen an der Grenze zu Österreich und unmittelbare Weiterleitung neu eintreffender Asylbewerber innerhalb Deutschlands", sagt Seehofer weiter. In der Kabinettsitzung solle es allerdings auch um Maßnahmen der Integration, Bildung und Ausbildung von Flüchtlingen gehen.
+++ 19.43 Uhr: Zentralrat der Juden warnt vor wachsendem Antisemitismus +++
Der Zentralrat der Juden in Deutschland ist angesichts der steigenden Zahl muslimischer Flüchtlinge über einen möglicherweise zunehmenden Antisemitismus besorgt. "Wenn man zwanzig oder dreißig Jahre lang mit einem israel- und judenfeindlichen Bild aufgewachsen ist, dann wird man dieses Bild nicht einfach an der deutschen Grenze aufgeben", sagt Zentralrats-Vorsitzender Josef Schuster der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag). Daher müsse allen Flüchtlingen nahegelegt werden, dass in Deutschland "das Grundgesetz die Lebensgrundlage aller Menschen ist und zur unserem Wertekanon die Ablehnung jeglicher Form von Antisemitismus sowie das Bekenntnis zum Existenzrecht Israels dazugehören".
+++ 19.20 Uhr: EU fliegt Flüchtlinge aus Italien nach Schweden +++
Die Europäische Union beginnt am Freitag mit der Umverteilung zehntausender Flüchtlinge innerhalb ihrer Mitgliedstaaten. 20 Menschen aus Eritrea werden am Morgen vom römischen Flughafen Ciampino nach Schweden fliegen, wo sie Asyl suchen. Am Flughafen werden die Flüchtlinge von EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos, dem luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn und seinem italienischen Kollegen Angelino Alfano verabschiedet.
+++ 18.52 Uhr: Flüchtling findet zufällig Schwester wieder +++
Ein syrischer Flüchtlings-Dolmetscher hat in Dresden seine verloren geglaubte Schwester zufällig wiedergefunden, wie die Polizei mitteilt. Von Syrien aus hatte sich die 27-Jährige demnach über die Balkanroute zunächst bis nach Österreich durchgeschlagen. Bis dahin hatte sie Kontakt gehalten mit ihrem Bruder, der für die Bundespolizei als Übersetzer arbeitet. Doch seit sie in Österreich war, habe plötzlich Funkstille geherrscht. In Dresden angekommen, bat die junge Frau die Polizei um Hilfe. Wie üblich bestellten die Beamten einen Dolmetscher - und ihr Bruder kam.
Gesehen hatten sich die beiden vier Jahre lang nicht, zuletzt bei der Beerdigung ihres Vaters. In der Zwischenzeit sei das Wohnhaus der syrischen Familie in Damaskus von Bomben zerstört worden. Nach ihrer langen Reise fürchtete der 46 Jahre alte Bruder um seine Schwester, so die Polizei weiter. "Ich wollte noch 24 Stunden warten und dann eine Vermisstenanzeige aufgeben", schilderte der Dolmetscher nach Angaben der Polizei.
+++ 18.23 Uhr: Ungarische Justiz soll Flüchtlingsdrama üübernehmen +++
Die österreichische Justiz will das Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsdrama mit 71 Toten an Ungarn abgeben. Wie die Staatsanwaltschaft Eisenstadt im Burgenland mitteilt, wurden die ungarischen Behörden darum gebeten, fortan die Strafermittlungen zu übernehmen. Das "gesamte Strafverfahren" solle zentralisiert von Ungarn geleitet werden, da die Ermittlungen auf österreichischer Seite abgeschlossen und die Flüchtlinge wohl noch in Ungarn ums Leben gekommen seien, sagt Sprecher Roland Koch der Nachrichtenagentur AFP.
An einer Autobahn im Burgenland war Ende August ein Kühllaster mit 71 toten Flüchtlingen entdeckt worden. Bei den Schutzsuchenden handelte es sich um 59 Männer, acht Frauen und vier Kinder. Sie stammten vor allem aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Den Ermittlungen zufolge wurden die Flüchtlinge an der Grenze zwischen Ungarn und Serbien abgeholt und nach Österreich gebracht.
Die Autopsie ergab, dass die 71 Menschen aller Wahrscheinlichkeit nach erstickten, als sich das Fahrzeug noch in Ungarn aufhielt - somit ergibt sich die Zuständigkeit des Landes für den Tatort des Verbrechens.
+++ 17.07 Uhr: Libyen verhaftet 300 Flüchtlinge +++
Die libyschen Behörden nehmen fast 300 Flüchtlinge festgenommen, bevor diese in Boote Richtung Europa steigen können. Die insgesamt 289 Auswanderer, darunter mehr als hundert Senegalesen, seien an einem Sammelplatz zehn Kilometer östlich von Tripolis aufgegriffen und in ein Gefängnis im Zentrum der Hauptstadt gebracht worden, sagt ein Behördenvertreter.
Die Festnahme erfolgte einen Tag nach dem Start der zweiten Phase des Anti-Schlepper-Einsatzes der EU im Mittelmeer. Im Rahmen der Marinemission "Sophia" geht die EU seit Mittwoch mit Kriegsschiffen gegen Schlepperbanden vor.
+++ 16.17 Uhr: Feuer in Grimma wurde gelegt +++
Das Feuer in einer geplanten Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Grimma am Morgen ist nach Angaben der Polizei gelegt worden. Brandexperten könnten einen technischen Defekt als Ursache ausschließen, teilt das Operative Abwehrzentrum (OAZ) in Leipzig mit. Die Extremismusexperten der Polizei haben die Ermittlungen übernommen. Ein politisch motivierter Hintergrund für die Tat könne nicht ausgeschlossen werden. Hinweise auf den Täter gebe es noch nicht.
+++ 15.37 Uhr: Flüchtlinge attackieren Polizisten bei Festnahme +++
In Thüringen sind Polizisten bei der Festnahme eines Irakers in einem Flüchtlingsheim von anderen Asylbewerbern angegriffen worden. Die Beamten gingen in der Nacht zu heute in Ohrdruf bei Gotha gegen einen 29 Jahre alten Mann vor, der ein Kind einer syrischen Familie missbraucht haben soll. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen mit anderen Bewohnern. "Allem Anschein nach wurde versucht, dem mutmaßlichen Täter habhaft zu werden", sagt eine Polizeisprecherin.
Schon beim Eintreffen der Polizisten hätten sich 100 Personen vor dem Gebäude aufgehalten. Die Polizei beschrieb die Stimmung als sehr aufgeheizt. Die Beamten hätten nur mit Pfefferspray die aufgebrachte Menge zurückdrängen und den Iraker mitnehmen können. Es habe Tritte gegen den Einsatzwagen gegeben.
+++ 14.45 Uhr: Unruhe im Westerwald - Tausende Flüchtlinge erwartet+++
Eine neue Erstaufnahmeeinrichtung für Tausende Flüchtlinge auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz im Westerwald sorgt für Unruhe. Bis zu 3000 Flüchtlinge sollen am Stegskopf im Kreis Altenkirchen bis zum Jahresende ein Dach über dem Kopf finden. Das rheinland-pfälzische Integrationsministerium bestätigte am Donnerstag Medienberichte über eine Versammlung mit vielen hundert Bürgern am Mittwochabend mit Ressortchefin Irene Alt (Grüne) im nahen Daaden (4300 Einwohner). Bislang war von 1500 Asylbewerbern die Rede gewesen. Diese Zahl soll laut Ministerium in Kürze erreicht werden - und sich im Dezember verdoppeln.
+++14.45 Uhr: Verdächtiger nach Brandanschlag von Tröglitz gefasst+++
Sechs Monate nach dem Brandanschlag auf eine bezugsfertige Flüchtlingsunterkunft in Tröglitz hat die Polizei einen Verdächtigen gefasst. Die Staatsanwaltschaft Halle habe Haftbefehl beantragt, sagte Oberstaatsanwältin Heike Geyer am Donnerstag und bestätigte Informationen des Senders MDR Info.
+++13.49 Uhr: Flüchtlingskinder sollen schnell in Regelklassen+++
Bayerns Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU) sieht die Bundesländer beim Umgang mit Schülern aus Flüchtlingsfamilien grundsätzlich auf einer gemeinsamen Linie. "Die Übereinstimmung ist ganz eindeutig, dass es darum geht, die jungen Menschen möglichst schnell in Regelklassen einzuschulen", sagte der Koordinator der unionsregierten Länder in der Kultusministerkonferenz (KMK) am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Es gebe "die Grundlinie, möglichst rasch Sprachkompetenz herzustellen. Ob es bei dem einen Land drei Monate oder beim anderen fünf Monate sind bis zur Einschulung in eine Regelklasse, ist dann eher sekundär."
+++13.41 Uhr: Gabriel - können keine Zugbrücke gegen Flüchtlinge hochklappen+++
Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich in der Flüchtlingsdebatte hinter Kanzlerin Angela Merkel gestellt und sie vor Kritik aus der Union in Schutz genommen. Er stimme mit Merkel überein, dass man die Grenzen nicht einfach dichtmachen könne, sagte Gabriel in Wolfsburg zu Äußerungen etwa von CSU-Chef Horst Seehofer. "Dann muss jemand sagen, wie das gehen soll: Sollen wir dort die Bundeswehr aufmarschieren lassen - mit aufgepflanztem Bajonett?", fragte er. Das wolle niemand. "Wir haben ja keine Zugbrücke, die wir hochziehen können." Die Menschen kämen auch nicht wegen ein paar Selfie-Fotos mit der Kanzlerin, sondern weil die Weltgemeinschaft lange etwa in der Syrien-Krise nicht gehandelt habe.
Man müsse jetzt die Fluchtursachen stärker als früher bekämpfen und mit der Türkei stärker zusammenarbeiten. "Ich glaube, dass die Linie der Kanzlerin, dass wir den Menschen nichts vormachen dürfen, richtig ist." Man werde die Flüchtlingsbewegung nicht allein durch Innenpolitik aufhalten."
+++12.38 Uhr: GEW fordert 38.000 zusätzliche Pädagogen für Flüchtlinge+++
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert für die Bildung von Flüchtlingen zehntausende zusätzliche Lehrer und Erzieher. "Alle Flüchtlinge und Asylsuchenden müssen von Anfang an Zugang zu Bildung bekommen", forderte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Donnerstag in Berlin. Vor allem müssten Kitas, Schulen, Berufsschulen, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen so ausgestattet werden, dass Flüchtlinge und Asylsuchende schnell die deutsche Sprache lernen könnten. Der Bund müsse den größten Teil der Kosten tragen.
+++12.30 Uhr: Leipzig wirbt mit Großplakat für Toleranz gegenüber Flüchtlingen+++
Mit einem Großplakat am Rathaus wirbt die Stadt Leipzig für Toleranz gegenüber Flüchtlingen. Die beiden Motive am Neuen Rathaus zeigen eine Aufnahme aus dem zerstörten Danzig aus dem Jahr 1945 sowie ein aktuelles Foto aus der syrischen Stadt Kobane, die eine "bedrückende Ähnlichkeit" zeigten, wie die Stadtverwaltung am Donnerstag mitteilte. Die Aufnahmen dokumentierten, "was Flucht bedeutet: Not, Ausweglosigkeit, Heimatlosigkeit - unabhängig von Jahrhunderten und Kontinenten". Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) erinnerte daran, dass das Menschenrecht auf Asyl "nicht teilbar" sei und unabhängig von der Nationalität gelte. "Vor gerade einmal 70 Jahren haben Zehntausende unserer Eltern und Großeltern am eigenen Leib erfahren müssen, was es heißt, die Heimat zu verlieren." So gut wie jede deutsche Familie habe Fluchterfahrung, gehöre selbst zu den Vertriebenen oder habe Flüchtlinge aufgenommen. "Wir haben diese Situation damals in deutlich schlechteren Zeiten gemeistert", erklärte Jung. Es müsse heute "gelingen, Zuwanderung zu steuern und zu organisieren". Dabei dürften weder Flüchtlinge noch Einheimische überfordert werden.
+++12.20 Uhr: Pensionäre sollen in Flüchtlingskrise aushelfen+++
Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise werden in Deutschland zunehmend Pensionäre aus dem Ruhestand zurückgeholt. Auf eine Anfrage des Stuttgarter Regierungspräsidiums hätten sich bisher 40 Pensionäre gemeldet, teilte die Behörde der Deutschen Presse-Agentur mit. Von November an sollen die ehemaligen Mitarbeiter in der Landeserstaufnahmestelle in Ellwangen eingesetzt werden. "Hier benötigen wir dringend Unterstützung bei der Registrierung der Flüchtlinge", schreibt die Behörde.
Beim Unterricht für Flüchtlingskinder sollen im Südwesten ehemalige Lehrer eingesetzt werden. Auch andere Bundesländer setzen angesichts des Andrangs von Flüchtlingen auf Ruheständler: So hat beispielsweise Hessen bisher rund 110 Polizeibeamte aus dem Ruhestand zurückgeholt. Nach Angaben des hessischen Innenministeriums erledigen sie Aufgaben in der Verwaltung.
+++12.12 Uhr: Schwesig will Flüchtlingskinder und -frauen besser schützen+++
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) drängt auf einen besseren Schutz für Frauen und Kinder in Flüchtlingsunterkünften vor Gewalt und Missbrauch. "Jeder Fall von Gewalt, Vergewaltigung und Kindesmissbrauch ist einer zu viel", sagte Schwesig der "Passauer Neuen Presse" vom Donnerstag. Sie verwies auf positive Beispiele in Darmstadt und Hamburg, wo Frauen separat untergebracht oder ihnen besondere Schutzzelte angeboten würden.
Generell müsse es in Flüchtlingsunterkünften "abschließbare Toiletten und Duschräume geben, um Schutz und Privatsphäre zu gewährleisten", forderte Schwesig weiter. Dies sei wichtig, weil in den Unterkünften in der Regel überwiegend Männer leben und Frauen kaum Rückzugsmöglichkeiten haben.
Die SPD-Politikerin rief auch dazu auf, mit dem Thema offen umzugehen: "Ich möchte nicht, dass eine Frau bei Missbrauch oder Gewalt schweigt, nur weil sie fürchtet, nicht in Deutschland bleiben zu dürfen". Sie erneuerte auch die Forderung, dass Betreuer in Flüchtlingsheimen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müssten, um sicherzugehen, "dass sie nicht schon einmal wegen Missbrauchsdelikten auffällig geworden sind".
+++11.55 Uhr: Flüchtlinge sollen in winterfesten Holzhäusern untergebracht werden+++
Der Platz in Flüchtlingsunterkünften ist knapp - jetzt naht auch noch die kalte Jahreszeit: Holzhäuser sollen in den Kommunen Abhilfe schaffen. "Wir wollen einfache Holzhäuser bauen, die winterfest sind", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds (DStGB), Gerd Landsberg, der "Welt" (Donnerstag). Die Gebäude sollen in Modulbauweise errichtet werden und Platz für hundert oder mehr Menschen bieten. Landsberg kündigte an, dass die ersten Holzhäuser in wenigen Wochen stehen könnten. Die Baupläne sollen so einfach sein, "dass das jede mittelständische Schreinerei in ein bis zwei Monaten hinkriegt". Der Markt für Wohncontainer sei praktisch leer gefegt. Die Lieferzeit für diese winterfesten Unterkünfte betrage zurzeit zehn Monate oder länger, sagte Landsberg. Auch der Platz in öffentlichen Gebäuden wie Turnhallen werde langsam knapp.
+++11.45 Uhr: Gewerkschaft erwartet wegen Flüchtlingen 300.000 zusätzliche Schüler+++
Wegen der Zuwanderung von Flüchtlingen muss das deutsche Schulsystem nach Ansicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) innerhalb des nächsten Jahres etwa 300.000 zusätzliche Schüler aufnehmen. Um auch diese qualitativ gut unterrichten zu können, seien unter anderem rund 24.000 zusätzliche Lehrer notwendig, erklärte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Donnerstag in Berlin. Daneben bräuchten die Schulen Fachkräfte zur Bewältigung unterschiedlicher Problemlagen, darunter etwa Schulpsychologen, Sozialarbeiter sowie Erzieher.
An Kitas rechnet die Gewerkschaft mit bis zu 100.000 Kindern, für deren Betreuung rund 14.000 zusätzliche Erzieher benötigt werden. "Bildung ist der Schlüssel für eine gelingende Integration von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Deutschland", erklärte Tepe. Die Beschäftigten in Bildungssektor seien bereit, "ihren Beitrag" zur Bewältigung der Situation zu leisten. Besondere Anstrengungen forderte die GEW bei Angeboten zum Erlernen der deutschen Sprache. Ansonsten könnten die Betroffenen die übrigen Bildungsangebote nicht wahrnehmen, betonte Tepe. Kitas, Schulen, Berufsschulen sowie Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen für Erwachsene müssten entsprechend ausgestattet werden.
+++11.15 Uhr: Merkel kritisiert Osteuropäer wegen Flüchtlingen+++
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Medienberichten zufolge vor EU-Abgeordneten die Haltung der osteuropäischen Staaten in der Flüchtlingskrise scharf kritisiert. Vor ihrer Rede im Europaparlament in Straßburg habe sie am Mittwoch in der christdemokratischen EVP-Fraktion an die Zeiten vor dem Fall des Eisernen Vorhangs erinnert und vor Abschottung gewarnt, berichteten "Politico" und Spiegel Online am Donnerstag unter Berufung auf Teilnehmer.
Die Osteuropäer - und zu denen zähle sie sich auch - hätten doch gesehen, dass Isolation nicht weiterführe, zitierten Teilnehmer die Kanzlerin. Die Flüchtlinge ließen sich durch Grenzzäune nicht aufhalten, das wisse sie aus eigener Erfahrung, denn schließlich habe sie lange genug hinter einem Grenzzaun gelebt. "Dass gerade diejenigen, die so froh über das Ende des Kalten Krieges sein können, denken, aus der Globalisierung könne man sich heraus halten, kommt mir irgendwie komisch vor."
Zudem habe sie mangelnde Toleranz gegenüber den Flüchtlingen angeprangert. "Wenn aber jemand sagt, das ist nicht mein Europa, wenn da Muslime im Land leben, dann muss ich sagen: Das sind Sachen, die kann man nicht verhandeln", zitierten Abgeordnete die Kanzlerin.
+++11.10 Uhr: Wirtschaftsinstitute erwarten 1,5 Millionen Flüchtlinge bis Ende 2016+++
Die Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten in diesem und im nächsten Jahr insgesamt 1,5 Millionen Asylsuchende in Deutschland. Bis Ende 2015 schätzen sie die Zahl der ankommenden Flüchtlinge auf 900 000, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Herbstgutachten der Top-Regierungsberater hervorgeht. Die Bundesregierung geht offiziell von 800 000 aus. Zur Jahreswende dürfte die Zuwanderung dann etwas abebben, weil weitere Länder als sichere Herkunftsstaaten eingestuft wurden und das Dubliner Verfahren wieder konsequenter angewandt werden könnte: "Gleichwohl nehmen die Institute an, dass es im Jahr 2016 noch zu 600 000 Zugängen kommt."
+++10.48 Uhr: Bayern will Flüchtlingsstopp an deutscher Grenze+++
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat die Bundesregierung aufgefordert, die deutsche Grenze für Flüchtlinge aus sicheren Drittstaaten wie Österreich zu schließen. Der CSU-Politiker sagte am Donnerstag im SWR-Hörfunk, nach dem Grundgesetz habe jemand, der aus einem sicheren Land nach Deutschland komme, keinen Anspruch auf politisches Asyl. Dies werde zurzeit durch die so genannte Dublin-Regelung in der EU überlagert, wonach Flüchtlinge aus sicheren Drittstaaten dorthin zurück ins Asylverfahren müssen. Wenn Dublin aber nicht funktioniere, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel sage, dann müsse man stattdessen eben deutsches Verfassungsrecht anwenden, sagte Herrmann.
+++10.41 Uhr: De Maiziére unterstützt EU-Pläne für schnelle Abschiebungen+++
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) unterstützt die EU-Pläne, Flüchtlinge ohne Anspruch auf Asyl schnell wieder abzuschieben. "Wir können schutzbedürftigen Flüchtlingen nur dann Platz bieten und Unterstützung geben, wenn die nicht Schutzbedürftigen gar nicht erst kommen oder schnell zurückgeführt werden", sagte de Maizière am Donnerstag beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg. Er stellte sich auch hinter das Vorhaben, die Wirtschafts- und Entwicklungspolitik als Anreiz einzusetzen, um Herkunftsländer von Flüchtlingen zur Wiederaufnahme ihrer Bürger zu bewegen.
+++9.20 Uhr: Österreichs Bundeskanzler bezweifelt Zeitplan für EU-Hotsports+++
Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann bezweifelt, dass die geplante Errichtung von Registrierungsstellen für Flüchtlinge bis Ende November realisierbar ist. "Selbst bis Ende des Jahres bin ich nur dann zuversichtlich, wenn es auch eine zentrale Koordination gibt, wesentlich mehr Mittel und wesentlich mehr Personal", sagte Faymann in einem am Donnerstag ausgestrahlten Interview mit dem Österreichischen Rundfunk (ORF).
Um wieder Ordnung in die chaotischen Zustände auf der Balkanroute und an den Grenzen zu schaffen, wurde von der EU die Errichtung von sogenannten Hotspots für Flüchtlinge in Griechenland und Italien beschlossen. Zudem wurde vereinbart, dass 120.000 Flüchtlinge über die EU verteilt werden sollen.
+++9.05 Uhr: Altmaier will mit Türkei über Flüchtlingskrise reden+++
Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) setzt bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise vor allem auf Gespräche mit der Türkei. Der neue Koordinator der Bundesregierung für die Flüchtlingspolitik sagte am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin", die Bundesregierung werde mit der Regierung in Ankara darüber reden, ob es "eine Alternative für den ungeordneten Strom von Flüchtlingen" gebe, die derzeit unter anderem über die Türkei nach Deutschland kämen.
Deutschland könne sich nicht aussuchen, wie viele Menschen momentan "vor Not und Leid und Elend fliehen", sagte Altmaier. "Und deshalb müssen wir beides gleichzeitig tun: An der Quelle dieser Entwicklung dafür arbeiten, dass Ordnung entsteht, und gleichzeitig im Inland dafür sorgen, dass die Menschen nicht überfordert werden."
Um die Länder und Kommunen zu unterstützen, seien bereits konkrete Beschlüsse gefasst und rund fünf Milliarden Euro zur Verfügung gestellt worden, erklärte Altmaier, der die politische Koordinierung der Flüchtlingskrise übernehmen soll.
+++ 8.27 Uhr: 8000 Teilnehmer an AfD-Demo gegen Asylpolitik +++
In Erfurt haben am Mittwochabend Tausende Menschen gegen die Asylpolitik in Deutschland demonstriert. Laut Polizei beteiligten sich rund 8000 Demonstranten an der Veranstaltung der Alternative für Deutschland (AfD). Das waren deutlich mehr als in der Vorwoche. Es gab auch mehrere Gegendemonstrationen, an denen sich insgesamt rund 800 Menschen beteiligten. Nach Polizeiangaben warfen Gegendemonstranten mehrere Steine in Richtung der AfD-Kundgebung. Auf beiden Seiten wurden außerdem Böller gezündet. Ein Teilnehmer wurde verletzt. Die Polizei registrierte außerdem zahlreiche Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, es gab Anzeigen wegen Widerstand und Beleidigung. Die Thüringer AfD demonstriert seit Wochen mittwochs gegen die Asylpolitik. Ähnlich wie die antiislamische Pegida-Bewegung profitiert die Partei offenbar von der Flüchtlingskrise, wie jüngste Umfragen - unter anderem des stern - zeigen.
+++ 8.09 Uhr: Verletzte bei Brand in Unterkunft +++
In einem Flüchtlingsheim in Ingolstadt hat es am Morgen gebrannt. Dabei sind nach Angaben der Polizei vier Menschen verletzt worden. Sie seien mit Rauchvergiftungen in eine Klinik gebracht worden, hieß es. Zum Zeitpunkt des Feuers befanden sich rund 100 Flüchtlinge in der Unterkunft. Sie müssen nun anderweitig untergebracht werden. Die Brandursache ist derzeit unklar.
+++ 6.15 Uhr: Unbekannte leiten stinkende Flüssigkeit in Speisesaal +++
In einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Sellin auf Rügen haben Unbekannte eine übelriechende Flüssigkeit verschüttet. Nach Angaben der Polizei in Neubrandenburg leiteten die Täter die Flüssigkeit von außen durch ein Fenster in den Speisesaal des derzeit ungenutzten Schullandheimes. Um welche Flüssigkeit es sich handelt, müssen Untersuchungen ergeben. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen, da ein politisches Motiv hinter der Tat nicht ausgeschlossen wird.
+++ 5.27 Uhr: Pro Asyl kritisiert Abschiebe-Pläne der EU +++
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat die Pläne der EU-Innenminister in der Flüchtlingskrise scharf kritisiert. Mit dem Vorhaben, Flüchtlinge in als sicher geltende Lager in Nachbarstaaten von Konfliktländern zurückzuschicken, werde "das Recht auf Schutz und Asyl ausgehebelt", so Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. "Wenn Nachbarn von Krisenländern systematisch zu sicheren Aufnahmeländern erklärt werden, bricht das internationale Flüchtlingsrecht zusammen."
Die EU-Innenminister wollen heute in Luxemburg einen zehnseitigen Plan zur "Zukunft der EU-Rückführungspolitik" verabschieden, der auf schnellere Abschiebungen von Flüchtlingen zielt, die kein Asyl in Europa bekommen. Laut Beschlussvorlage soll dabei auch geprüft werden, ob in Drittstaaten "sichere und tragfähige Aufnahmekapazitäten" geschaffen werden können. EU-Staaten könnten dann Asylanträge der aus diesen Lagern kommenden Menschen nach Artikel 33 der EU-Asylverfahrensrichtlinie als unzulässig einstufen und sie zurückschicken.
+++ 5.09 Uhr: Flüchtlingskrise als "kleines Konjunkturprogramm" +++
Die hohen Flüchtlingszahlen stützen nach Einschätzung führender Ökonomen die deutsche Konjunktur. "Kurzfristig wirkt der starke Flüchtlingszuzug wie ein kleines Konjunkturprogramm", so der Chef des arbeitgebernahen Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, in der "Rheinischen Post". "Denn der Staat pumpt jetzt viele Milliarden für die Versorgung der Flüchtlinge in die Wirtschaft", so Hüther weiter. "Diese Ausgaben versickern nicht im Ausland, sondern schaffen im Inland neues Geschäft und neue Arbeitsplätze."