Frau Otto, beim Klimaschutz wird oft das Bild vom blauen Planeten beschworen, den wir Menschen gemeinsam bewohnen, oder vom Boot, in dem wir alle sitzen. Sie halten diese Bilder für falsch. Warum?
Weil wir zwar alle auf dem gleichen Ozean rudern, aber in verschiedenen Booten sitzen. Je reicher man ist, desto weniger berührt einen der Klimawandel. Das Ausmaß der Schäden einer Hitzewelle oder Flut hängt nicht allein von Temperatur oder Wassermassen ab. Sondern auch davon, ob man in gut isolierten Häusern wohnt, ob man Zugang zu Informationen und Frühwarnsystemen hat. Diese Sachen machen einen enormen Unterschied aus. Wir haben keine Klimakrise, sondern eine Gerechtigkeitskrise.
Sollten nach den Physikern nun die Soziologen die Klimaforschung übernehmen?
Zumindest greift es zu kurz, den Klimawandel als rein naturwissenschaftliches und technisches Problem zu betrachten. Selbst wenn man die Folgen von Extremereignissen, etwa einer Hitzewelle, abmildert, indem man Häuser isoliert oder kühle Räume schafft, hilft das nicht in Regionen, wo es keine Alternative zur Landwirtschaft gibt und wo die Menschen gezwungen sind, auch bei 40 Grad Celsius auf ihren Feldern zu arbeiten.