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Raketen auf Chemiefabrik Syrien: Wie aus Trumps Twitter-Donner ein Einsatz wurde, der keinem weh tat

US-Präsident Donald Trump steht: Der martialischen Drohung auf Twitter folgte zum Glück keine Eskalation
US-Präsident Donald Trump
© Evan Vucci/AP / DPA
110 Raketen als Reaktion auf den Giftgaseinsatz der syrischen Regierungstruppen. Zum Glück gab es keine Toten, maximal ein paar Verletzte. Der Einsatz verlief auch so glimpflich, weil Russland vorab informiert wurde. Eine Eskalation blieb aus. Bleibt die Frage: Was sollte das?

Kaum hatte das US-Militär 110 Bomben und Marschflugkörper auf drei ausgewählte Ziele in Syrien abgefeuert, da platzte aus Donald Trump kurz wie triumphierend ein twitterfreundliches "Mission erfüllt" heraus. Nun hatte genau diese Formulierung schon einmal einem US-Präsidenten Unglück beschert (Georg W. Bush musste nach seiner "erfüllten Mission" im Irak noch fünf lange Jahre Krieg führen), was den aktuellen Amtsinhaber aber nicht weiter scherte. Das lag entweder an Trumps typischer Sprunghaftigkeit, oder am früheren FBI-Chef James Comey, der zeitgleich per Buch und Fernsehen seine Abscheu gegenüber den Präsidenten Donald J. Trump kundtat.

Bei Donald Trump führt Comey vor Syrien

Zynisch betrachtet: Was ist schon der größte US-Militärschlag in Syrien im Vergleich zu den Angriffen eines James Comey? Auf dem Schlachtfeld persönlicher Attacken kennt sich Donald Trump ohnehin besser aus. 9:4 steht es auf Twitter für Comey vs. Syrien. Neunmal hat Trump seit Freitag auf den Ex-Ermittler eingedroschen und nur viermal den Militäreinsatz gepriesen. Das Verhältnis deutet an, wie wenig ihn dieser Krieg im weit entfernten Nahen Osten interessiert. Wie überhaupt vieles darauf hindeutet, dass der amerikanisch-britisch-französische Raketenregen ohnehin symbolischer Art war, eine Art Schuss vor den Bug Baschar al Assads, den Machthaber Syriens.

Für ein paar Tage sah es kurz anders aus. So als könnte der entflammte Zorn des US-Präsidenten die Krisenregion bis ins Mark erschüttern und das fragile Verhältnis zu Russland, al Assads Schutzpatron, gleich mit. Drei Tage vor dem Einsatz bellte Trump noch "macht dich bereit, Russland, denn die Raketen werden kommen, hübsch, neu und smart". Ein Twitter-Donner wie eine Kriegserklärung. Dabei wollte der US-Präsident kurz vorher noch seine Truppen aus Syrien abziehen. Und wenn es nach einigen von Trumps Mitarbeitern gegangen wäre, wie etwa dem Hardliner John Bolton, dann wäre der Militärschlag "vernichtend" ausgefallen, wie US-Medien berichten. Am Ende aber haben sich offenbar die gemäßigten Kräfte durchgesetzt. Wie Verteidigungsminister Jim Mattis.

Vorerst keine Eskalation in Syrien

Der ehemalige Marine-General, der von seinen Leuten "Mad Dog" genannt wird, scheint im Weißen Haus die Stimme der Vernunft zu sein. Er und ein paar Topmilitärs hätten auf einen begrenzten Einsatz gedrängt. Ihr Argument: Würden russische und/oder iranische Soldaten in die Angriffe verwickelt, hätte dies möglicherweise Vergeltungsmaßnahmen durch Russland oder den Iran zur Folge. Diese schlichte wie nahe liegende Konsequenz aber scheute die US-Regierung offenbar, so jedenfalls heißt es in informierten Kreisen. Die Befürchtungen einer Eskalation können erst einmal beigelegt werden.

Wie schon vor einem Jahr, als Trump nach einem mutmaßlichen Giftgaseinsatz von Assads Truppen ebenfalls Raketen Richtung Syrien schickte, wurden auch dieses Mal Russen und Syrer vorab informiert. "Wir suchen nicht die Konfrontation, deshalb haben wir mit unseren Verbündeten darauf geachtet, dass die Russen vorher gewarnt werden", hieß es im französischen Verteidigungsministerium. Einsatzabsprachen zwischen den großen Kriegsparteien in Syrien - allen voran den USA und Russland - sind nicht neu. Zu groß ist die Furcht der Beteiligten, dass durch einen Zwischenfall oder gar Todesopfer die Lage außer Kontrolle gerät.

Die Lage bleibt verzwickt

Fazit: Die Schäden durch den Angriff sind überschaubar, Tote nicht zu beklagen, keine Partei wurde über Gebühr in ihren Interessen belästigt. Stellt sich die Frage: Wozu das Ganze? Trump nannte als alleiniges Ziel des Einsatzes, Assad von einem erneuten Chemiewaffeneinsatz abzuhalten. Ob ihm das gelingen wird, ist noch nicht abzusehen. Der letzte Warnschuss von vor einem Jahr jedenfalls hat nichts gebracht. Am Ende bleibt die Lage weiter verzwickt: Trotz Trumps Twitter-Panikmache - mehr als symbolische Raketen trauen sich zum Glück weder die USA noch ihre Partner zu. Die schlechte Nachricht: Zeigt sich Syrien weiter unbeeindruckt von den Raketen aus dem Westen, könnten die Hardliner in Washington einen härteren Kurs einfordern. Und bekommen. Zumindest wenn sich Donald Trump bis dahin noch dafür interessiert. Außer aber, irgendjemand oder irgendetwas anderes nervt ihn dann, von dem er sich ablenken will. Es bleibt verzwickt.

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