Dass Theresa May trotz klar verlorener Wahl eisern an der Macht festhalten und eine Minderheitsregierung führen will, empört viele Briten. Als noch viel schlimmer empfinden sie jedoch, von wem sich die Premierministerin tolerieren lassen will, um partout im Amt zu bleiben. Die nordirische Democratic Unionist Party (DUP), 1971 gegründet vom protestantischen Hardliner Ian Paisley, der sich 1998 gegen das Karfreitagsabkommen stellte, das de facto den Bürgerkrieg in Nordirland befriedete, vertritt ultrakonservative Positionen. Paisleys Sohn Ian Jr. ist derzeit in der DUP aktiv. Mit ihren zehn Sitzen könnte sie den Tories von Theresa May in entscheidenden Fragen eine Mehrheit beschaffen.
Die DUP tritt - anders als Theresa May - für einen weichen Brexit ein, um den gemeinsamen Wirtschaftsraum Nordirlands mit Irland sowie den freien Grenzverkehr beider Teile der Insel aufrecht zu erhalten. Sie ist strikt gegen die Homo-Ehe und die Legalisierung der Abtreibung, tritt für ein traditionelles Familienbild ein und gefährdet nach Ansicht politischer Beobachter durch eine mögliche Zusammenarbeit mit den Tories die Neutralität Großbritanniens in der Nordirland-Frage - ein Vorwurf, der gleichermaßen Theresa May trifft. Derzeit wird Nordirland von London aus verwaltet, da DUP und die katholische Sinn Fein nicht zu einer Gemeinschaftsregierung finden, wie sie im Karfreitagsabkommen von 1998, das den Bürgerkrieg befriedete, vorgesehen ist.
Auf wen Theresa May künftig ihre Macht stützen will, offenbart sich noch klarer als durch die politischen Standpunkte durch Statements von DUP-Mitgliedern, die der "Independent" zusammengestellt hat:
DUP-Mitglieder ...
... über ihre Vorsitzende Arlene Foster:
"Ihr wichtigster Job ist Ehefrau, Mutter und Tochter." (Edwin Poots, früherer Sozial- und Umweltminister Nordirlands, BBC Radio Ulster, Januar 2016)
... über die Homo-Ehe:
"Nichts könnte mich weniger interessieren als das, was die Leute in Bezug auf ihre Sexualität tun. Das kümmert mich nicht. Es kümmert mich erst, wenn diese Leute versuchen, die Ehe neu zu definieren." (Arlene Foster, DUP-Chefin und First Minister von Nordirland, 2016 in einer Rede)
"Es ist wirklich erstaunlich, dass [der frühere First Minister von Nordirland] David Trimble von einem solchen [homosexuellen] Mann Ratschläge angenommen hat - und man muss sicherlich ernste Zweifel an seinem eigenen politischen Urteil haben. [...] Ich denke, diese Art von Beziehungen sind unmoralisch, beleidigend und widerlich." (Ian Paisley Jr., 2005)
... über Homosexualität:
"Es gibt nichts Abscheulicheres, abgesehen von Homosexualität und Sodomie, als unschuldige Kinder sexuell zu missbrauchen. Nichts ist kranker als der Missbrauch von Kindern. Es ist vergleichbar mit dem Akt der Homosexualität. Ich finde, das ist vergleichbar. Ich finde beides total abstoßend." (Iris Robinson, frühere Abgeordnete im House of Commons, 2008)
"Ich bin vom Schwul- und Lesbischsein ziemlich abgestoßen. Ich finde, es ist falsch. Ich denke, dass diese Leute sich selbst schaden und - ohne sich darum zu scheren - der Gesellschaft schaden. Ich sage nicht, dass ich sie hasse ... ich meine, ich hasse, was sie tun." (Ian Paisley Jr., 2005 im "Hot Press Magazine")
... Blutspenden:
"Ich finde, dass Leute, die im Allgemeinen ein hoch riskantes Sexualverhalten haben, von Blutspenden ausgeschlossen werden sollten. Jemand, der Sex mit jemandem in Afrika oder Sex mit Protituierten hat, würde ich nur widerwillig die Möglichkeit geben, Blut zu spenden." (Edwin Poots, früherer Sozial- und Umweltminister Nordirlands, 2012 in "BBC Sunday Politics")
... über den Klimawandel:
"Mich kümmern CO2-Emissionen nicht, um ganz ehrlich zu sein ... Ich denke immer noch, dass der Klimawandel künstlich ist." (Sammy Wilson, früherer Umweltminister Nordirlands)
... über die Evolutionstheorie:
"Natürlich nicht [glaube ich daran], und es gibt viele andere Menschen in dieser Gesellschaft, die das ebenfalls nicht glauben." (Mervyn Storey, früherer Finanz- und Sozialminister Nordirlands)
"Sie sagen mir, dass kosmische Staubkugeln kamen und sich eine Explosion ereignete. Wir hatten viele Explosionen in Nordirland und nie ist daraus etwas entstanden, dass gut war." (Edwin Poots, früherer Sozial- und Umweltminister in "Radio Times")
... über legale Abtreibung:
"Ich möchte nicht, dass die Abtreibung hier [in Nordirland] so frei zu haben ist wie in England und ich unterstützte eine Erweiterung des Gesetzes von 1967 nicht." (Arlene Foster, DUP-Chefin und First Minister von Nordirland, 2016 im "Guardian")