Die Verhandlungen beim Weltfinanzgipfel in London scheinen ganz im Sinne Deutschlands und Frankreichs zu laufen. Auf Druck von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy sollen die Formulierungen für eine grundlegende Reform der Finanzmärkte im Abschlussdokument schärfer gefasst werden, berichten mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend.
Auch durchsetzen konnten sich Merkel und Sarkozy offenbar mit ihrer Forderung, Steueroasen künftig auf eine sogenannte schwarze Liste zu setzen. Der britische Finanzstaatssekretär Stephen Timms erklärte, Großbritannien rechne damit, dass so eine Liste eingeführt und Sanktionen ermöglicht werde.
Der jüngste Entwurf für die Abschlusserklärung des Gipfels sieht zudem vor, die Mittel des Internationalen Währungsfonds auf 750 Milliarden Dollar zu verdreifachen, um krisenbedrohten Ländern stärker helfen zu können. Darüber hinaus soll dem IWF erlaubt werden, bei Bedarf zusätzliche Kredite am Markt aufzunehmen, hieß es am Donnerstag aus Teilnehmerkreisen. Viele Schwellen- und Entwicklungsländer leiden darunter, dass in den vergangenen Monaten Kapitalanleger ihr Geld abgezogen haben, das nun im Wirtschaftskreislauf fehlt.
Zuletzt waren die G20-Vertreter einer Einigung auf ein Paket zur Finanzierungshilfen für Handelsaktivitäten in Höhe von 250 Milliarden Dollar nahe. Damit soll der weltweite Handel, der in diesem Jahr deutlich einbrechen dürfte, stabilisiert werden. Das wäre auch eine gute Nachricht für Deutschland, den weltweit größte Exporteur von Gütern.
Deutschland und Frankreich hatten unmittelbar vor dem Gipfel den Druck auf die G20 massiv erhöht, zu möglichst weitgehenden Reformvereinbarungen zu kommen. "Wir wollen Ergebnisse, die die Welt verändern", sagte Merkel. Es sei eines der wichtigsten Gipfeltreffen, die es je gegeben habe. Was jetzt nicht beschlossen werde, könne auch innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht mehr geregelt werden. Sarkozy drohte sogar, den Gipfel zu verlassen, falls keine konkreten Formulierungen zu Stande kommen. So sollen beispielsweise die Pläne zur Kontrolle von Hedgefonds konkretisiert werden. Dabei geht es unter anderem darum, ob man nur "systemrelevante" Fonds ins Visier nimmt oder eine allgemeinere Formulierung findet.
Steinbrück zeigt klare Kante
Am Donnerstagmittag hatte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück noch einmal bekräftigt, dass die weltweiten Finanzmärkte stärker reguliert werden müssten. Kein Markt dürfe mehr unbeaufsichtigt bleiben, sagte er im Deutschlandfunk. Das sei das wichtigste Ziel des Gipfels. Auch bei den Briten und Amerikanern wachse die Erkenntnis, dass sich die bisherigen Exzesse an den Finanzmärkten nicht wiederholen dürften.
Die Staats- und Regierungschefs waren am Morgen mit weit auseinanderliegenden Vorstellungen in die abschließenden Beratungen gegangen. Es gebe immer noch Streitpunkte, hatte der britische Wirtschaftsminister Peter Mandelson eingeräumt. Allerdings soll das Gipfeltreffen bereits am Donnerstagnachmittag mit mehreren Pressekonferenzen enden.
Die G20 hatte die Weltfinanzreform bereits im November bei einem ersten Spitzentreffen in Washington in die Wege geleitet. Allerdings waren damals keine wirklich weitreichenden Beschlüssse gefasst worden. Wie es nun heißt, wird es wahrscheinlich noch in diesem Jahr einen dritten G-20-Gipfel geben.