Drei Insassen des berüchtigten US-Gefangenenlagers Guantànamo Bay in Kuba haben Selbstmord begangen. Wie das zuständige US-Kommando Süd in Florida am Samstag mitteilte, wurden zwei Männer aus Saudi-Arabien und ein Jemenit am Morgen erhängt in ihren Zellen gefunden. Sofortige Wiederbelebungsversuche seien fehlgeschlagen. Die US-Armee hat die Selbstmörder o als "gerissen und kreativ" bezeichnet.
Kommandeur: Geplante Aktion
Es habe sich eindeutig um eine geplante und keineswegs um eine spontane Aktion gehandelt, sagte der Kommandeur des Guantanamo-Sonderkommandos, Konteradmiral Harry Harris, in einer telefonischen Pressekonferenz mit Blick auf den Tod der Männer. "Sie sind gerissen. Sie sind kreativ. Sie sind von ihrer Sache überzeugt. Sie haben keine Achtung vor dem Leben, weder vor unserem noch vor ihrem eigenen. Ich glaube, das war kein Akt der Verzweiflung, sondern ein Akt (...) der Kriegsführung gegen uns."
Der Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in New York, Ken Roth, nannte Verzweiflung als Motiv für die Selbst-Tötungen. "Leider sind Selbstmorde wie diese absolut vorhersehbar, wenn Menschen außerhalb der Gesetze und ohne Aussicht auf Hoffnung festgehalten werden. Sie verzweifeln an der Aussicht, für den Rest ihres Lebens eingesperrt und den Launen ihrer Gefängniswärter ausgesetzt zu bleiben."
Insassen aus dem am schärfsten bewachten Teil
Den US-Angaben zufolge hatten sich zwei Saudis und ein Jemenit mit Kleidungsstücken und Bettlaken in dem Lager erhängt. Der Armee zufolge sind es die ersten Vorfälle dieser Art, seitdem das Lager im Januar 2002 als Gefängnis genutzt wird. Die Namen der Toten wurden nicht bekannt gegeben. Nach unbestätigten Berichten waren die Selbstmörder, deren Namen das US-Militär zunächst nicht bekanntgab, in dem am schärfsten bewachten Teil des Lagers untergebracht. Experten zeigten sich daher überrascht, dass es den Männern gelang, sich unbemerkt zu erhängen. Kommandeur Craddock äußerte sich dazu nicht, sondern sagte lediglich, es würden Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Selbstmorde ergriffen.
Es ist das erste Mal, dass Gefangenen in dem Lager der Selbstmord gelungen ist, nachdem Militärangaben zufolge bereits zuvor 25 Häftlinge insgesamt 41 Mal versucht hatten, sich aus Protest gegen ihre Inhaftierung und ihre Haftbedingungen das Leben zu nehmen. Am 18. Mai hatte es in Guantànamo Bay einen Aufstand gegeben. Ein Häftling täuschte einen Selbstmordversuch vor und lockte damit Wärter in seine Zelle, wo sie dann von einer Gruppe von Gefangenen attackiert wurden. Seit Sommer vergangenen Jahres sind außerdem immer wieder Häftlinge in einen Hungerstreik getreten und wurden zum Teil trotz heftiger Gegenwehr zwangsernährt.
Erst zehn Anklagen in viereinhalb Jahren
In dem Lager auf Kuba halten die USA seit mehr als viereinhalb Jahren hunderte Männer unter dem Verdacht fest, Kontakte zur Al Kaida oder zur afghanischen Taliban zu haben. Lediglich gegen zehn der bislang noch rund 460 Insassen wurde bislang formell Anklage erhoben. Erst am Freitag hatte sich der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen wie zuvor schon Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Treffen mit US-Präsident George W. Bush für eine Schließung des Gefängnisses eingesetzt.
Anfang Juni hatte die US-Armee erklärt, 89 der rund 460 Insassen des Lagers befänden sich im Hungerstreik. Anwälte der Insassen hatten gesagt, damit solle gegen die unbefristete Inhaftierung und für eine Freilassung demonstriert werden. US-Vertreter hatten den Hungerstreik indes als Versuch der Häftlinge bezeichnet, die Aufmerksamkeit der Medien zu erlangen. In dem Lager halten die USA die Männer seit Jahren unter dem Verdacht fest, Kontakte zur Al Kaida oder zur afghanischen Taliban zu haben. Lediglich gegen zehn der Männer wurde bislang formell Anklage erhoben.
Berater für korrekte Behandlung der Leichen
Wie der Chef des Süd-Kommandos, John Craddock, auf einer Pressekonferenz am Samstag sagte, würden die drei Toten mit "äußerstem Respekt" behandelt. Ein Berater für muslimische Kultur sei hinzugezogen worden, um sicherzustellen, dass die Leichen entsprechend der religiösen Tradition der Häftlinge behandelt würden. Das US-Außenministerium habe sich mit den jeweiligen Regierungen der Heimatländer in Verbindung gesetzt, und eine Untersuchung der Vorgänge sei eingeleitet worden.
Er verteidigte zugleich die Existenz des Lagers mit den Worten, die Menschen dort seien in Gewahrsam, weil sie anhaltende Gefahr darstellten. "Dies sind keine gewöhnlichen Kriminellen", sagte der Kommandeur. Er betonte weiter, alle Gefangenen würden human behandelt.
Der US-Präsident zeigte sich nach Angaben eines Sprechers "ernsthaft besorgt" über den Selbstmord. Bush sei von US-Außenministerin Condoleezza Rice über den Vorfall informiert worden und habe entsprechend reagiert, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Tony Snow, am Samstag. Er fügte hinzu, die US-Behörden hätten ihre Verbündeten von dem Vorfall telefonisch in Kenntnis gesetzt.