Nackte Wahlkämpfer in Österreich Pin-up-Politiker für alle!

Österreich hat es besser: Um Pep in den dortigen Wahlkampf zu bringen, haben sich gleich zwei Spitzenkandidaten ausgezogen. Vielleicht sollte sich die deutsche Politik daran ein Beispiel nehmen.

Wäre der Bundestagswahlkampf eine Fernsehshow, hätte man ihn vermutlich schon längst abgesetzt. In Quoten gesprochen: 72 Prozent würden gar nicht erst einschalten und nur lächerliche 46 Prozent kennen überhaupt den Sendetermin (22. September). Das hat eine stern-Umfrage ergeben.

TV-Machern bliebe in dieser Situation nur zweierlei: Sie könnten Dieter Bohlen als Retter holen, obwohl es ein Stefan Raab natürlich auch tun würde. Oder aber, totale Kehrtwende, völlige Neuland-Betretung, noch näher ran an die handelnden Personen. Auf Tuchfühlung gehen, dem müden Volk mit nichts anderem als der nackten Wahrheit kommen.

Ein Milliardär oben ohne

Also wie in Österreich. Dort, wo es die Menschen ohnehin besser haben (Kaffeehäuser, Schnitzel, Wetter), wird demnächst das Nationalparlament gewählt. Im Grunde geht es um das Gleiche wie hier: Steuern, Haushalt, Bildung, Rettungspakete, der übliche Kram, mit dem man auch beim gemütlichen Alpennachbarn niemanden vom Fiaker holt. Außer aber, und nun werden die feuchtesten Träume aller Politikerberater wahr: Die Kandidaten stellen sich bloß. Also, bloß im Sinne von: nackt.

Also wie in der Zeitung "Österreich". Da war Frank Stronach zu sehen, ein Mann im allerallerbesten Alter, 80, Selfmade-Milliardär, Shootingstar der Wiener Politik, wahlweise netter Onkel oder halsstarriger Populist. Steht da in Jeans und mit freiem Oberkörper auf dem Steg am Rande seines Privatsees herum. War natürlich alles Teil einer Homestory über den Neu-Partei-Patriarchen. Zum Dank spendierte ihm das wenig zimperliche Blatt eine Geschichte, in der er, natürlich geduzt, noch besser wegkam als Margarine in der Rama-Werbung. Österreich, bei Dir flutscht es besser.

Für was Putin alles als Vorbild taugt

Und, wo die frische Spur schon gelegt war, rutschte auf ihr prompt Stronachs Konkurrent hinterher: Heinz-Christian Strache. Der Chef der rechten FPÖ ließ sich kurz darauf ebenfalls ablichten: Noch blankgezogener, noch brauner, noch knackiger twitterte er sich selbst aus dem Urlaub. Und landete damit natürlich auch in der "Österreich", die gleich ein "Nackt-Duell" herbeihechelte. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ein ehemaliger KGB-Steifling wie Wladimir Putin als Blaupause für erlahmende Wahlkämpfe taugt? Der russische Präsident hatte schließlich mit dieser ganzen Auszieherei angefangen.

Wie gesagt, wäre der Bundestagswahlkampf eine Fernsehshow, und wollte man ihm wieder Leben einhauchen, wie wäre es damit: Eine große Koalition aus ARD, ZDF, RTL und ProSieben legt gemeinsam den Erotikklassiker Tutti Frutti neu auf. Angela Merkel, Peer Steinbrück, Jürgen Trittin, Katrin Göring-Eckardt, Rainer Brüderle, Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht treten gegeneinander an. Sie beantworten Wählerfragen und bestreiten mit ihnen kleine Spielchen. Wer verliert, muss sich peu à peu ausziehen. Wer gewinnt, darf einen Widersacher zum Striptease zwingen. Vermutlich stehen am Ende alle nackt da. Hm. Vielleicht doch ganz gut, dass die Wahl so gut wie entschieden ist.

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