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Nationalratswahl am Sonntag 10.180 Wahllokale, dutzende TV-Duelle und eine Bierpartei – das Wichtigste zur Österreich-Wahl

Österreichisches Parlamantsgebäude in Wien
Das Parlamentsgebäude in Österreichs Haupstadt Wien. Zurzeit ist es wegen Sanierungsarbeiten geschlossen, die Nationalversammlung weicht noch bis voraussichtlich 2021 in die Hofburg aus
© Daniel Kalker / DPA / Picture Alliance
Nur eineinhalb Jahre war die rechtskonservative Koalition von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Österreich im Amt, als das "Ibiza-Video" die politische Landschaft durcheinanderwirbelte. Am Sonntag wird neu gewählt, der stern beantwortet die wichtigsten Fragen zur Nationalratswahl.

Dutzende TV-Duelle und mehrere Elefantenrunden der Spitzenkandidaten sollten den Wählern bei ihrer Entscheidung helfen – der Wahlkampf zur Nationalratswahl 2019 in Österreich war kräftezehrend. Am Sonntag schlägt nun die Stunde der Wahrheit. Und trotz "Ibiza-Affäre" und vermeintlicher "Schmutzkübelkampagne" dürfte Noch-Altkanzler Sebastian Kurz, 33, am späten Nachmittag als strahlender Sieger auf die Bühne treten.

Wie sehen kurz vor dem Wahltermin die aktuellen Umfragen aus? Wie viele Wahlberechtigte gibt es? Und wann bekommt Österreich eine neue Regierung? Der stern beantwortet die wichtigsten Fragen zur Nationalratswahl.

Warum wird in Österreich neu gewählt?

Die vorgezogene Nationalratswahl ist nötig geworden, weil im Zuge der sogenannten "Ibiza-Affäre" die seit 2017 regierende Koalition aus der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP), die mit Sebastian Kurz den Bundeskanzler stellte, und der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) zerbrach.

Im Mai hatten mehrere Medien Videoaufnahmen veröffentlicht, die den späteren FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und seinen Parteifreund Johann Gudenus im Juli 2017 in einer Villa auf Ibiza zeigen. Im Gespräch mit einer angeblichen Oligarchennichte signalisierten die beiden Politiker ihre Bereitschaft zur Korruption und zur Übernahme von österreichischen Medien. Nach Bekanntwerden des Videos kündigte Kanzler Kurz die Koalition seiner ÖVP mit der FPÖ auf.

Der ehemalige österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache spricht in einer Villa auf Ibiza mit der angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen über Parteispenden, die Übernahme der Kronen Zeitung und die Vergabe von Staatsaufträgen.
SPIEGEL / Süddeutsche Zeitung

Bundespräsident Alexander Van der Bellen enthob daraufhin die Mitglieder der Bundesregierung ihrer Ämter, der Nationalrat beschloss seine Selbstauflösung. Seit dem 3. Juni regiert in Österreich eine sogenannte Expertenregierung unter Leitung der ehemaligen Verfassungsrichterin Brigitte Bierlein.

Wer steht zur Wahl?

Insgesamt treten zur Nationalratswahl 13 Parteien an, acht davon in allen Landeswahlkreisen:

  • Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei (ÖVP, Spitzenkandidat: Sebastian Kurz)
  • Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ, Pamela Rendi-Wagner)
  • Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ, Norbert Hofer)
  • Das Neue Österreich (NEOS, Beate Meinl-Reisinger)
  • Liste Pilz (JETZT, Peter Pilz)
  • Die Grüne Alternative (GRÜNE, Werner Kogler)
  • Alternative Listen, KPÖ Plus, Linke und Unabhängige (KPÖ, Ivo Hajnal)
  • Wandel – Aufbruch in ein gemeinwohlorientiertes Morgen mit guter Arbeit, leistbarem Wohnen und radikaler Klimapolitik. Es gibt viel zu gewinnen. (WANDL, Fayad Mulla-Khalil)

Darüber hinaus treten fünf Parteien an, die jedoch nur in einigen Bundesländern gewählt werden können, darunter zum Beispiel die rechtspopulistische BZÖ in Kärnten oder die Bierpartei Österreich in Wien, die sich unter anderem gegen die "Volksdroge Arbeit" und die Abschaffung von Biermischgetränken einsetzt.

Wie sehen aktuelle Umfragen aus?

Nach den Erhebungen läuft es in Österreich auf ein Fünf-Parteien-Parlament hinaus. Die jüngste repräsentative Umfrage des Instituts OGM im Auftrag des Senders Servus TV, die vom 16. bis 23. September unter 1006 Wahlberechtigten durchgeführt wurde, sagt einen Sieg der ÖVP voraus:

ParteiUmfrage OGM
in Prozent
Ergebnis 2017
in Prozent
ÖVP3431,47
SPÖ2226,86
FPÖ2025,97
GRÜNE123,8
NEOS85,3
JETZT24,41
Sonstige22,19

Eine Neuauflage des bis zum Mai regierenden Bündnisses von ÖVP und FPÖ unter Sebastian Kurz wäre damit ebenso möglich wie eine sogenannte Große Koalition aus ÖVP und SPÖ, die jahrzehntelang in Österreich regierte. Experten rechnen jedoch damit, dass Parteichef Kurz zunächst ein Bündnis mit Grünen und Neos sondieren wird. Eine Koalition an der ÖVP vorbei ist nur theoretisch möglich.

Wie läuft die Wahl ab?

Wahltag ist Sonntag, der 29. September 2019. Die 10.180 Wahllokale haben unterschiedliche Öffnungszeiten. Einige öffnen bereits um 6 Uhr morgens, andere erst ab 13.30 Uhr, spätestens um 17 Uhr schließen die letzten Wahllokale. Auch Briefwahl ist möglich. Wahlberechtigt sind rund 6,4 Millionen Österreicher ab 16 Jahren. Insgesamt werden 183 Abgeordnete für den Nationalrat gewählt. Das Bundesgebiet ist hierfür in neun Landeswahlkreise, diese wiederum in 39 Regionalwahlkreise, unterteilt. Es wird im Verhältniswahlrecht gewählt, wobei eine Vier-Prozent-Hürde gilt.

Wann steht das Ergebnis fest?

Wenige Minuten nach Schließung der letzten Wahllokale um 17 Uhr wird eine erste, bereits sehr aussagekräftige Hochrechnung erwartet. Das vorläufige Ergebnis soll bereits um 19 Uhr ermittelt sein, allerdings ohne dass die Briefwahl ausgezählt ist. Das endgültige Ergebnis soll am 16. Oktober verkündet werden, sieben tage später soll der neu gewählte Nationalrat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen kommen. Wann ein neuer Bundeskanzler gewählt und eine neue Regierung ihre Arbeit aufnimmt, ist nicht abzusehen. Dies hängt vom Ablauf der höchstwahrscheinlich nötigen Koalitionsverhandlungen ab.

Wie kann ich mich über die Wahl informieren?

Die deutschen Fernsehsender werden in ihren Nachrichtensendungen über die Wahl in Österreich informieren. Ausführlich wird Phoenix ab 17.30 und um 23 Uhr bereichten. In den österreichischen Sendern wird die Nationalratswahl am Sonntag das beherrschende Thema sein. ORF und Co. sind vielerorts auch in Deutschland zu empfangen. Selbstverständlich hält auch der stern Sie jederzeit über die aktuellen Entwicklungen am Wahlabend auf dem Laufenden.

Quellen: Bundesministerium für Inneres Österreich, OGM, Nachrichtenagentur DPA

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