Nach dem Anschlag auf ein Popkonzert im englischen Manchester mit mindestens 22 Toten setzen viele Zeitungen dem Schrecken einen entschlossenen Ton entgegen. Terroristen dürften nicht ihr Ziel erreichen, einen Keil zwischen die Menschen zu treiben, so der Tenor aus der britischen Presse.
"Manchester Evening News": "Was können wir, die Menschen des Großraums Manchester, tun, um denjenigen zu helfen, die so gelitten haben? Nun, wir können tun, was wir so gut können - nämlich zusammenrücken, genauso wie wir es getan haben, als Terroristen vor mehr als 20 Jahren in unserer Stadt Chaos anrichteten. (...) Und heute, morgen, am nächsten Tag und darüber hinaus können wir den Terroristen, die unsere Lebensweise zerstören wollen, zeigen, dass sie nie gewinnen können. Wir werden weitermachen, wir werden den Großraum Manchester zu einem noch großartigeren Ort machen. Wir werden uns um einander sorgen und unsere Nachbarn unterstützen. Die Terroristen werden scheitern. Wir werden uns durchsetzen."
"Guardian": "Wir blicken zurück auf die Charlie-Hebdo-Morde in Paris im Januar 2015 und, weil wir uns an die Täter erinnern, sagen wir uns, dass etwas Böses im menschlichen Geist steckt. In unseren Erinnerungen stechen die 3,7 Millionen Menschen weniger hervor, die auf die Straße gingen, um in Solidarität mit den Opfern zu marschieren, und die Millionen, die anderswo auf der Welt dasselbe machten. Diese Menschen, nicht die wenigen Terroristen, stellen die menschliche Norm dar. (...) Unsere Menschlichkeit, in beiden Sinnen des Wortes, ist überall in Manchester zur Schau gestellt. Man kann sie in den Blutspendezentren sehen sowie in den Hotels und den Privathäusern, deren Türen sich für Menschen öffneten, die nach dem Konzert in der Stadt feststeckten. In den Nachrichten, die in den sozialen Medien verbreitet wurden, um Menschen zu helfen, vermisste Familienmitglieder zu finden. In den Spenden Hunderter Menschen, um die Opfer des Anschlags zu unterstützen. In den Taxis, die kostenlose Fahrten in Krankenhäuser und nach Hause anboten. (...) Es ist aber nicht nur Manchester: Fast jeder, überall, verhält sich so. Wenn Schrecken wie der Bombenanschlag uns treffen, erinnern wir uns daran. Unsere Aufgabe ist es nun, nicht die Gesellschaft zu werden, die Terroristen schaffen wollen."

"The Times": "Der Islamische Staat und seine Rivalen, unter ihnen vor allem Al-Kaida, sind Todeskulte, deren Methoden den Glauben zunichte machen und deren Ideologien Religion bis zur Unkenntlichkeit verzerren. Aber sie haben den Nahen Osten und Demokratien von Indonesien bis zu den Vereinigten Staaten in einen asymmetrischen Krieg verwickelt, den die Zivilisation gewinnen muss, wie lange er auch dauern mag. Der Sieg wird dabei nie vollständig sein, aber er kann definiert werden - als Freiheit von der Angst. Er wird hauptsächlich mithilfe von drei Waffen erreicht: Erstens, die exakte Arbeit von Geheimdiensten, die seit den Anschlägen vom 7. Juli 2005 (in London) viele Terrorangriffe verhindert haben, wenngleich es ihnen in dieser Woche tragischerweise nicht gelang, Manchester zu schützen. Zweitens, die Gemütsruhe von Bürgern, die sich dem Terrorismus nicht beugen. Bürgern wie jenem, der gestern unweit des angegriffenen Konzertsaals sagte 'Sie werden uns nicht besiegen'. Und drittens, die Entschlossenheit der gewählten Volksvertreter, jene Werte hochzuhalten, die den Terroristen verhasst sind. Am Ende wird Toleranz die ganze Banalität des Fundamentalismus entlarven und Offenheit wird dafür sorgen, dass sich Extremisten nirgendwo verstecken können."
So reagieren deutsche Medien
"Frankfurter Rundschau": "Auch dieses Mal wird dem betroffenen Schweigen die Debatte über die richtigen Antworten auf den Terror folgen. Und es wäre falsch, dies als Geringschätzung des Leidens zu deuten. (...) Ausgerechnet Donald Trump hat Terroristen als 'bösartige Verlierer' bezeichnet und ausdrücklich nicht mehr als 'Monster'. Aus dem Munde eines Politikers, der zu Hause wie global noch viele Verlierer produzieren wird, klingt das zynisch. Aber man könnte Trumps Worte auch produktiv wenden: Wenn es gesellschaftliche 'Verlierer' sind, die Taten wie die von Manchester verüben, dann haben Gesellschaften die verdammte Pflicht, weniger Verlierer zu produzieren. Wer das als Sozialromantik abtut, hat eines immer noch nicht verstanden: Mehr Chancen, mehr Bildung, mehr Anerkennung für alle - auch das gehört zum Kampf gegen den Terror."
"Süddeutsche Zeitung": "Der Aufruf zur Geschlossenheit wiederholt sich seit einigen Jahren formelhaft, wann immer Terroristen ihr Werk verüben. Er ist so richtig wie wohlfeil. Der Terror will die Spaltung der Gesellschaft, und wer ihm diesen Erfolg verweigern will, der muss eben Geschlossenheit zeigen. Spaltung hingegen erzeugt Radikalität, verführt zu irrationalen Antworten, gaukelt Lösungen vor, wo es keine Lösungen gibt. Wohlfeil ist der trotzige Aufruf, weil er den Terror ja nicht beendet. Offenbar lassen sich Terroristen von einer geschlossenen Gesellschaft nicht sonderlich beeindrucken. Mit ihren Anschlägen zerren sie mehr und mehr an der Schutzhülle, die eine freie Gesellschaft umgibt. Irgendwann ist sie porös und reißt. (...) Gemeinsam sind wir stark, heißt der Appell. Stärke allein reicht nicht."
"Westfälische Nachrichten": "Nun also Manchester - vor den Augen der Welt. Die Bombe hat vielen Familien unfassbares Leid gebracht. Wohl jeder spürt Entsetzen und Sprachlosigkeit. Das Ziel ist mehr als bewusst gewählt, gilt doch die Popmusik dem IS als Inbegriff westlicher Dekadenz. Die Sicherheit bei Großveranstaltungen wird verschärft, die Solidarität des Westens beschworen - und natürlich ist jedem bewusst, dass der Preis für ein Leben in Freiheit und mit westlichen Werten im Moment sehr hoch sein kann."
"Leipziger Volkszeitung": "Was ist unsere große Stärke im Umgang mit dem Terror? Wir lassen uns in unserer Gesamtheit nicht unterkriegen. Wissenschaftler verwenden dafür den Begriff der Resilienz. Er beschreibt die Fähigkeit des Menschen, trotz fürchterlicher Erfahrungen und Ereignisse zur Normalität zurückzukehren. Das ist nicht mit Gleichgültigkeit zu verwechseln, nichts, wofür man sich schämen müsste. Es ist die gesunde Widerstandskraft gegen das Widerwärtige - und genau das, was die Terroristen mit ihren Anschlägen wegbomben wollen. Es darf ihnen nicht gelingen."

"Kölner Stadt-Anzeiger": "Der Anschlag trifft ein zerrissenes, verunsichertes Land, spätestens seit dem Votum zum EU-Austritt. In wenigen Tagen soll ein neues Parlament gewählt werden. Wenn der Mörder das Ziel gehabt hat, vorher Chaos zu stiften, kann es sein, dass er sich den falschen Ort ausgesucht hat. Die 'Mancunians', wie die Bewohner Manchesters sich nennen, sind hart im Nehmen. (...) Das heißt nicht, dass die Menschen in Manchester keine Angst haben, keine Wut, keinen Schmerz, aber sie lassen sich nicht gegeneinander aufhetzen. Bleibt das so, ist es ein Hoffnungszeichen in düsterer Zeit."
Die Reaktionen der internationalen Presse
"New York Times": "Jedes Opfer von Terrorismus ist unschuldig und jedes ist zu betrauern. Aber der Bombenanschlag in Manchester (England) Montagnacht, der jugendliche oder noch jüngere Fans des Popstars Ariana Grande getötet hat - viele von ihnen von ihren Eltern begleitet und manche die pinkfarbenen Ballons haltend, die Frau Grande am Ende ihres Konzerts süß hatte niederregnen lassen - ist besonders schmerzlich. (...) So schwer es bei dem Schock und der Trauer ist, ist es wichtig, diesen Angriff als das zu erkennen, was er ist: ein Versuch, Großbritannien und im weiteren Sinne den Rest Europas und den Westen bis aufs Mark zu erschüttern, und einen Durst für Rache sowie einen Wunsch nach absoluter Sicherheit zu wecken, die so intensiv sind, dass sie die geschätztesten demokratischen Werte und die Teilhabechancen in vielfältigen Gesellschaften wegwischen."
"Tages-Anzeiger" (Zürich): "Der nationale Schock, die Bestürzung, die Empörung über die getöteten Kinder: Das alles sind ehrliche erste Reaktionen nach dem Anschlag von Manchester. Vereint trauern die Briten. Bei einem so schrecklichen Anlass reicht man sich die Hände. Gemeinsam formieren sich die Parteien gegen 'Extremisten aller Art' und 'Gewalttäter' im Land. (...) Hinter der Fassade dieser Einigkeit freilich wird kühl kalkuliert. Schließlich sind es keine 16 Tage bis zu den Unterhauswahlen mehr. Und dass die Bluttat vor der Manchester Arena der Premierministerin Gelegenheit gibt, der Nation ihre "starke Seite" zu zeigen: Daran besteht kein Zweifel. Natürlich hat Theresa May diese Situation nicht gewollt. Aber sie kommt ihr zugute."
"De Telegraaf" (Amsterdam): "Völlige Sicherheit ist eine Illusion, aber der Staat kann die Risiken soweit wie möglich eindämmen, in dem er Flüchtlingsströme besser auf potenzielle Terroristen kontrolliert und extremistische Netzwerke im eigenen Land rascher unter Beobachtung bringt. Effektiv arbeitende Geheimdienste sind von grundlegender Bedeutung, ebenso die Zusammenarbeit der Staaten auf diesem Gebiet. Die Briten haben sich entschieden, die EU zu verlassen, aber dieser Schritt darf auf keinen Fall Folgen für die Bekämpfung des Terrorismus haben."
"El País" (Madrid): "Dass sich der Islamische Staat Jugendliche und Kinder, die ein Konzert ihrer Lieblingssängerin besucht haben, als Opfer für ihr jüngstes Blutbad ausgesucht hat, zeigt erneut (...), dass es für den Dschihadismus einfach keine moralischen Grenzen gibt (...). Das Massaker, das in der Nacht zum Montag in Manchester durchgeführt wurde, hat einen einzigen und klaren Verantwortlichen: eine mörderische Ideologie, die sich feige hinter der Religion versteckt und kein anderes Ziel verfolgt, als die freien - und damit auch mehr florierenden - Gesellschaften des Planeten abzuschaffen."
"Le Monde" (Paris): "Dass sich der Islamische Staat Jugendliche und Kinder, die ein Konzert ihrer Lieblingssängerin besucht haben, als Opfer für ihr jüngstes Blutbad ausgesucht hat, zeigt erneut (...), dass es für den Dschihadismus einfach keine moralischen Grenzen gibt (...). Das Massaker, das in der Nacht zum Montag in Manchester durchgeführt wurde, hat einen einzigen und klaren Verantwortlichen: eine mörderische Ideologie, die sich feige hinter der Religion versteckt und kein anderes Ziel verfolgt, als die freien - und damit auch mehr florierenden - Gesellschaften des Planeten abzuschaffen."
"De Standaard" (Brüssel): "Natürlich kann man sich nicht an das gewöhnen, was wir nach dem Anschlag in Manchester fühlen, bereits der zweite in Großbritannien in diesem Jahr. Niemals wird man sich daran gewöhnen, dass es Leute gibt, die meinen, es sei zu rechtfertigen, Tod und Verderben an Orten zu säen, wo normale Menschen völlig friedfertig zusammengekommen sind. Um so weniger ist fassbar, dass gestern der Hass auf noch abgründigere Weise zugeschlagen hat. Eine Bombe an einem Ort explodieren zu lassen, wo sich größtenteils fröhliche Teenagermädchen aufhalten, kann in keinem einzigen Wertesystem der Welt als eine ehrenvolle Tat gelten. Was wir nun fühlen, hat eher etwas mit der Aussichtslosigkeit zu tun. Den Anstrengungen, die Ordnungs- und Sicherheitsdienste mittlerweile Tag und Nacht unternehmen, um die Gefahr von Anschlägen einzudämmen, lässt sich kaum noch etwas hinzufügen. Einmal mehr hatte man ein mutmaßlichen Täter zuvor auf dem Radar. Als einen von Tausenden, von denen höchstens einige Hundert systematisch beobachtet werden können. Selbst eine Vervielfachung der Kontrollen bringt keine hundertprozentige Sicherheit."