Coats relativiert Kritik an der deutschen Irak-Politik
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat Deutschland wegen seiner Haltung in der Irak-Frage erneut scharf kritisiert. Der Pentagon-Chef nannte die Bundesrepublik in einem Atemzug mit Libyen und Kuba. US-Botschafter Daniel Coats relativierte Rumsfelds Äußerungen. Er spreche nicht für die ganze US-Regierung, sagte Coats am Donnerstag im ZDF-Morgenmagazin. In der Berliner Opposition stieß die Kritik des Ministers auf Verständnis.
„Ich denke, Libyen, Kuba und Deutschland sind solche, die angedeutet haben, dass sie in keiner Weise helfen werden.“
Es gebe eine ganze Reihe von Regierungen, die den USA ihre Unterstützung zugesagt hätten, sagte Rumsfeld vor einem für die Streitkräfte zuständigen Kongressausschuss am Mittwoch. Davon hätten einige bislang ihre Hilfe von einer zweiten UN-Resolution abhängig gemacht, sie würden aber letztlich möglicherweise auch ohne neuen Sicherheitsratsentschluss an der Seite der USA stehen. „Dann gibt es drei oder vier Länder, die erklärt haben, dass sie nichts zu unternehmen gedenken“, sagte Rumsfeld weiter. „Ich denke, Libyen, Kuba und Deutschland sind solche, die angedeutet haben, dass sie in keiner Weise helfen werden.“
Zitate von Rumsfeld
„...Und dann gibt es eine ziemlich große Gruppe von Ländern, die angedeutet haben, dass sie in der Koalition mit dem Wiederaufbau in der Ära nach Saddam Hussein helfen wollen. Und dann gibt es drei oder vier Länder die gesagt haben, sie würden gar nichts tun: ich glaube Libyen, Kuba und Deutschland haben angedeutet, dass sie in keiner Weise helfen wollen.“ (Februar 2003)
Rumsfeld: In der Haltung Paris’ und Berlins sehe ich das «alte Europa» (Januar 2003)
«Das Zentrum des NATO-Europas verlagert sich nach Osten. Deutschland ist ein Problem, Frankreich ist ein Problem. Aber wenn Sie sich die riesige Zahl anderer Länder ansehen, so sind sie auf der Seite der USA und nicht Frankreichs und Deutschlands.» (Januar 2003)
«Die deutsche Regierung hat kürzlich ihren Verteidigungsminister entlassen...Ich habe keine Ahnung, ob ein Ersatz für diese Person in Warschau sein wird. Ich habe gewiss keine Pläne, mich mit jener Person zu treffen, während ich dort bin.» (September 2002)
«Wollen Sie mich dazu bringen, etwas Undiplomatisches zu sagen?» (auf die Frage, wie er die deutsche Haltung zu Irak bewertet. September 2002)
Schäuble: „Die amerikanische Rhetorik muss einem nicht immer gefallen“ Der CDU-Außenpolitiker Wolfgang Schäuble zeigte im MDR Verständnis für Rumsfeld. „Die amerikanische Rhetorik muss einem nicht immer gefallen“, sagte er, fügte jedoch hinzu: „Tatsache ist ja leider, dass wir uns so verhalten.“ Die Bundesregierung müsse aufhören, sich anders zu verhalten als der Rest der Welt und sich rhetorisch zu isolieren. Sie schade Deutschland am meisten.
Auch der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Glos, warf Bundeskanzler Gerhard Schröder vor, Deutschland in die Isolation zu treiben. In Berlin müssten die Alarmglocken schrillen, wenn Deutschland auf eine Stufe mit Staaten wie Kuba und Libyen gestellt werde. „Hier offenbart sich ein tiefer Bruch in den deutsch-amerikanischen Beziehungen.“
Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Winfried Nachtwei, bezeichnete die Rumsfeld-Äußerungen im MDR als ungehörig. Er forderte den US-Verteidigungsminister auf, sich im Ton zu mäßigen. Rumsfeld hatte erst in der vergangenen Woche Deutschland und Frankreich wegen ihrer Antikriegshaltung als „altes Europa“ bezeichnet.
Meinungsaustausch zwischen Fischer und Rumsfeld wegen Irak-Krieg erwartet
Der deutsch-amerikanische Streit um einen Krieg im Irak beherrscht an diesem Wochenende auch die internationale Sicherheitskonferenz in München. Bei dem hochkarätig besetzten Treffen wird ein offener Meinungsaustausch zwischen US- Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Außenminister Joschka Fischer erwartet. Rumsfeld will auf der zweitägigen Konferenz zudem mit Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) zu einem Vier- Augen-Gespräch zusammentreffen. Zahlreiche Organisationen haben zu Friedensdemonstrationen und Protestkundgebungen aufgerufen. Die Polizei will mit 3500 Beamten im Einsatz sein.
Insgesamt werden zu der renommierten Konferenz für Sicherheitspolitik, die dieses Jahr zum 39. Mal stattfindet, rund 250 Sicherheitsexperten aus 40 Ländern erwartet, darunter mehr als 30 Außen- und Verteidigungsminister. Auch NATO-Generalsekretär George Robertson, der EU-Außenbeauftragte Javier Solana und zahlreiche amerikanische Senatoren und Abgeordnete haben ihre Teilnahme zugesagt. Bundeskanzler Gerhard Schröder nimmt an dem Treffen nicht teil.
Für die Union wird CDU-Chefin Angela Merkel sprechen. Am Samstagabend sind die Teilnehmer zu einem Empfang bei Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber geladen. Diskussion hatte es zunächst um den städtischen Empfang für die Konferenzgäste am Freitagabend gegeben. Oberbürgermeister Christian Ude will nun die Gelegenheit nutzen, dort seine Haltung gegen einen Kriegseinsatz deutlich zu machen.
Beherrschendes Thema der Konferenz wird nach Einschätzung von Organisator Horst Teltschik die Irakpolitik sein. Der amerikanische Botschafter in Berlin, Daniel Coats, kritisierte im Vorfeld erneut die deutsche Anti-Kriegs-Haltung. In den USA gebe es „ernste Zweifel“, ob Deutschland noch ein verlässlicher Partner sei, sagte Coats der „Berliner Zeitung“ (Donnerstag).
Ein wichtige Rolle dürfte auch die Einschätzung der Vorwürfe spielen, die US-Außenminister Colin Powell am Mittwoch vor dem UN- Sicherheitsrat gegen Saddam Hussein erhoben hat. Weitere Themen sind die Zukunft der NATO und der laufende Friedenseinsatz in Afghanistan.
Zu den Kundgebungen im Umfeld erwarten die Sicherheitsbehörden rund 10 000 Teilnehmer, darunter bis zu 1000 gewaltbereite Demonstranten. Die Polizei hat eine „Deeskalation durch Stärke“ angekündigt. Das US-Außenministerium empfahl amerikanischen Bürgern, während der Konferenz Teile der Münchner Innenstadt zu meiden.