Im Beisein der russischen Militärführung hat der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill zum 75. Jahrestag des Sieges über den Hitlerfaschismus die neue Hauptkirche der Streitkräfte eingeweiht. Hunderte Soldaten in Uniform, darunter Verteidigungsminister Sergej Schoigu, Geistliche in prunkvollen Gewändern und Gäste feierten den Gottesdienst bei Gesängen im Park Patriot in Kubinka im Moskauer Gebiet. Kaum jemand trug eine Maske bei der Massenveranstaltung - trotz der hohen Corona-Infektionszahlen in Russland. Auch Tausende Soldaten haben sich in Russland bereits angesteckt. Mehrere prominente Geistliche sind gestorben.
Das Militär hatte die unter anderem mit Panzern und anderen russischen Waffen verzierte "Kirche des Sieges" bereits im April der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Gotteshaus sollte schon am 9. Mai, dem Tag des Sieges, übergeben werden. Die Einweihung verzögerte sich aber wegen der Corona-Pandemie. "Das ist ein beispielloses Ereignis für die Soldaten und für die Bürger des ganzen Landes", hatte Generalstabschef Waleri Gerassimow, der an der Zeremonie teilnahm, vorab gesagt.
In dem Gotteshaus sollte es ursprünglich auch ein Mosaik mit Präsident Wladimir Putin geben. Sie sollte der Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel in die Russische Föderation im Jahr 2014 gewidmet sein und neben Putin auch den Verteidigungsminister Schoigu zeigen. Kremlgegner kritisierten dies als "Personenkult". Der künstlerische Rat entschied schließlich, es nicht anzubringen. Nach Kirchenangaben hat sich Putin selbst dagegen ausgesprochen, weil er keinen "Personenkult" wie in sowjetischer Zeit wünsche.
Russland drittgrößte Kathedrale
Die "Kirche des Sieges" ist nun Russlands drittgrößte Kathedrale. Mit einer fast 100 Meter hohen goldenen Hauptkuppel soll sie nach offiziellen Angaben rund 6000 Menschen Platz bieten. Zu der Kathedrale wurde eine "Straße der Erinnerung" angelegt, die 1418 Meter lang ist – so viele Tage dauerte von 1941 bis 1945 der "Große Vaterländische Krieg" der Sowjetunion gegen Deutschland. Auf diesem Weg sollen Besucher an multimedialen Monitoren die Namen und Fotos aller 33 Millionen sowjetischen Soldaten abrufen können, die im Zweiten Weltkrieg gekämpft haben.
Umstrittene Praktiken der russisch-orthodoxen Kirche
In dem Land mit seiner einflussreichen russisch-orthodoxen Kirche haben Militärkirchen eine lange Tradition. Damit werden die "Siege russischer Waffen und das Andenken an die Vaterlandsverteidiger" gewürdigt, wie Generalstabschef Gerassimow sagte. Immer wieder werden auch Panzer oder sogar Atomraketen von den Geistlichen gesegnet, obgleich diese Praxis innerhalb der Kirche umstritten ist.
Das neue Gotteshaus kostete Medienberichten zufolge mehr als sechs Milliarden Rubel (rund 77 Millionen Euro). Die Eröffnung der Kirche ist einer der Höhepunkte zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges. Die große Militärparade auf dem Roten Platz zum Tag des Sieges ist vom 9. Mai auf den 24. Juni verlegt worden. Wegen der Corona-Pandemie hat Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin den Menschen empfohlen, nicht auf die Straße zu gehen und die Parade im Fernsehen zu verfolgen.