Vor genau 30 Jahren löste sich die Sowjetunion in einer Hütte im Białowieża-Urwald im heutigen Belarus in ihre Bestandteile auf. Per Federstrich besiegelten die Präsidenten der Republiken Russland, Ukraine und Belarus am Morgen des 8. Dezember 1991 das Ende ihres Riesenreichs. Längst war es ökonomisch heruntergewirtschaftet, politisch ausgemergelt, reformunfähig und hatte sich militärisch verausgabt. Der Zerfall begann bereits im März 1990, am Ende waren es 15 Einzelrepubliken. Manche, wie die baltischen Staaten, orientierten sich nach Westen. Andere, wie die Republik Bergkarabach oder Transnistrien sind nie über den Status eines nur halboffiziellen Staatengebildes hinausgekommen. Die meisten, darunter Kasachstan und Turkmenistan, blieben eng mit dem Kreml verbunden. Manche aber lässt Russland einfach nicht ziehen – und das sorgt regelmäßig für Konflikte.
1994: Der erste Tschetschenienkrieg
Die ersten Muskelspiele begannen im Kaukasus mit dem Unabhängigkeitsbestreben Tschetscheniens. Dschochar Dudajew, der erste postsowjetische Regierungschef des Landstrichs zwischen dem Schwarzem und dem Kaspischen Meer betrieb eine explizit antirussische Politik. Damit aber zog er den Zorn Moskaus auf sich. Nach einem Putschversuch 1994 durch einen pro-russischen Politiker brach der erste von zwei Tschetschenienkriegen aus. Russische Truppen besetzten damals die "abtrünnige" Republik. Es war der erste bewaffnete Konflikt auf dem früheren Sowjetgebiet. 1999 besetzen Islamisten Tschetscheniens Nachbarrepublik Dagestan, es folgten Anschläge in russischen Städten. Wladimir Putin, damals Regierungschef setzte sich zum Ziel, der Unruheregion militärisch beizukommen.
Seit 2007 herrscht der kremlfreundliche Autokrat Ramsan Kadyrow über Tschetschenien. Obwohl sich die Lage deutlich entspannt hat, gibt es immer wieder Auseinandersetzungen mit islamistischen Kämpfern.
Ebenfalls im Kaukasus kam es 2008 zu einem weiteren bewaffneten Konflikt unter Beteiligung Russlands. Georgien gehörte zusammen mit Litauen, Lettland und Estland zu den wenigen Ex-Sowjetrepubliken, die nicht Teil des Nachfolgegebildes GUS (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten) wurden. Mit dem Ende der Sowjetunion erklärten sich wiederum die Gebiete Südossetien und Abchasien unabhängig von Georgien, worauf die Regierung in Tiflis mit einem Militäreinsatz antwortete. Später unterstützte Russland die beiden Kleinrepubliken und erkannte sie auch als eigenständige Staaten an. Zuvor hatte sich Georgien an die Nato und die EU angenähert. Im Sommer 2008 begann die russische Luftwaffe Angriffe auf Tiflis zu fliegen. Im August zog Russland schließlich seine Truppen aus dem Nachbarland ab.
Moskau unterstützt Südossestien und Abchasien weiterhin. Als eigenständige Staaten aber werden sie nur von einer Handvoll Länder anerkannt, darunter Nicaragua, Venezuela und Syrien.
Putin macht Ukraine zu Teil Russlands
Auch an der Westgrenze trägt Russland eine Auseinandersetzung mit einer ehemaligen Sowjetrepublik aus: der Ukraine. Erst vor kurzem hatte Wladimir Putin in einem Aufsatz den Ukrainern kurzerhand ihre Eigenstaatlichkeit aberkannt und den Nachbarn zu einer Art natürlichem Teil Russlands gemacht. Historisch gesehen ist Russland aus dem Reich der "Kiewer Rus" hervorgegangen. Auf dem Gebiet befinden sich heute Teile von Belarus, der Ukraine sowie Russlands. Im Zarenreich ist daraus die Vorstellung vom "dreieinigen russischen Volk" entstanden. Während manche in Putins Abhandlung die Ankündigung für eine Annektion der Ukraine lesen, verstehen andere sie "nur" als Hinweis darauf, dass Moskau die Ukraine weiterhin als seine "Einflusszone" betrachtet – ganz im Sinne eines imperialistischen Machtgehabes.
Die Ukraine wurde lange von einer pro-russischen Regierung beherrscht, begann sich aber ab 2004 eher Richtung Westen zu orientieren. Nach den pro-europäischen Euromaidan-Protesten 2014 entstanden Unabhängigkeitsbewegungen auf der Krim sowie im Osten des Landes. Die Regierung in Moskau fackelte nicht lange, stellte sich auf die Seite der Separatisten und annektierte erst die Krim und unterstützte dann die Kämpfe an der Grenze zu Russland.
Seit Ende 2021 zieht Russland an seiner Westgrenze das Militär zusammen, rund 100.000 Soldaten sollen dort bereits stationiert sein. Die ukrainische Regierung und Teile des Westens befürchten nun einen offenen Krieg. Ob Putin wirklich derartiges plant, ist allerdings ungewiss. Ebenso, ob die russische Militärhilfe, um die die kasachische Regierung gebeten hat, mögliche Ukraine-Pläne Moskaus durchkreuzt.
Quellen: Deutschlandfunk, "New York Times", "Frankfurter Allgemeine Zeitung", Caucasuswatch.de; DPA, AFP