Im Ukraine-Konflikt hat sich die von beiden Seiten ausgerufene Waffenruhe zunächst als brüchig erwiesen. Die Regierungskräfte warfen den prorussischen Separatisten den Beschuss von Straßenposten bei Slawjansk vor. Dabei sei aber niemand verletzt worden, sagte Armeesprecher Wladislaw Selesnjow am Dienstag.
Die Aufständischen beschuldigten ihrerseits das Militär, Stellungen der "Volkswehr" bei Lugansk unter Feuer genommen zu haben. Es habe einen Toten und einen Verletzten gegeben. Die Separatisten hatten sich am Montag einer Feuerpause der Regierung angeschlossen. Die bis Freitag dauernde Waffenruhe soll zum Dialog genutzt werden.
Russlands Vizeaußenminister Grigori Karassin rief die Führung in Kiew zu weiteren Gesprächen mit den militanten Gruppen im Osten auf. Die von beiden Seiten ausgerufene Feuerpause sei ein "vielversprechender Anfang", sagte der Diplomat der Agentur Interfax zufolge in Moskau.
Steinmeier trifft auf Poroschenko
Im Ringen um Frieden für die Ostukraine traf Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeieram Morgen in Kiew Regierungschef Arseni Jazenjuk. Auf dem Programm steht auch ein Treffen mit Präsident Petro Poroschenko. Zuvor hatte der SPD-Politiker in der ukrainischen Hauptstadt mit der Schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini gesprochen.
"Das ist ganz ohne Zweifel eine entscheidende Woche für die Ukraine", sagte der SPD-Politiker vor der Abreise vom EU-Außenministertreffen in Luxemburg. Die Ressortchefs behielten sich dabei weitere Sanktionen gegen Russland vor und forderten Moskau auf, Poroschenkos Friedensplan tatkräftig zu unterstützen.
Reaktionen auf Friedenspläne
Zu dem überraschenden Treffen in Donezk hatte Poroschenko einen seiner Vorgänger, Leonid Kutschma, entsandt. Auch Russlands Botschafter Michail Surabow und die Schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nahmen teil. Im Hintergrund agierte der ukrainische Politiker Viktor Medwedtschuk. Der prorussische Oligarch, der auf der Sanktionsliste der USA steht, war vom russischen Präsidenten Wladimir Putin vor kurzem als möglicher Vermittler genannt worden. Moskau hatte stets Gespräche aller Seiten im krisengeschüttelten Nachbarland gefordert.
Die Aufständischen würden als Reaktion auf Poroschenkos Friedensplan das Feuer bis zu diesem Freitag einstellen, teilte der selbsternannte Ministerpräsident der von Kiew nicht anerkannten "Volksrepublik Donezk", Alexander Borodaj, nach dem Treffen in Donezk mit. "Wir hoffen, dass während der Feuerpause Verhandlungen über eine Friedensregelung beginnen können."
Aus Russland kamen zustimmende Worte. "Besser 20 Jahre Verhandlungen als ein Tag Krieg", sagte Kreml-Berater Wladimir Sorin der Agentur Interfax zufolge. Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte allerdings eine dauerhafte Waffenruhe und nicht nur eine Feuerpause. Lawrow habe bei einem Telefonat mit Steinmeier betont, dass in der Ukraine ein Dialog zwischen der Führung in Kiew und der "Volkswehr" im Osten beginnen müsse, teilte das Außenamt in Moskau mit. Kremlchef Putin besprach bei einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama auch die Lage in der Ukraine.
Poroschenko hatte zuvor Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über einen mehrfachen Bruch der von ihm angeordneten Waffenruhe informiert. Innerhalb von 24 Stunden hätten militante prorussische Kräfte in den Gebieten Donezk und Lugansk mehr als 20 Mal die Feuerpause gebrochen. Es war der erste öffentliche Vorwurf Kiews, dass die Waffenruhe nicht eingehalten werde.