Truppenabzug aus Afghanistan Obama will 33.000 Soldaten abziehen

Nach fast zehn Jahren Afghanistan-Krieg wollen die USA die ersten Soldaten heimbringen. Bis Sommer 2012 sollen es mehr als 30.000 sein. Ein Drittel soll in diesem Jahr bereits abziehen. Während Großbritannien und Frankreich ihre Abzugspläne ebenfalls konkretisieren, will sich die Bundesregierung noch nicht festlegen.

US-Präsident Barack Obama leitet nach fast zehn Jahren Afghanistan-Krieg den Truppenabzug aus Afghanistan ein. In einer Rede an die Nation kündigte er am Mittwochabend an, bis zum Sommer nächsten Jahres 33.000 Soldaten aus Afghanistan abzuziehen. Bereits in diesem Jahr soll der Truppenumfang am Hindukusch um 10.000 schrumpfen. Seine Entscheidung stützte Obama insbesondere auf deutliche Fortschritte im Kampf gegen die Al-Kaida-Terroristen, die Afghanistan lange Jahre als Operationsbasis benutzt hatten.

Obama war angesichts der hohen Kriegskosten, der schwachen Wirtschaft und immensen Staatsverschuldung im eigenen Land zunehmend unter Druck geraten, die Afghanistan-Soldaten zügig nach Hause zu bringen. Ende nächsten Jahres finden in den USA Präsidentschaftswahlen statt, Obama bewirbt sich um eine zweite Amtszeit. In seiner Rede erklärte er nun, es sei Zeit, dass sich die USA mehr auf sich selbst konzentrierten. "Es ist Zeit, an der eigenen Nation zu bauen."

Erst aufgestockt, jetzt nach Hause geholt

Zugleich erteilte er Rufen nach einem amerikanischen Isolationismus eine Absage. Stattdessen warb er für internationale Zusammenarbeit bei Krisen wie derzeit im Fall Libyen. Zurzeit sind etwa 100.000 US-Soldaten am Hindukusch im Einsatz. Der Abzug von 33.000 Soldaten entspricht der Zahl, um die Obama die US-Truppen in Afghanistan im September 2009 aufgestockt hatte, um die wachsende Gewalt im Land einzudämmen.

"Wir beginnen diesen Truppenabbau von einer Basis der Stärke aus", sagte Obama mit Bezug auf die Erfolge im Kampf gegen das Terrornetz al Kaida und offenbar auch mit Blick auf Spitzengeneräle, die sich für einen langsameren Abzug eingesetzt hatten. "Al-Kaida steht unter mehr Druck als je zuvor seit dem 11. September." Die Terrororganisation habe bereits Schwierigkeiten, getötete Kader zu ersetzen.

Zusammen mit Pakistan sei es gelungen, die Hälfte der Al-Kaida-Führung auszuschalten. "Und dank unserer Geheimdienstfachleute und Spezialeinheiten haben wir Osama bin Laden getötet, den einzigen Führer, den al Kaida jemals gekannt hat", sagte Obama.

Obama will Taliban und Afghanen versöhnen

Der Präsident hob zudem die "ernsten Verluste" hervor, die den radikalislamischen Taliban zugefügt worden seien. Er verwies weiter auf Fortschritte beim Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte, denen die USA und die Nato bis Ende 2014 die Verantwortung für die Sicherheitslage im Land übertragen wollen. Bis dahin solle der US-Truppenabbau "stetig" fortgesetzt werden, sagte Obama, ohne allerdings Einzelheiten zu nennen. "Natürlich bleiben große Herausforderungen, das ist der Anfang - aber nicht das Ende - unserer Bemühungen, diesen Krieg herunterzufahren."

Obama räumte ein, dass es ohne eine politische Vereinbarung keinen Frieden in Afghanistan geben könne. So würden sich die USA an Initiativen zur Versöhnung der Bevölkerung unter Einschluss der Taliban beteiligen. Erst vergangene Woche hatte die US-Regierung erstmals offiziell bestätigt, dass sie mit den Taliban Gespräche mit dem Ziel einer politischen Friedenslösung sucht.

Obama nahm auch Pakistan in die Pflicht. Es müsse seine Rolle bei der Sicherung einer friedlichen Zukunft in der Region ausweiten. Solange er Präsident sei, werde er es nicht dulden, dass es in einem Land sichere Zufluchtsorte für Terroristen gebe, die die USA bedrohten.

Frankreich und Großbritannien ziehen nach

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat den von US-Präsident Barack Obama angekündigten Teilrückzug der US-Streitkräfte aus Afghanistan begrüßt. "Die Entscheidung des Präsidenten ist ein natürliches Ergebnis der Fortschritte, die wir gemacht haben", heißt es in einer Erklärung Rasmussens vom Donnerstag in Brüssel. "Wir sehen, dass sich das Blatt wendet."

Der britische Premierminister David Cameron hat seine Pläne bekräftigt, die 9000 Soldaten seines Landes bis 2015 aus Afghanistan abzuziehen. Cameron begrüßte am Donnerstag die Entscheidung der US-Regierung zum Truppenabzug. Auch die britische Truppenstärke werde ständig überprüft. "Es wird 2015 in Afghanisatn keine britischen Truppen mit Kampfaufgaben mehr geben", sagte der Premierminister. Wo es die Umstände erlauben, würden die Truppen aber früher nach Hause geholt. Großbritannien werde weiterhin mit seinen Partnern an einer politischen und militärischen Lösung arbeiten, um die Sicherheit des Landes in die Verantwortung der Bevölkerung zu übergeben, sagte Cameron.

Auch Frankreich gab einen "schrittweisen Abzug" seiner Streitkräfte bekannt gegeben. Der Umfang und der Zeitplan des Abzugs solle sich an dem der US-Streitkräfte orientieren, erklärte das Büro des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy am Donnerstag. Frankreich hat derzeit 4000 Soldaten in Afghanistan im Einsatz.

Deutschland will sich nicht festlegen

Die Bundesregierung will sich hingegen noch nicht auf eine Größenordnung für den Truppenabzug aus Afghanistan in diesem und im nächsten Jahr festlegen. "Wir haben Vorstellungen, aber wir wollen erst dann konkrete Zahlen nennen, wenn sie verkündungsreif sind", sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Donnerstag in der sudanesischen Hauptstadt Khartum. "Zuvor werden wir nicht spekulieren." Die Größenordnung für den Abzug werde erst nach Abstimmung mit den europäischen Partnern festgelegt.

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swd/DPA