In der Ukraine-Krise bietet sich am Mittwoch in Minsk die vielleicht letzte Möglichkeit, eine politische Lösung zu erreichen. Der Ausgang des Treffens von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Kremlchef Wladimir Putin, dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko und Frankreichs Staatschef François Hollande in der weißrussischen Hauptstadt entscheidet über den Erfolg der deutsch-französischen Friedensinitiative. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum geplanten Vierergipfel:
Worüber soll verhandelt werden?
Ziel des Gipfels ist ein neuer Friedensplan. Zwar hatten sich die Konfliktparteien bereits im September 2014 in Minsk auf einen Aktionsplan verständigt. Dieser wurde aber kaum umgesetzt. Nun soll er überarbeitet und wiederbelebt werden. Zentraler Punkt ist eine verbindliche Waffenruhe, um den blutigen Konflikt in der Ostukraine zu beenden.
Wie sind die Positionen?
Die Forderungen der einzelnen Parteien stehen sich teilweise diametral gegenüber. In Minsk soll zwar über Frieden verhandelt werden, gleichzeitig machen sich der ukrainische Präsident Petro Poroschenko und einige Politiker in den USA jedoch für Waffenlieferungen an Kiew stark. Russlands Präsident Wladimir Putin bekräftigt seine Forderung nach einem Ende des ukrainischen Militäreinsatzes im Donbass. Er pocht zudem auf direkte Gespräche zwischen der Regierung in Kiew und den Separatisten.
Warum Minsk als Tagungsort?
Die weißrussische Hauptstadt ist für Russen und Ukrainer neutrales Gebiet. Zwar gilt Präsident Alexander Lukaschenko als letzter Diktator Europas. Doch der 60-Jährige, der in seinem Land noch die Todesstrafe vollstrecken lässt, und zwar durch Genickschuss, hat einen guten Draht zu seinen Amtskollegen Poroschenko und Putin. Tagungsorte im Westen scheiden auch deshalb aus, weil viele Vertreter der Aufständischen mit Einreiseverboten belegt sind.
Kann es eine Kiew befriedigende Lösung geben?
Experten halten es für nahezu unmöglich, dass die ukrainische Regierung die militärische Kontrolle über die umkämpften Gebiete Donezk und Lugansk zurückerlangt - auch, weil Moskau dies kaum zulassen dürfte. Die Separatisten fordern die Unabhängigkeit der russisch geprägten Regionen. Frankreichs Präsident François Hollande sagte am Wochenende dem französischen TV-Sender France 2, im Osten müsse es eine "ziemlich starke" Autonomie geben.
Wie groß ist die Chance auf Frieden?
Beide Seiten beteuern, dass sie zu einer neuen Feuerpause bereit seien. Doch die Fronten sind verhärtet. Russlands Präsident Wladimir Putin spricht von einer Reihe unterschiedlicher Positionen, die bis Mittwoch angeglichen werden müssen. Beide Seiten müssten zu Eingeständnissen bereit sein, wenn eine Lösung gefunden werden soll.
Belastet die Krise das Verhältnis EU-USA?
Äußerlich setzt der Westen auf Geschlossenheit. US-Vizepräsident Joe Biden beschwor bei der Münchner Sicherheitskonferenz die Allianz mit Europa. Dennoch gibt es unterschiedliche Positionen. In den USA werden Rufe nach Waffenlieferungen an Kiew lauter, Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt das strikt ab. Noch ist US-Präsident Barack Obama auf ihrer Seite, seine Position dürfte jedoch entscheidend vom Ausgang der Friedensverhandlungen abhängen.
Was passiert bei einem Scheitern des Gipfels?
Dann könnte sich Obama möglicherweise für Waffenlieferungen an die Ukraine entscheiden. Auch osteuropäische Staaten wie Litauen fordern bei einem Scheitern der deutsch-französischen Friedensinitiative militärische Unterstützung für Kiew. Sollte es dazu kommen, könnte Kremlchef Putin das nutzen, um künftig offen Separatisten auszurüsten. Der Westen wirft ihm seit Langem deren Unterstützung vor. Folge wäre dann ein sogenannter Stellvertreterkrieg, bei dem sich der Westen und Russland indirekt gegenüberstehen würden.