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Postengeschacher in der EU Darum ist eine EU-Kommissionschefin von der Leyen eine Ohrfeige für alle Wähler

Ursula von der Leyen ist als EU-Kommissionschefin im Gespräch
Plötzlich und unerwartet für das höchste EU-Amt im Gespräch: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.
© Mohssen Assanimoghaddam / DPA
Die EU-Entscheider haben sich in ihrer Postenschacherei selbst verheddert. Ursula von der Leyen als Kandidatin für das höchste EU-Amt vorzuschlagen, wäre sonst nicht zu erklären. Ein Unding ist es sowieso.

Versuchen wir eine kleine Analogie: Nach der letzten Bundestagswahl findet sich Angela Merkel als Bundestagspräsidentin wieder - laut Staatshierarchie formal eine Stufe höher als ihr aktuelles Amt als Bundeskanzlerin. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz wird ihr Stellvertreter. Und wie aus dem Nichts küren die 16 Ministerpräsidenten einen eigentlich gescheiterten Bundesminister - sagen wir: Ex-Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) - zum Kanzler. Der Bundestag muss nur noch zustimmen. Klingt absurd? Ist es auch! Aber ist es wirklich so fern von dem, was uns die EU nach tagelangem Geschacher mit Ursula von der Leyen als Nachfolgekandidatin von Jean-Claude Juncker vorsetzt?

Im Grunde nicht - obwohl auch dieser Vergleich natürlich hinkt. CSU-Mann Manfred Weber war Spitzenkandidat der Konservativen und wird nun (vorüberghend) Parlamentspräsident. Sein Kontrahent, der Sozialdemokrat Frans Timmermanns, wird Stellvertreter der neuen Kommissionspräsidentschaft. Und die Runde aus Staats-, Regierungs- und EU-Chefs - als Europäischer Rat bekannt - setzt uns die eigentlich gescheiterte deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) als neue EU-Kommissionspräsidentin vor. Das EU-Parlament muss das nur noch bestätigen. Klingt komisch? Soll aber so kommen.

Ursula von der Leyen - wie "Kai aus der Kiste"

Da fragt man sich: Was geht eigentlich in den Köpfen der europäischen Politiker vor? War da nicht vor ein paar Wochen eine Europawahl mit gestiegener Wahlbeteiligung? Wurde da nicht der neu erwachte europäische Geist besungen? Wurde da nicht das Ausbremsen der rechtsnationalen Eurospkeptiker gefeiert - auch wenn bei Licht betrachtet höchstens das Allerschlimmste verhindert werden konnte? Und haben wir nicht ein Parlament gewählt mit zwei eigens bestimmten Spitzenkandidaten - nämlich Weber und Timmermanns -, die der jeweiligen Politik ein Gesicht geben sollten? Ja, das war alles so. Aber der ganze Wahlkampf, das Anargumentieren gegen die Anti-Europäer und vor allem das Wahlergebnis selbst - alles für die Katz'. Klingt undemokratisch? Ist es auch.

Man kann ein hohes Amt wie die Präsidentschaft der EU-Kommission, gerne auch als EU-Regierungschef verbrämt, kaum mehr beschädigen als nach tagelangem Posten-Poker eine Kandidatin wie Ursula von der Leyen ernsthaft als "Lösung" aus dem Hut zu zaubern. Eine Ministerin, die angesichts des Gorch-Fock-Desasters, abstürzenden Flugzeugen und Hubschraubern, im Gros nicht einsatzbereiter Gerätschaft, ständiger Pannen der Regierungsflieger, Kostenexplosionen und vor allem dubioser Beraterverträge bei der Bundeswehr im Grunde gar nicht mehr im Amt sein dürfte. Da sollen eher zwei Probleme mit einem Schlag gelöst werden: Deutschland wird diese Ministerin los und die größte Fraktion im EU-Parlament (die konservative EVP) kriegt den Chef-Posten in der Kommission. Das Schlimmste dabei: Die Schacherer geben mit solchen Manövern ausgerechnet all' denen auch noch recht, die die eigentlich großartige europäische Idee fatalerweise zum Teufel wünschen. Klingt erschreckend? Genau das ist es!

Parlament hat das letzte Wort

Immerhin: Die EU-Parlamentarier, so ist zu hören, wollen sich offenbar nicht auf der Nase herumtanzen lassen und machen Front gegen von der Leyen. Das sind übrigens die Leute, die wir bei der Europawahl gewählt haben. Im Gegensatz zu irgendeiner Ministerin aus Deutschland.

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