Verlängerung des Bundeswehrmandats Westerwelle sieht Wendepunkt in Afghanistan-Politik

Außenminister Guido Westerwelle hat im Bundestag um eine breite Unterstützung der Bundeswehr in Afghanistan gebeten. Das Land stehe besser da als vor einem Jahr, das sei auch ein Verdienst der Soldaten. Kritik an der Verlängerung des Mandats kam vor allem von den Linken.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sieht das Jahr 2011 als Wendepunkt der internationalen Afghanistan-Politik. "Afghanistan steht besser da als vor einem Jahr und erst recht besser als vor zehn Jahren", sagte er zum Auftakt einer Regierungserklärung im Bundestag: Dies sei auch das Verdienst deutscher Soldaten und Diplomaten.

"Unser Einsatz hat von seiner Bedeutung nichts eingebüßt. Es geht darum, tödliche Bedrohung für unser Land zu bannen", betonte der FDP-Politiker. Im Juli habe die Übergabe der Verantwortung für die Sicherheit an die afghanischen Regierung begonnen.

Allerdings würden Korruption, Verletzungen der Menschenrechte und die Sicherheitslage insgesamt immer noch Anlass zur Sorge bieten. Westerwelle gedachte auch der deutschen Soldaten, die beim Afghanistan-Einsatz ihr Leben gelassen haben. "Wir trauern um alle Opfer", sagte er.

"Wir tun es für die Kinder in Afghanistan"

"Es wird keine militärische, sondern nur eine politische Lösung geben", sagte der Minister weiter. Deutschland unterstütze daher den Weg der Versöhnung und die Verhandlungen mit den radikalislamischen Taliban. Mit der Afghanistan-Konferenz in Bonn vergangene Woche habe die internationale Gemeinschaft Afghanistan ihre Unterstützung auch nach dem Abzug der Truppen Ende 2014 zugesichert. "Wir lassen die Menschen in Afghanistan nicht im Stich, auch nicht nach 2014", sagte Westerwelle. "Wir werden kein Vakuum hinterlassen, in dem neuer Terror gedeihen kann."

"Wir tun es für die Kinder in Afghanistan und wir tun es für unsere Sicherheit", sagt er. "Ich fürchte, vieles wird schwierig bleiben. Ich bin überzeugt, dass wir die Chance auf eine friedliche und freie Zukunft eröffnen."

Nach der Regierungserklärung debattiert das Parlament über die Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes am Hindukusch um ein Jahr.

Mit dem neuen Mandat soll nach zehn Jahren der Abzug eingeleitet werden. Schon Ende Januar sollen nur noch 4900 Bundeswehrsoldaten am Hindukusch stationiert sein, bisher waren es bis zu 5350. Bis Anfang 2013 soll die Truppe sogar bis auf 4400 Soldaten verkleinert werden. Die Abstimmung darüber ist für den 26. Januar geplant. Eine breite Mehrheit gilt als sicher.

Die SPD im Bundestag unterstützt das von der Bundesregierung angestrebte neue Mandat für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. SPD-Fraktionsvize Gernot Erler (SPD) sagte in der Debatte, die angestrebte Truppenreduzierung sei bereits in vollem Gange. Das neue Mandat trage dieser Entwicklung Rechnung. Viele Probleme seien aber noch ungelöst. "Man sollte nicht vergessen, dass der eigentliche Härtetest noch bevorsteht."

"Man sollte sich die Lage nicht schön reden"

Erler betonte, dass die Übergabe der Sicherheitsverantwortung nach wie vor an mangelhafter Ausbildung der Afghanen scheitern könne. Dies gelte insbesondere für die jetzt noch stark umkämpften Gebiete. Der afghanische Präsident Hamid Karsai müsse endlich begreifen, dass ohne bessere Regierungsführung, Zurückführung von Korruption und Kriminalität, von Drogenanbau und Drogenhandel keine Befriedung des Landes möglich sei.

Andreas Schockenhoff (CDU) fordert mehr Soldaten für die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte. "Wir, die Isaf, müssen mehr tun. Wir müssen mehr Soldaten hinschicken, um Afghanen auszubilden. Jetzt geht es darum, sie auch an Qualität heranzuführen", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Phoenix-Interview.

Frithjof Schmidt, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, sieht eine politische Lösung in Afghanistan noch in weiter Ferne. "Man sollte sich die Lage nicht schön reden. Man muss deutlich sagen, dass wir von einer politischen Lösung noch weit entfernt sind", so Schmidt gegenüber Phoenix. Eine Verlängerung des Afghanistan-Mandates bewertet Schmidt kritisch: "Ich werde meiner Fraktion empfehlen, sich bei diesem Mandat, wie auch im letzten Jahr, zu enthalten."

Wolfgang Gehrcke, außenpolitischer Sprecher der Partei Die Linke sagte, das Mandat habe zwei Botschaften: "Erstens: Die Bundeswehr bleibt in Afghanistan. Zweitens: Der Krieg wird fortgesetzt." Es bahne sich eine neue Katastrophe an und deshalb könne die Partei der Entscheidung der Bundesregierung nicht zustimmen.

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fro/DPA/AFP