"Maybrit Illner" ohne Illner Koll nennt Ukraine-Botschafter "eher undiplomatisch" – der will "zynische Frage" nicht beantworten

  • von Charlotte Zink
"Maybrit Illner"
"Maybrit Illner" fand am Donnerstagabend ohne Maybrit Illner statt. Ihre Vertretung, Moderator Theo Koll, nannte den ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk (2. v. l.) "eher undiplomatisch". 
© Svea Pietschmann
Der ukrainische Präsident hat der Bundesregierung mit deutlichen Worten ins Gewissen geredet. Doch warum entgleitet die Sprache seines Vertreters in Deutschland manchmal ins "eher Undiplomatische"? Maybrit Illners Vertreter Theo Koll versuchte diese Frage zu klären und zeigte dabei an anderer Stelle selbst wenig Feingefühl.

"Maybrit Illner" ohne Maybrit Illner? Ja, das geht: Weil die Gastgeberin der Sendung mit Corona zuhause bleiben musste, sprang am Donnerstag kurzerhand ZDF-Kollege Theo Koll als Talkmaster ein.

Stunden nachdem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Bundestag per Videobotschaft eine eindrückliche Rede über den Krieg in seinem Land gehalten und die Bundesrepublik um mehr Hilfe gebeten hatte, wollte Koll von seiner Talkrunde wissen: "Tut Deutschland schon alles, was möglich wäre?"

Antworten gaben folgende Gäste:

  • Robert Habeck (B´90/Die Grünen, Vizekanzler, Bundeswirtschaftsminister)
  • Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag)
  • Andrij Melnyk (Botschafter der Ukraine in Deutschland)
  • Michael Roth (SPD, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag)
  • Erich Vad (Brigadegeneral a. D., ehemaliger militärischer Berater von Angela Merkel)

Trotz interessanter Fragen: Eine Diskussion unter den Geladenen wollte sich nicht so recht entspinnen. Stattdessen fragte Koll sie nacheinander Meinungen zu verschiedenen Themen ab. Bissig wurde es, als er vom ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk wissen wollte, ob es denn eine Grenze dafür gebe, wie viele zivile Opfer sein Land in Kauf nehmen werde.

"Maybrit Illner": Zynische Frage an ukrainischen Botschafter

"Diese Frage ist so zynisch, dass ich keine Antwort darauf geben werde", sagte Melnyk. Russlands Präsident Wladimir Putin sei für den Krieg und seine Opfer verantwortlich, führte er aus. Weder den "deutschen noch den amerikanischen Freunden" werde die Ukraine den Gefallen tun sich zu ergeben, "damit sie diese schrecklichen Bilder nicht mehr ertragen müssen".

"Das war nicht meine Frage", stellte Koll klar. Melnyk ergänzte daraufhin: "Wir kämpfen, bis die Offensive von Herrn Putin zum Ersticken kommt."

Dass der Botschafter auch gerne einmal deutlicher wird, hatte Koll gleich zum Einstieg der Sendung thematisiert: "Sie sind für einen Diplomaten eher undiplomatisch in ihrer rednerischen Gangart", so der Moderator. Ob dahinterstecke, dass er glaube, nur so in Deutschland Veränderung zu erwirken?

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Melnyk erklärt seine "undiplomatische" Art

Es handele sich nicht um "deutliche Worte", sondern um "Eindringlichkeit", stellte Melnyk klar: Weil sowohl er als auch sein Präsident spürten, "dass nicht immer ankommt, was wir erklären".

Wie die Bundestags-Rede von Selenskyj angekommen war, erklärte Vizekanzler Robert Habeck bei "Maybrit Illner" in einem voraufgezeichneten Videointerview mit Koll. Die Worte des ukrainischen Präsidenten habe er als "berührend, verstörend, anklagend" und als aus Selenskyjs Sicht "sicher komplett berechtigt" empfunden.

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Habeck stellte jedoch auch klar: Aus Sicht der Bundesrepublik seien die Ausführungen des Präsidenten "nicht komplett berechtigt" gewesen: "Denn Deutschland tut viel, um die Ukraine zu unterstützen."

Selenskyj-Rede vom Präsidenten selbst geschrieben

In seiner Rede am Donnerstagvormittag hatte Selenskyj allen Deutschen, die sich für die Ukraine einsetzen, zwar gedankt. Zugleich hatte er Deutschland aber auch mitverantwortlich gemacht für eine aus seiner Sicht "neue Mauer in Europa" zwischen Freiheit und Unfreiheit.

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"Er hat diese Rede selbst geschrieben", erklärte Melnyk bei "Maybrit Illner". Aus seiner Sicht sei es nun an der Zeit, dass die Regierung weitere Hilfspläne vorlege. "Es ist noch nicht zu spät", so der Botschafter weiter. Auf die Frage, ob er zur Unterstützung der Ukraine in deren Hauptstadt Kiew fahren würde, antwortete Habeck am Donnerstag: "Wenn es einen Beitrag leistet – ich würde immer fahren."

Welche Art von Hilfen durch die Bundesrepublik in den kommenden Tagen und Wochen in die Tat umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Kein Zweifel besteht daran, dass Deutschland die Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen Putin weiter unterstützen wird.