Dienstagmorgen, schnelle Nachfrage bei Maximilian Krah. Der AfD-Politiker will nicht wirklich etwas sagen. Nur so viel: Er sei von der Nachricht überrascht worden. Später werde es eine offizielle Stellungnahme geben.
Dass der AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl so wortkarg ist, hat Gründe. Einer seiner Mitarbeiter, Jian G., wurde in der Nacht festgenommen. Der Verdacht: Spionage für China.
Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe wirft dem Mann Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall vor. "Jian G. ist Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes", heißt es in der Pressemitteilung. Im Januar 2024 habe der Beschuldigte "wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europäischen Parlament an seinen nachrichtendienstlichen Auftraggeber" weitergegeben. Zudem seien durch ihn chinesische Oppositionelle in Deutschland ausspioniert worden.
Und auch dieser Satz findet sich in der Mitteilung: "Seit dem Jahr 2019 arbeitet er für ein deutsches Mitglied des Europäischen Parlaments." Krahs Name wird nicht genannt, aber das muss er auch nicht. Es weiß sowieso jeder, für wen Jian G. tätig war.
Krah und seine Partei trifft die Festnahme des engen Mitarbeiters zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt. Schließlich will die AfD am Samstag in Donaueschingen offiziell ihren Europawahlkampf eröffnen, gemeinsam mit den Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla. Zuletzt schien die extreme Rechte den Rückgang ihrer Umfragewerte halbwegs gestoppt zu haben. Jetzt folgt die nächste unangenehme Debatte. Arbeiten in der Partei noch mehr Kräfte als bislang angenommen für feindliche Staaten?
Auch die Bystron-Affäre ist unangenehm für Krah
Krah steht schon seit der Affäre um Petr Bystron im Fokus. Bystron, AfD-Bundestagsabgeordneter und Kandidat Nummer zwei auf der EU-Parteiliste, soll laut tschechischen Geheimdienstinformationen 20.000 Euro aus Russland erhalten haben. Angeblich existiert eine Audioaufnahme, die eine Geldübergabe in bar zumindest nahelegt. Auch zu Krah gibt es offene Fragen.
Die Zahlungen sollen über das pro-russische Webportal "Voice of Europe" abgewickelt worden sein – für das Krah ebenso wie Bystron Interviews gab. Wie Bystron bestreitet auch Krah, jemals Geldzahlungen aus Russland erhalten zu haben.
Das Problem: Selbst das amerikanische FBI hat Krah wegen seiner Kontakte nach Russland im Visier. Bei einem Besuch in den USA wurde der Europaabgeordnete mehrfach zu der Frage verhört, ob er von einem prorussischen Aktivisten Geldzahlungen erhalten haben. Grundlage für den Verdacht war eine SMS an Krah, in der von wieder reaktivierten Kompensationen die Rede war. Der Europaabgeordnete erklärte dazu, er habe die Mitteilung nicht beantwortet. Er wisse nicht einmal, warum er sie bekommen habe.
Die Nähe zu Russland ist ein Problem für Krah, seine Nähe zu China ist schon länger problematisch, erhält durch die Festnahme seines Mitarbeiters jetzt nochmal zusätzliche Brisanz. Schon im Sommer 2023 wurde über Krahs Interessen und Reisen in die Volksrepublik berichtet. Im Zentrum damals: sein Mitarbeiter Jian G. Den Vorwurf, chinesisches Geld fließe in sein direktes Umfeld, stritt der AfD-Mann damals ab. Er wiederholte sein Dementi zuletzt im Gespräch mit dem stern. Die Festnahme dürfte auch für Krah selbst unangenehm werden, es dürfte nun um die Frage gehen, was genau er über seinen Mitarbeiter wusste.
Klar ist: Jian G. gehört zu Krahs engstem Umfeld. Er arbeitete in Brüssel Tür an Tür mit dem Politiker. Doch die Festnahme erfolgte offenbar nicht in der EU-Hauptstadt, sondern in Dresden. Dort hat G. Familie – so wie sein Arbeitgeber Krah.
AfD-Spitze geht auf Distanz
Krah ist in der Partei und der Bundestagsfraktion nicht unumstritten. Vielen sind seine Aussagen zu radikal, manche stören sich an der China- und Russlandnähe des Sachsen. Für seine Kritiker wird dieser Fall die Möglichkeit sein, die bislang eher verhaltene Kritik nun lauter werden zu lassen. Nach stern-Informationen soll Krah auch versucht haben, in der Bundestagsfraktion direkten Einfluss auf die Chinapolitik seiner Partei zu nehmen.
Die Parteiführung geht inzwischen spürbar auf Abstand zu Krah. Als der AfD-Vorsitzende Chrupalla am Sonntagabend in der ARD von Caren Miosga mit frauenfeindlichen Aussagen in einem jüngst erschienenen Buch seines EU-Spitzenkandidaten konfrontiert wurde, reagierte er unwirsch: Derlei Thesen seien natürlich "Blödsinn".
Am späten Vormittag verschickte Krah schließlich seine offizielle Reaktion zum Fall seines Mitarbeiters. "Von der Festnahme meines Mitarbeiters Jian Guo habe ich heute Vormittag aus der Presse erfahren. Weitere Informationen liegen mir nicht vor", so der AfD-Mann. "Die Spionagetätigkeit für einen fremden Staat ist eine schwerwiegende Anschuldigung. Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, würde dies die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses nach sich ziehen."