Sonne, Sommer, Sommerpause. Angie ist weg. Urlaub mit ihrem Herrn Sauer. Richard Wagners "Meistersinger von Nürnberg" lockt die Kanzlers in Bayreuth. Nächsten Mittwoch bei den 96. Bayreuther Festspielen ganz große Oper. Fast wie zuweilen in Berlin. Auch Bundespräsident Köhler ist weg, vom 23. Juli bis 12. August. Mit der Frage, wer denn vom 23. Juli bis zum 5. August unser aller Präsident ist, kann man Wetten gewinnen.
Wetten, dass kaum einer den richtigen Namen weiß: Günther Oettinger. Die Vorschrift sagt: Vertreter ist der Bundesratspräsident Harald Ringstorff. Doch der ist weg. Dann wäre der Vizepräsident der Länderkammer dran (Harry Cartstensen). Doch der lässt ebenfalls die Seele baumeln. Es wäre nun der zweite Vizepräsident dran (Christian Wulff) - leider keine Zeit. Also schlägt jetzt Oettingers Stunde, denn der baden-württembergische Regierungschef ist der dritte Stellvertreter. Eine fast einmalige Gelegenheit für den Schwaben, denn mit der Bundesratspräsidentschaft ist Deutsch-Südwest erst wieder am 1. November 2012 dran. Aber wer weiß, ob Oettinger dann noch Ministerpräsident ist. 2011 nämlich wird im Ländle neu gewählt.
Hans Peter Schütz
Worüber redet das politische Berlin, wenn die Kameras ausgeschaltet sind? stern-Autor Hans Peter Schütz hört hin und notiert wöchentlich den neuesten Tratsch aus der Hauptstadt - exklusiv auf stern.de lesen Sie seine Kolumne "Berlin vertraulich!"
Aber Politik kennt niemals Ruh. Die kann ihre Protagonisten selbst dort einholen, wo man sich ganz sicher vor ihr fühlt. Auch im Theater, wie Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble erfahren musste. Der bekennende Theater-Freak besuchte dieser Tage in Berlin in der Schaubühne am Lehniner Platz die glänzend besprochene Inszenierung von Schillers "Maria Stuart". Regie führt Luk Perceval, Ezard Haussmann spielt den Baron von Burleigh - im Rollstuhl sitzend. Nach der Vorstellung fragte Schäuble seine Frau: "Meinst Du, das war eine Anspielung auf mich?"
Verständlich, in der Kritik steht der Innenminister zur Zeit ja allenthalben. Doch es gab alsbald Entwarnung. Keine geschmacklose Anspielung, versicherte Haussmann in einem Brief an Schäuble. Bei Beginn der Proben zu dem Stück sei er gefallen und nahm zunächst im Rollstuhl daran teil. Das habe Perseval so gut gefallen, dass er den Schauspieler absichtlich im Rollstuhl auf die Bühne schickte. Was hoch politisch anfing, entpuppt sich als etwas ganz alltägliches: Haussmann war beim Gassigehen über seinen Dackel Konrad gestolpert.
Auch der Chronist kennt keine Sommerpause. Gilt es doch, die beste Nummer im alljährlichen politischen Sommertheater herauszufinden, bei dem dritt- und viertklassigen Polit-Darstellern die Stunde schlägt. Bis jetzt liegt Katja Kipping von Die Linke eindeutig vorn in der Sommerrallye. Die attraktive Literaturwissenschaftlerin beklagte in einer Pressemitteilung den "Liebestöter Hartz IV."

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Jeder Mensch, so die Abgeordnete, habe das Recht, seine Sexualität selbst zu bestimmen, sich vor ungewollter Schwangerschaft zu schützen. Im Regelsatz von Hartz IV seien aber lediglich fünf Euro im Monat für den gesamten pharmazeutischen Bedarf vorgesehen. Kipping: "Damit ist sicherer Sex nicht möglich." Die Pille koste zwischen fünf und 17 Euro im Monat. Wenn schon nicht der Regelsatz auf 420 Euro im Monat erhöht werde, so seien Kosten für Verhütungsmittel als Mehrbedarf anzuerkennen. "Für jede Frau und jeden Mann soll selbst bestimmtes Leben und Lieben möglich sein."
Was die erst 1978 geborene Kipping vielleicht nicht weiß: Sie wandelt mit dieser Forderung unmittelbar auf politischen Spuren ihres Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine. Der hatte Anfang der 90er Jahre als damals bekennender SPD-Hedonist erklärt, fressen, saufen, v..... sei ihm wichtiger als die Macht.
Die Polit-Bayern aus Berlin haben schon mal ein bisschen Urlaub geübt. Zwar weilten sie vergangene Woche geschlossen zur Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im Kloster Banz zwecks Erarbeitung eines neuen "Arbeitsprogramms." Natürlich machte auch Noch-Ministerpräsident Edmund Stoiber der Berliner Truppe seine Aufwartung. Über eine Stunde redete er über die politische Lage im allgemeinen und die Arbeit der Bundesregierung im besonderen. Kanzlerin Merkel und ihre Regierung machten einen guten Job, so Stoiber. Nur fand er kein einziges Wort für die Arbeit der beiden CSU-Minister.
Da meldete sich in der anschließenden Diskussion der Staatssekretär und Tourismus-Beauftragte Ernst Hinsken mit der Frage zu Wort, weshalb denn "die beiden Galionsfiguren der CSU in der Regierung" keine Erwähnung gefunden hätten. Stoiber schob schnell das Kompliment nach, "Horst Seehofer und Michel Glos machen einen exzellenten Job". In der Kürze der Zeit seiner Rede habe er leider keine Gelegenheit gehabt, darauf hinzuweisen.
In über einer Stunde keine Zeit für diesen Satz? In der Landesgruppe erinnerten sich daraufhin einige, dass Stoiber sich auch schon bei anderen Anlässen über Glos und Seehofer gerne ausgeschwiegen hat.
Auch ein anderes Thema fand in Banz mit keinem offiziellen Wort statt: Die Causa Horst Seehofer gegen Erwin Huber. "Das war nicht Aufgabe der Klausurtagung," wurden Nachfragen abgewehrt. Erst beim gemütlichen Grillabend am Mittwoch war Getuschel erlaubt. Klare Tendenz: "Der Erwin packt den Seehofer locker."